Die volle Wahrheit
sechs Dollar bekommt man zehn, wenn er bis nächsten
Montag tot ist, Herr.«
»Du könntest verlauten lassen, dass mir so etwas nicht gefällt.«
»Ja, Herr.«
»Finde heraus, wer das Wettbuch führt – und dann nimm es Nobby
weg.«
»Ja, Herr. Und William de Worde?«
Mumm blickte an die Decke. »Wie viele Wächter beobachten ihn?«,
fragte er.
»Zwei.«
»Normalerweise schätzt Nobby die Chancen immer recht gut ein.
Glaubst du, dass zwei Wächter genügen?«
»Nein.«
»Ich auch nicht. Aber wir können nicht mehr Leute entbehren. Er
muss auf die harte Art und Weise lernen zu überleben. Und die harte
Art und Weise bedeutet, dass man nur eine Lektion bekommt.«
Herr Tulpe kam aus einer Gasse, wo er ein sehr kleines Päckchen ge-
kauft hatte. Wie sich bald herausstellen würde, enthielt es mit Wasch-
pulver verschnittenes Rattengift.
Herr Nadel las ein großes Stück Papier. »Was ist das?«, fragte Herr
Tulpe.
»Ich schätze, es ist Ärger«, erwiderte Herr Nadel, faltete das Papier
zusammen und steckte es in die Tasche. »Ja, da bin ich sogar ziemlich
sicher.«
»Diese Stadt geht mir auf die …ten Nerven«, sagte Herr Tulpe, als sie
die Straße hinuntergingen. »Ich habe …te Kopfschmerzen. Und mir tut das Bein weh.«
»Ach? Mich hat er ebenfal s gebissen. Mit dem Hund ist dir ein großer
Fehler unterlaufen.«
»Soll das heißen, ich hätte nicht auf ihn schießen sol en?«
»Nein. Es wäre besser gewesen, wenn du ihn getroffen hättest. Er ist
entkommen.«
»Es ist nur ein Hund«, murrte Herr Tulpe. »Ein Hund kann doch kei-
ne Probleme verursachen. Ein Hund ist kein glaubwürdiger …ter Zeu-
ge. Man hat uns nicht auf den …ten Hund hingewiesen.« In seinem
Fußknöchel breitete sich jene unheilvolle Hitze aus, die darauf hindeu-
tete, dass sich jemand in der letzten Zeit nicht die Zähne geputzt hatte.
»Versuch mal, jemanden zu tragen, während ein …ter Hund nach dei-
nen Beinen schnappt! Und warum hat der …te Zombie nicht erwähnt,
wie… schnell der Bursche ist? Er hätte mich erwischt, wenn er nicht von dem …ten Idioten abgelenkt gewesen wäre!«
Herr Nadel zuckte mit den Schultern, war jedoch nicht bereit, diese
Dinge aus seinem Gedächtnis zu streichen. Herr Schräg hatte der Neu-
en Firma gewisse Dinge verschwiegen, darunter auch Lord Vetinaris
Fähigkeit, sich wie eine Schlange zu bewegen.
Das würde den Anwalt eine Menge Geld kosten. Herr Nadel hätte
fast eine Schnittwunde davongetragen.
Aber er war stolz darauf, dass er den Sekretär niedergestochen und
Charlie auf den Treppenabsatz geschoben hatte, damit er den Bediens-
teten gegenüber einige dumme Wort stotterte. Deren Anwesenheit hat-
te der Plan nicht vorgesehen. Doch solche Dienstleistungen konnte
man von der Neuen Firma erwarten. Ja! Sie konnten reagieren, improvi-
sieren, kreativ sein…
»Entschuldigung, die Herren…«
Jemand trat aus einer Gasse, ein Messer in jeder Hand.
»Diebesgilde«, sagte der Fremde. »Bitte um Verzeihung. Dies ist ein
offizieller Überfall.«
Zur großen Überraschung des Diebes wirkten Herr Nadel und Herr
Tulpe weder verblüfft noch verängstigt, trotz der Größe der Messer. Sie
sahen eher aus wie zwei Lepidopterologen, die auf eine ganz neue
Schmetterlingsart gestoßen waren und nun beobachteten, wie ein Ex-
emplar mit einem kleinen Netz winkte.
»Offizieller Überfal ?«, wiederholte Herr Tulpe langsam.
»Ah, ihr seid Besucher in unserer schönen Stadt?«, fragte der Dieb.
»Dann ist heute euer Glückstag, ihr… Herren. Ein Diebstahl von fünf-
undzwanzig Dol ar gibt euch das Recht, für einen Zeitraum von sechs
Monaten von Überfällen aller Art unbehelligt zu bleiben, und in dieser
Woche könnt ihr außerdem wählen zwischen dieser hübschen Schach-
tel mit Kristall-Weingläsern oder einem nützlichen Sortiment von
Grillwerkzeugen, um die euch eure Freunde beneiden werden.«
»Soll das heißen, du bist… legal?«, fragte Herr Nadel.
»Was für …te Freunde?«, brummte Herr Tulpe.
»Ja, Herr. Lord Vetinari vertritt folgenden Standpunkt: Da Kriminali-
tät in einer Stadt unvermeidlich ist, sollte sie organisiert sein.«
Herr Tulpe und Herr Nadel wechselten einen Blick.
»Nun, die Legalität liegt mir im Blut«, sagte Herr Nadel. Erneut hob
und senkte er die Schultern. »Du bist dran, Herr Tulpe.«
»Und da ihr neu in der Stadt seid, biete ich euch einen Diebstahl zum
Einführungspreis von hundert Dollar an, wodurch ihr nicht
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