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Die Wacholderteufel

Die Wacholderteufel

Titel: Die Wacholderteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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zum x-ten Mal.
    Das Schnauben am anderen Ende der Leitung ließ daraufschließen, dass Achim ihm keinen Glauben schenkte. «Wir können die Tore an den Externsteinen nicht öffnen. Ausgerechnet heute, am Morgen der Wintersonnenwende. Es ist bereits eine Busladung rüstiger Senioren aus Paderborn eingetroffen, die stehen jetzt hier wie bestellt und nicht abgeholt.»
    «Wenn ich es aber nun mal nicht war? Als ich gestern die Lagerhalle verließ, baumelte der Schlüssel mit dem blauen Anhänger hundertprozentig noch am Brett.»
    «Jetzt aber nicht mehr, und außer dir war inzwischen niemand dort im Wald. Wenn es einer meiner Männer gewesen wäre, so hätte er längst gestanden. Ich habe nämlich bereits ein Donnerwetter losgelassen, das niemand so schnell vergisst.»
    «Aber es gibt doch einen zweiten Schlüssel, oder nicht?»
    «Witzbold. Der hängt bei mir zu Hause in Detmold, den hätte ich also frühestens in einer halben Stunde. Die Seniorenrunde trinkt derzeit einen Kaffee auf unsere Kosten, oder wie stellst du dir das vor?»
    Im Kopf war Stefan Brampeter während dieses Telefonates mehr als nur einmal den Besuch im Holzlager durchgegangen. Er hatte die Stämme begutachtet, den Brief gelesen, den Schlüssel gesehen, dann hatte er noch schnell nach den Leitern geschaut und war schließlich, nachdem er die Tür verschlossen hatte, wieder nach Hause spaziert. Es machte ihn wütend, dass Achim ihm misstraute. Eigentlich hatte er heute Besseres zu tun, als sich wegen nichts und wieder nichts beschimpfen zu lassen. Er hatte heute Abend ein großes Fest zu organisieren. Die letzten Proben und der Aufbau sollten heute am frühen Nachmittag vonstatten gehen. Was kümmerte ihn der Altenclub Paderborn? Nur konnte er schlecht so etwas zum Leiter des Forstamtes sagen. Immerhin wollte er etwas von ihm – preiswertes Qualitätsholz und den Zugang zu den Externsteinen   –, da konnte er nicht so losblaffen, wie er es gerngetan hätte. Nach den Leitern wollte er nun lieber gar nicht erst fragen.
    «Brampeter, was ist nun? Hast du den Schlüssel?»

22
    Wencke hatte schon lange nicht mehr das Bett mit jemandem geteilt. Und noch nie hatte ein Mensch neben ihr gelegen, der so unruhig schlief wie Mattis. Der kleine Kerl hatte die ganze Palette drauf: Zähneknirschen, laut durch den Mund atmen, keine fünf Minuten ruhig liegen bleiben. Zwischen elf und halb zwölf hatte er sogar im Schlaf gesprochen, unverständliche, aufgeregte Worte, als müsse er im Traum einen Kampf ausfechten. Wencke war klar: Er machte sich große Sorgen um seine Mutter. Und wenn er am Tag den Eindruck erwecken wollte, er ginge ihm gut, so durchlebte er die Angst eben unbewusst im Schlaf. Zu gern hätte Wencke gewusst, was im Kopf des ihr inzwischen ans Herz gewachsenen Jungen vorging. Als er im Traum geweint hatte, hatte Wencke ihn in den Arm genommen und eine ausgedachte Melodie gesummt. Tatsächlich hatte er sich beruhigt. Und weit nach Mitternacht war es dann auch Wencke gelungen, sich auf der übrig gebliebenen Hälfte des Einzelbettes einigermaßen bequem hinzulegen. Ab und zu hatte sie sogar geschlafen.
    Der Morgen war gemächlich in Gang gekommen. Noch vor dem Aufstehen hatte Mattis kurz das Thema auf seine Mutter gebracht.
    «Aber wenn sie nur im Schlafanzug unterwegs ist, dann stimmt doch was nicht.» Wencke wusste, dass er Recht mit seiner Befürchtung hatte. Genau dieser Sachverhalt war es, derihr seit dem Verschwinden Kopfzerbrechen bereitete. Ihr fiel beim besten Willen nichts ein, was seine Sorge hätte entkräften können.
    «Bei mir macht sie immer einen Riesenaufstand, wenn ich mal meine blöde Wollmütze nicht aufsetze. Und sie geht nachts im Pyjama spazieren und kommt nicht zurück. Da ist was faul!»
    «Die Polizei weiß Bescheid, die Kurleitung weiß Bescheid   … lieber Mattis, mehr können wir im Moment nicht machen. Du musst jetzt gleich zur Schule   …»
    «Scheiß auf die Schule   …», entfuhr es Mattis. «Ich will sie suchen!»
    Wencke konnte ihn verstehen. Auch sie wäre am liebsten direkt aufgesprungen und hätte sich auf die Suche gemacht. «Ich bin doch Polizistin. Und ich weiß, wie es bei solchen Sachen läuft. Die Kollegen hier in Bad Meinberg sind bestimmt schon seit Stunden auf den Beinen und suchen nach deiner Mutter.» Diese kleine Notlüge musste einfach sein, sie wollte den Jungen beruhigen, auch wenn sie nicht wirklich glaubte, dass man bereits Mannschaften zur Suche losgeschickt hatte. So schnell ging das

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