Die Vollstrecker
dazwischen.
»So genau kann ich sie nicht beschreiben, Mr. Sinclair. Es waren Wesen. Mächtige Dämonen. Dunkle Gestalten, keine Menschen, sondern roboterhafte Killer. Flugwesen. Vampirhafte Geschöpfe, alles geriet in ein großes Durcheinander, aber der Mann und ich konnten sie immer Zurückschlagen.«
Ich nickte ihr zu.
»Klar, daß diese Träume nicht so leicht abzuschütteln sind.«
Sie hüstelte gegen ihren Handrücken. Der Kaffee in der Tasse wurde kalt, doch darum kümmerte sie sich nicht. »Ich gehe sogar davon aus, daß es nicht nur Träume waren. Nein, ich bin der Überzeugung, daß ich eine Wahrheit geträumt habe, die schon sehr lange zurückliegt, und daß ich ein Teil dieser Wahrheit bin.«
Ich wußte schon, worauf sie hinauswollte. »Sie meinen also, daß Sie unter Umständen die Frau sind, die Sie in den Träumen kämpfen gesehen haben?«
»Das meine ich.«
»Und weiter?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Lachen Sie mich bitte nicht aus, Mr. Sinclair, aber ich könnte mir vorstellen, daß ich die Frau bin, die ich in dieser menschenfeindlichen Welt gesehen habe.«
»Sie?«
»Ja«, antwortete sie flüsternd. »Ich in einem anderen Leben. In einem Leben vor der Zeit. In einer Zeit, als die Welt noch anders aussah. Wild und nicht zivilisiert. Als noch das Gesetz des Stärkeren herrschte und es eine sehr wüste und öde Erde an verschiedenen Orten gab. Ich habe da gelebt, und jetzt lebe ich auch. Also bin ich wiedergeboren worden.«
Mein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Ich dachte mir schon, daß es darauf hinauslaufen würde. Aber wie kann ich Ihnen helfen, Mrs. Prentiss?«
»Lassen Sie mich bitte zu Ende erzählen. In der vorletzten Nacht ist der Traum besonders schlimm gewesen. Da habe ich meinen Tod erlebt. Ja, ich bekam alles mit. Ich befand mich an einem kleinen Teich zusammen mit dem Unbekannten, den ich vorhin erwähnte. Die Feinde stiegen aus dem Wasser. Sie waren urhaft, aber ich erkannte keine Gesichter. Sie sahen aus wie riesige Käfer, aber sie waren bewaffnet und konnten mit ihren Pfeilen und den Bögen umgehen. Der Fremde und ich haben alles versucht, aber nichts erreicht. Die anderen waren stärker. Es gelang uns nicht, ihren Pfeilen zu entfliehen. Wir wurden beide niedergeschossen. Ich starb vor ihm.« Jetzt trank sie wieder von ihrem Kaffee und holte tief Luft. »Sie glauben nicht, was das für mich bedeutete, meinen Tod so realistisch zu sehen. Im Traum habe ich all das Elend der anderen Person gefühlt und sogar ihre Schmerzen gespürt. Auch wenn Sie über mich den Kopf schütteln oder mich auslachen, ich kann nur wiederholen, daß es so und nicht anders gewesen ist.«
Ich räusperte mich. Der Stuhl war etwas zu hart und leicht unbequem. Ich lehnte mich zurück und streckte die Beine aus. »Sie haben mir jetzt alles erzählt, ich habe Ihnen zugehört und Ihre Aussagen auch nicht als Hirngespinste abgetan, aber ich weiß nicht, was ich damit zu tun habe.«
»Sie sollen mir helfen.«
»Wie?«
»Ich möchte, daß Sie dieses Rätsel aufklären.«
»Das Ihrer Wiedergeburt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das ist nur ein Teil davon, Mr. Sinclair. Mir geht es um etwas anderes. Ich will noch einmal auf die Kämpfe zurückkommen. Sie erinnern sich, daß ich Ihnen sagte, daß ich ohne Waffen und praktisch nur mit meinen Händen und Füßen gekämpft habe.«
»Ja, das sagten Sie.«
»Gut. Jetzt schauen Sie sich bitte meine Hände an. Die Füße möchte ich Ihnen hier nicht zeigen, aber ich kann Ihnen versichern, daß dort das gleiche Phänomen zu erkennen ist.«
Sie streckte mir die Hände entgegen, die beim ersten Hinsehen völlig normal aussahen. Frauenhände eben. Aber die brauchte sie nur zu drehen, da wußte ich, was sie gemeint hatte.
Ihre Handkanten waren hart. Sie waren verhornt. Sie sahen aus wie die eines Kämpfers, der es gewohnt war, durch sie seine Probleme zu lösen. Selbst mein Freund Suko besaß nicht so ausgeprägte Handkanten, und ich konnte nur staunen.
»Nun?«
»Das ist in der Tat ein Problem oder eine Überraschung. Seit wann besitzen Sie diese Veränderung?«
»Seit zwei Tagen oder zwei Nächten. Seit ich in dieser anderen Welt gestorben bin.«
Das mußte ich akzeptieren. Ich schaute wieder in das Gesicht der Staatsanwältin. Sie war keine Person, die mich anlog. Das hatte sie nicht nötig. Ich wollte sie auch nicht fragen, ob sie sich dieses Erbe im KarateStudio geholt hatte, da wäre ich mir schon wie ein Schuft vorgekommen.
»Fühlen Sie, Mr.
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