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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sich
    mit einigen… Unglücklichen herum, die unter einer der Brücken woh-
    nen. Viel eicht sol te ich in diesem Zusammenhang nicht von Herum-
    treiben reden, sondern von Herumhängen.«
    »Nun…« Gunilla wandte sich erneut Ron zu und winkte mit einer
    Ausgabe der Times. »Richte deinen Freunden aus: Wenn ihr diese Nachrichtenblätter für zwanzig Cent pro Stück verkauft, dürft ihr jeweils
    einen hübschen Cent für euch behalten.«
    »Ach, tatsächlich? Steck dir deinen hübschen Cent dorthin, wo die
    Sonne nicht scheint«, sagte Ron.
    »Oh, du kannst also…«, begann Gunilla.
    William legte ihm die Hand auf den Arm. »Moment mal… Was hast
    du gerade gesagt, Ron?«, fragte er.
    »Mistundverflucht«, erwiderte der Stinkende Alte Ron.
    Es hatte wie Rons Stimme geklungen, und sie schien auch aus der
    Richtung von Rons Gesicht gekommen zu sein. Aber die Worte verrie-
    ten eine Kohärenz, die man bei Ron nicht erwartete.
    »Du verlangst mehr als einen Cent?«, fragte William behutsam.
    »Es sollten wenigstens fünf Cent pro Stück für uns drin sein«, sagte
    Ron. Mehr oder weniger.
    Aus irgendeinem Grund sah William erneut zu dem kleinen grauen
    Hund. Das Tier erwiderte den Blick freundlich und fragte: »Wuff?«
    William sah wieder auf. »Ist alles in Ordnung mit dir, Stinkender Alter
    Ron?«
    »Glasche Gier, Glasche Gier«, entgegnete der Stinkende Alte Ron ge-
    heimnisvoll.
    »Na schön… zwei Cent«, sagte Gunilla.
    »Vier«, schien Ron zu erwidern. »Aber lass uns nicht feilschen. Einen
    Dol ar pro dreißig verkaufte Exemplare?«
    »Abgemacht.« Gutenhügel spuckte auf seine Hand und wol te sie aus-
    strecken, um die Vereinbarung mit Ron zu besiegeln. William griff has-
    tig danach.
    »Davon rate ich dir ab.«
    »Warum?«
    William seufzte. »Hast du irgendwelche schrecklich entstellenden
    Krankheiten?«
    »Nein!«
    » Möchtest du welche?«
    »Oh.« Gunilla ließ die Hand sinken. »Sag deinen Freunden, sie sollen
    sofort hierher kommen.« Er wandte sich an William.
    »Sie sind doch vertrauenswürdig, oder?«
    »Nun… in gewisser Weise«, meinte William. »Es dürfte keine gute I-
    dee sein, irgendwo Farbverdünner herumstehen zu lassen.«
    Draußen wankten der Stinkende Alte Ron und sein Hund über die
    Straße. Seltsamerweise fand ein Gespräch statt, obwohl rein theoretisch
    nur eine Person zugegen war.
    »Na bitte. Ich hab’s dir ja gesagt. Überlass das Reden einfach mir, in Ordnung?«
    »Mistundverflucht.«
    »Genau. Bleib bei mir, und du verirrst dich nicht sehr weit.«
    »Mistundverflucht.«
    »Im Ernst? Nun, ich schätze, das muss genügen. Bel , bel .«

    Zwölf Personen wohnten unter der Schlechten Brücke und führten ein
    Leben in Luxus. Luxus ist nicht schwer zu erreichen, wenn man sich
    damit begnügt, einmal am Tag etwas zu essen – und wenn man außer-
    dem »etwas« noch sehr großzügig definiert. Im Grunde waren es Bett-
    ler, obgleich sie nur selten betteln mussten. Vielleicht waren es Diebe,
    obwohl sie nur nahmen, was weggeworfen wurde, meistens von Leuten,
    die es sehr eilig hatten, sich von ihnen zu entfernen.
    Außenstehende hielten Henry Husten für den Anführer der Gruppe –
    bei einem entsprechenden Wettbewerb wäre er der Meister des Aus-
    wurfs gewesen. Doch in der Gruppe herrschte die wahre Demokratie
    der Stimmlosen. Arnold Seitwärts hatte keine Beine, was ihm bei einem
    Tavernenkampf einen Vorteil bot: Ein Mann mit guten Zähnen und
    direktem Zugang zur Leistengegend kann ein sehr unangenehmer Geg-
    ner sein. Ohne die Ente auf dem Kopf hätte der Entenmann vermut-
    lich als kultiviert, intelligent und geistig so gesund wie der Mann neben
    ihm gegolten. Unglücklicherweise war der Mann neben ihm der Stin-
    kende Alte Ron.
    Insgesamt Ingobert verkörperte die anderen acht Personen. Wenn er
    während einer Ruhephase mit keinen besonderen Problemen konfron-
    tiert wurde, wies nur ein gelegentliches Zucken auf seine multiple Per-
    sönlichkeit hin. Die Kontrol e über seine Gesichtszüge wechselte dann
    zwischen Jossi, Lady Hermione, dem kleinen Sidney, Herrn Widdel,
    Kraus, dem Richter und dem Stromer hin und her. Es gab auch noch
    Burke, aber die Gruppe hatte ihn nur einmal gesehen und wol te diese
    Erfahrung nicht noch einmal machen. Deshalb begruben ihn die ande-
    ren sieben Persönlichkeiten unter sich. Niemand in seinem Körper hieß
    Ingobert. Nach der Ansicht des Entenmannes – er schien am ehesten
    in der Lage zu sein, in einer geraden Linie zu denken – war

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