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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mit trauriger Gewissheit: Wann immer eine
    wohlmeinende Seele ein neues Unternehmen gründet, wählt sie dafür
    unweigerlich einen Ort, wo es im Gefüge der Realität maximalen Scha-
    den anrichtet. Erinnerst du dich an das Fiasko mit den Beweglichen
    Bildern vor einigen Jahren? Kurze Zeit später kam die Musik mit Stei-
    nen drin auf, eine Sache, der wir noch immer nicht ganz auf den Grund
    gegangen sind. Und die Zauberer durchbrechen die Wand zu den Ker-
    kerdimensionen so oft, dass sie genauso gut eine Drehtür einbauen
    könnten. Und ich brauche euch sicher nicht daran zu erinnern, was mit
    Herrn Hong passierte, als er beschloss, seinen Dreimal Glücklichen
    Fischimbiss während einer Mondfinsternis in der Drachenstraße zu
    eröffnen. Also, meine Herren, es wäre schön zu wissen, dass irgendwo
    in dieser Stadt jemand mit einer einfachen Angelegenheit beschäftigt ist, die nicht dazu führen wird, dass mit Tentakeln ausgestattete Ungeheuer und andere grässliche Erscheinungen in den Straßen auftauchen, um
    Leute zu fressen. Nun…?«
    »Was?«, fragte Gutenhügel.
    »Uns sind keine Risse aufgefallen«, sagte William.
    »Ah, aber viel eicht hat genau an diesem Ort ein seltsamer Kult einst unheimliche Rituale durchgeführt, deren verhängnisvolle Essenz die
    Nachbarschaft durchdrungen hat und nur auf eine Gelegenheit wartet,
    sich erneut zu erheben und Leute zu verschlingen?«
    »Was?«, fragte Gunilla. Er richtete einen hilflosen Blick auf William,
    der nur hinzufügen konnte:
    »Hier wurden früher Schaukelpferde hergestellt.«
    »Im Ernst? Ich war immer der Meinung, dass Schaukelpferde etwas
    Unheilvolles an sich haben«, meinte Lord Vetinari, aber er wirkte ein
    wenig enttäuscht. Dann erhel te sich seine Miene, und er deutete auf
    den großen Stein mit den Drucktypen.
    »Aha«, sagte er. »Vol er Unschuld aus den überwucherten Ruinen ei-
    nes megalithischen Steinkreises entwendet, nicht wahr? Bestimmt ist
    das Blut Tausender darüber hinweggeflossen, und zweifellos werden die
    Opfer früher oder später furchtbare Rache nehmen. So was passiert
    immer wieder.«
    »Er wurde speziell für meinen Bruder aus dem Fels gehauen«, sagte
    Gunilla. »Und ich brauche mir solche Bemerkungen nicht gefallen zu
    lassen. Für wen hältst du dich, dass du hierher kommst und so einen
    Unsinn redest?«
    William trat mit einem Bruchteil der Entsetzensgeschwindigkeit vor.
    »Darf ich Herrn Gutenhügel beiseite nehmen, um ihm ein oder zwei
    Dinge zu erklären?«, fragte er rasch.
    Das freundliche, neugierige Lächeln des Patriziers blieb völlig unver-
    ändert.
    »Welch eine gute Idee«, sagte er, als William den Zwerg in eine Ecke
    führte. »Später wird er dir sicher dafür danken.«
    Lord Vetinari stützte sich weiter auf seinen Spazierstock und richtete
    einen Blick, der von wohlwol endem Interesse kündete, auf die Presse.
    Hinter ihm erläuterte William de Worde die politische Realität von
    Ankh-Morpork, besonders jene Aspekte davon, die plötzlichen Tod
    betrafen. Er untermalte seine Ausführungen mit unmissverständlichen
    Gesten.
    Nach dreißig Sekunden kehrte Gutenhügel zum Patrizier zurück,
    blieb vor ihm stehen und hakte die Daumen hinter den Gürtel.
    »Ich rede so, wie es mir passt«, sagte er. »So war es immer, und so
    wird’s immer sein…«
    »Du wil st also kein Blatt vor den Mund nehmen?«, fragte Lord Veti-
    nari.
    »Warum sol te ich irgendwelche Blätter vor den Mund nehmen?«, er-
    widerte Gutenhügel verwirrt. »Wir legen sie in die Presse, um sie zu
    bedrucken.«
    »Ja«, sagte Lord Vetinari. »Ja, das dachte ich mir.«
    »Der junge William hier hat dich als einen erbarmungslosen Despoten
    bezeichnet, der dem Drucken sehr kritisch gegenübersteht. Aber ich
    halte dich für einen gerechten Mann, der einen ehrlichen Zwerg be-
    stimmt nicht daran hindern möchte, sich seinen Lebensunterhalt zu
    verdienen.«
    Auch diesmal blieb Lord Vetinaris Lächeln unverändert.
    »Wenn du einen Moment Zeit für mich hättest, Herr de Worde…«
    Der Patrizier legte William freundschaftlich den Arm um die Schul-
    tern und führte ihn langsam fort von den zuschauenden Zwergen.
    »Ich habe nur darauf hingewiesen, dass dich manche Leute…«, begann William.
    »Nun«, sagte der Patrizier und winkte Williams Worte beiseite, »viel-
    leicht könnte ich mich ungeachtet meiner Erfahrungen davon überzeu-
    gen lassen, dass wir es hier mit Bestrebungen zu tun haben, die nicht
    unbedingt zu okkultem Unfug in den Straßen der

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