Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
breitete die Arme aus. »Was ist Legalität, Charlie? Nur
    Worte auf Papier. Aber du stellst nichts Falsches an.«
    Charlie nickte unsicher. »Aber zehntausend Dollar… Normalerweise
    bekommt man nicht so viel Geld für etwas Richtiges. Zumindest nicht
    dafür, nur ein paar Worte zu sagen.«
    »Herr Tulpe hat einmal noch mehr Geld dafür bekommen, nur einige
    wenige Worte zu sprechen, Charlie«, sagte Herr Nadel besänftigend.
    »Ja, die Worte lauteten: ›Gib mir das …te Geld, wenn die Kleine nicht
    dran glauben sol ‹«, warf Herr Tulpe ein.
    »War das richtig ?«, fragte Charlie mit einem nach Herrn Nadels Meinung sehr ausgeprägten Todeswunsch.
    »Absolut richtig, unter den gegebenen Umständen«, sagte Herr Nadel.
    »Ja, aber es geschieht nicht oft, dass man so viel Geld verdient«, mein-
    te der selbstmörderische Charlie. Er sah immer wieder zum überaus
    kräftig gebauten Herrn Tulpe, der in der einen Hand eine Tüte hielt
    und in der anderen einen Löffel. Mit diesem Löffel schaufelte er weißes
    Pulver zur Nase, zum Mund und einmal sogar – wenn Charlie seinen
    Augen trauen konnte – zum Ohr.
    »Nun, du bist ein besonderer Mann, Charlie«, sagte Herr Nadel. »Und
    anschließend lässt du dich für lange Zeit nicht blicken.«
    »Ja«, brummte Herr Tulpe, das Gesicht halb hinter einer weißen Pul-
    verwolke verborgen. Es roch plötzlich nach Mottenkugeln.
    »Na schön, aber warum habt ihr mich dann entführt? Im einen Au-
    genblick schloss ich für die Nacht ab, und im nächsten – Bamm! Und
    ihr habt mich an die Wand gekettet.«
    Herr Nadel beschloss, die Taktik zu ändern. Charlie stellte zu viele
    Fragen für jemanden, der das Zimmer mit Herrn Tulpe teilte, noch
    dazu mit einem Herrn Tulpe, der sich halb durch eine Tüte vol er Mot-
    tenkugeln gearbeitet hatte. Er schenkte ihm ein breites, freundliches
    Lächeln.
    »Lassen wir die Vergangenheit ruhen, mein Freund«, sagte er. »Kon-
    zentrieren wir uns lieber aufs Geschäftliche. Wir möchten nur einige
    Tage deiner Zeit, und anschließend hast du nicht nur ein Vermögen,
    sondern kannst es auch – und ich glaube, dies ist wichtig – ein Leben
    lang genießen.«
    Charlie erwies sich als sehr dumm.
    »Aber woher wol t ihr wissen, dass ich niemandem davon erzähle?«,
    fragte er.
    Herr Nadel seufzte. »Wir vertrauen dir, Charlie.«
    Der Mann hatte ein Bekleidungsgeschäft in Pseudopolis. Kleine La-
    deninhaber mussten clever sein. Normalerweise waren sie ungewöhn-
    lich schlau, wenn es darum ging, genau die richtige Menge an Wechsel-
    geld einzubehalten. So viel zur Physiognomie, dachte Herr Nadel.
    Selbst im Licht hätte man diesen Mann für den Patrizier halten können.
    Aber während Lord Vetinari bereits über al e unangenehmen Möglich-
    keiten nachgedacht hätte, die sich in naher Zukunft für ihn ergeben
    mochten, glaubte Charlie tatsächlich, dass er diese Sache überleben und
    Herrn Nadel überlisten konnte. Er versuchte doch tatsächlich, gerissen zu sein! Er saß nur wenige Meter von Herrn Tulpe entfernt, einem
    Mann, der sich bemühte, Mottenkugeln zu schnupfen, und er hielt sich
    für einen Schlaukopf. Dafür verdiente er fast Bewunderung.
    »Am Freitag muss ich zurück sein«, sagte Charlie. »Bis Freitag ist doch
    alles vorbei, oder?«

    Der von den Zwergen gemietete Schuppen war in seinem wackeligen
    Leben nicht nur eine Schmiede und eine Wäscherei gewesen, sondern
    hatte auch ein Dutzend anderer Unternehmen beherbergt, darunter eine
    Schaukelpferdfabrik, gegründet von jemandem, der Schaukelpferde für
    die Kommende Große Sache hielt – obwohl sie unmittelbar davor
    standen, zur Letzten Großen Sache zu werden.
    An einer Wand reichten Stapel halb fertiger Schaukelpferde, die Herr
    Käse nicht für die ausstehende Miete hatte verkaufen können, bis zur
    Decke empor. Farbdosen rosteten in einem Regal. Pinsel klebten in
    Gläsern fest.
    Die Druckerpresse stand in der Mitte des Raumes, und mehrere
    Zwerge waren bei der Arbeit. William kannte Pressen. Graveure be-
    nutzten sie. Doch diese Presse hatte eine organische Qualität. Mit ihrer
    Modifizierung verbrachten die Zwerge ebenso viel Zeit wie mit ihrem
    Gebrauch. Zusätzliche Walzen erschienen, und weitere Riemen ver-
    schwanden im geheimnisvollen Innern des Apparats. Mit jeder verstrei-
    chenden Stunde wuchs die Presse.
    Gutenhügel arbeitete an mehreren großen, schrägen Kästen, die in ei-
    nige Dutzend Fächer unterteilt waren.
    William beobachtete, wie die Hände des Zwergs

Weitere Kostenlose Bücher