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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zu. Drogen sind chemischer Natur, aber, und dies ist der wichtige Teil, chemische Dinge müssen nicht unbedingt Drogen sein.
    Erinnerst du dich an den Ärger mit dem Kalziumkarbonat? Für das du
    fünf Dollar bezahlt hast?«
    »Hab mich dadurch gut gefühlt«, murmelte Herr Tulpe.
    »Mit Kalziumkarbonat hast du dich gut gefühlt?«, fragte Herr Nadel.
    »Ich meine, selbst für jemanden wie dich… Lieber Himmel, du hast so
    viel Kalk geschnupft, dass dir jemand den Kopf abschneiden und mit
    deinem Hals an eine Tafel schreiben könnte.«
    Das war die größte Schwierigkeit mit Herrn Tulpe, dachte Herr Na-
    del, als sie vom Dach herunterkletterten. Er hatte kein Drogenproblem,
    aber er wol te eins haben. Sein eigentliches Problem war Dummheit, die sich immer dann bemerkbar machte, wenn er etwas entdeckte, das in
    kleinen Beuteln verkauft wurde. Er versuchte, mit Mehl, Salz, Backpul-
    ver und Schinkenbrötchen high zu werden. Wenn verstohlene Leute
    auf einer Straße Pot, Schnee, Eisscholle, Nieselregen, Koks, Brikett,
    Maria Johanna, Gras, Stoff, Doppelt Stoff, Gustav Josef, Gehängte
    Jungfrau und Zweimal Gehängte Jungfrau verkauften, so fand Herr
    Tulpe mit dem für ihn typischen Gespür jenen Mann, der Curry-Pulver
    für sechshundert Dol ar das Pfund anbot. Es war so …t peinlich.
    Derzeit experimentierte er mit den angeblich Freude bringenden
    Chemikalien, die der Troll-Bevölkerung von Ankh-Morpork zur Verfü-
    gung standen, unter anderem auch deshalb, weil Herr Tulpe unter Trol-
    len die Chance hatte, ein wenig intelligenter zu sein. Rein theoretisch
    sollten Platte und Tüt-Tüt keine Wirkung auf das menschliche Gehirn
    haben, abgesehen davon, es weich zu klopfen. Aber Herr Tulpe gab
    nicht auf. Er hatte es einmal mit Normalität versucht und keinen Gefal-
    len daran gefunden.
    Herr Nadel seufzte erneut. »Komm«, sagte er. »Bringen wir dem
    Blödmann was zu essen.«
    In Ankh-Morpork ist es sehr schwer zu beobachten, ohne beobachtet
    zu werden. Tatsächlich blieben die beiden heimlichen Beobachter nicht
    unbemerkt.
    Ein kleiner Hund behielt sie im Auge. Sein Fel hatte mehrere Farben,
    wobei ein rostiges Grau dominierte. Gelegentlich kratzte er sich, und
    dabei erklang ein Geräusch, als versuchte jemand, eine Drahtbürste zu
    rasieren.
    Eine Schnur war ihm um den Hals gebunden und mit einer anderen
    Schnur verknotet. Besser gesagt: mit einer Schnur, die aus mehreren
    ungeschickt miteinander verknüpften Schnüren bestand.
    Diese improvisierte Leine hielt ein Mann in der Hand. Das ließ sich
    zumindest vermuten, weil ihr Ende in der gleichen schmutzigen Tasche
    verschwand wie ein Ärmel, in dem sich vermutlich ein Arm befand, der
    über eine Hand verfügte.
    Es war ein seltsamer Mantel. Er reichte vom Boden bis fast zur
    Krempe eines Huts, der wie ein Zuckerhut geformt war. Wo sich Man-
    tel und Hut trafen, deutete etwas auf graues Haar hin. Ein Arm suchte
    in den verdächtigen Tiefen einer Tasche und holte ein kaltes Würstchen
    hervor.
    »Zwei Männer, die den Patrizier beobachten«, sagte der Hund. »Wie
    interessant.«
    »Mistundverflucht«, sagte der Stinkende Alte Ron und brach das
    Würstchen in zwei demokratische Hälften.

    William schrieb einen kurzen Abschnitt über den Besuch des Patriziers
    in der Druckerei und blätterte dann in seinem Notizbuch.
    Erstaunlich. An nur einem Tag hatte er nicht weniger als ein Dutzend
    Dinge für seinen nächsten Nachrichtenbrief entdeckt. Es war verblüf-
    fend, was die Leute sagten, wenn man sie fragte.
    Einer der goldenen Reißzähne der Statue des Krokodilgottes Offler
    war gestohlen worden. Er hatte Feldwebel Colon einen Drink für diese
    Information versprochen und glaubte, einen Teil der Schuld zu beglei-
    chen, indem er der Notiz hinzufügte: »Die Wache stellt energische Er-
    mittlungen an und ist davon überzeugt, den Übeltäter bald verhaften zu
    können.«
    William war sich bei diesen Worten nicht ganz sicher, aber Colon hat-
    te bei ihrer Formulierung einen sehr aufrichtigen Eindruck erweckt.
    Die Natur der Wahrheit beunruhigte Wil iam. Er war dazu erzogen
    worden, immer die Wahrheit zu sagen beziehungsweise »es zuzugeben«,
    und manche Angewohnheiten sind schwer zu überwinden, wenn ihnen
    mit genug Prügel Nachdruck verliehen wurde. Lord de Worde glaubte
    an das alte Sprichwort »jung gewohnt, alt getan«. Doch an bestimmte
    Dinge hatte sich William nie gewöhnen können. Lord de Worde selbst
    war nicht gewalttätig gewesen, hatte aber auf die

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