Die Vollstrecker
seinem Rücken steckenden Pfeile schaffte er es, sich auf die Knie zu stemmen.
Breitbeinig blieb er in dieser Haltung und starrte nach vorn, dem Unheil entgegen.
Sein Sichtfeld hatte die Klarheit verloren. Er stierte nach vorn und sah die wogende Masse Menschen, die sich aus dem kleinen See gelöst hatte und auf ihn zukam.
Menschen?
Nein, das waren sie nicht. Es waren schwarze Monstren, die in diesem Teil des Landes die Herrschaft übernommen hatten. Geflügelte Wesen mit häßlichen Körpern und ebenso häßlichen Fratzen, die nur entfernt menschlich aussahen.
Er sah sie nicht genau. Immer wieder verschwammen sie vor seinen Blicken. Es war schlimm. Sie bewegten sich hin und her, sie tanzten, sie waren einfach nur eine dämonische Masse. Der einsame Mann versuchte aufzustehen.
Die anderen hatten ihre Pfeile bereits aufgelegt.
Und sie schossen sie ab.
Er spürte die vier Einschläge wie einen einzigen. Kraftvoll geschossen rammten sie tief in seinen Körper hinein und trafen die lebenswichtigen Organe.
Die ungeheure Wucht der Einschläge trieb den Mann zurück. Die Welt vor seinen Augen löste sich auf, und als ihn die endlose Dunkelheit überkommen hatte, da lag er bereits tot auf dem Rücken.
Eine Kämpferin und ein Kämpfer waren nicht mehr. Das Böse hatte gewonnen.
Und das Böse blieb, obwohl die beiden Feinde schon tot waren. Sie umstanden sie, sie glotzten aus ihren toten Augen auf sie herab. Aus ihren Mäulern drangen dumpfe Laute, die mehr einem Krächzen glichen als einer Verständigung.
Plötzlich geschah etwas Seltsames. Obwohl die beiden Körper nicht zusammenlagen, trat bei ihnen der gleiche Effekt ein. Über ihnen erschien ein weißer Film. Ein Hauch, beinahe wie feiner Dunst. Er legte sich zitternd vom Kopf bis zu den Füßen. Er bewegte sich. Er drehte sich in seinem Innern, stieg plötzlich in die Höhe und wehte wie eine Fahne davon.
Beide Rauchstreifen vereinigten sich in der Mitte. Sie drehten sich zusammen, sie wickelten sich gegenseitig ein, und Sekunden später waren sie verschwunden.
Die Gestalten hatten zugesehen, ohne etwas begreifen zu können. Sie standen nur da und glotzten, bis sie sich irgendwann auf den Weg machten und die beiden Toten mitschleppten.
Sie brachten die Leichen zu einem Opferplatz, wo ein Feuer brannte.
Dort warfen sie die Körper in die Flammen. Jetzt waren sie endgültig zufrieden, denn nun gab es niemanden mehr, der ihren Kreislauf störte…
***
Eric La Salle erwachte!
Es war kein normales Erwachen eines normalen Menschen, obwohl sich Eric als normal bezeichnete. Es war das schlimme und zugleich erlösende Erwachen nach dem verdammten Alptraum, der ihn wieder einmal so schrecklich gequält hatte.
La Salle konnte nie sagen, wie lange ein derartiger Traum andauerte. Denn einen Zeitbegriff gab es im Schlaf nicht. Der hatte durchaus eine ganze Nacht andauern können und alles in schrecklichen Einzelheiten wiedergegeben.
Es war immer wieder der gleiche Traum.
Im Mittelpunkt standen ein Mann und eine Frau. Der Mann war er, die Frau kannte er nicht. Obwohl der Mann auch nicht so aussah wie er, wußte La Salle doch, daß diese Person kein anderer sein konnte. Sie und er waren zwei Seelen, die zusammengehörten. Er fühlte mit dem anderen, er erlebte die Freude und auch den Schmerz.
Letzteren intensiver. Noch tiefer hatte er den Tod des Mannes miterlebt. Von Pfeilen durchbohrt war er kurz nach der Frau gestorben, und das dicht am Ufer eines kleinen Sees in einer wilden karstigen Landschaft, versteckt in einem tiefen, schmalen Tal.
Die Frau sah er immer wieder vor sich. Eine große, hübsche Person mit blonden Haaren. Aber eine Kriegerin, denn sie konnte kämpfen, das hatte er in seinen anderen Träumen erlebt, wenn sie beide sich gegen zahlreiche Feinde behaupten mußten.
Oft genug hatten sie gewonnen, aber nie miteinander gesprochen. Stumm waren sie wieder auseinandergegangen. La Salle sah diese Unbekannte als eine Partnerin an, er kannte sie ganz genau. So genau, wie er auch den Kämpfer kannte.
Im Traum war er dies.
Das gleiche Gesicht, die gleiche, durchtrainierte athletische Gestalt, die gleichen langen und dunklen Haare. Das Gesicht mit den schmalen Lippen und der hervorstechenden, etwas kantigen Nase. Die dunklen Augen, auch das Kinn, das in seinem Gesicht wie ein leicht vorspringender Erker wirkte.
Eric La Salle lag im Bett und spürte auf seinem nackten Körper den kalten Schweiß. Draußen war es noch dunkel. Hinter dem Rollo sah er kein
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