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Die Wacholderteufel

Die Wacholderteufel

Titel: Die Wacholderteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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innerhalb weniger Stunden regelrecht gelöchert. «Wie kommst du darauf?»
    «Wegen diesem Architekten, der sieben Kinder hatte und trotzdem seine ganze Kohle in ein Denkmal gesteckt hat.»
    «Ach so. Na ja, ich habe nur einen Bruder, und mein Vater hat, soweit ich weiß, immer pünktlich seine Alimente gezahlt. Meine Eltern haben nicht zusammengelebt. Ich kannte ihn nicht richtig. Und inzwischen ist er schon gestorben.»
    «Ich weiß noch nicht einmal, wer mein Vater ist.»
    «Und was ist mit dem Mann deiner Mutter?»
    «Er heißt Hartmut. Aber er ist ja nicht mein leiblicher Vater. Den habe ich nie kennen gelernt, und meine Mutter sagt, er sei tot und sie wolle nicht darüber reden.»
    «Vielleicht ändert deine Mutter ja hier ihre Meinung. Wenn sie einmal ein bisschen zur Ruhe kommt und darüber nachdenken kann, und dann wird sie dir vielleicht etwas über ihn erzählen.»
    «Wer ist denn der Vater von deinem Kind? Ist es dein Mitbewohner?»
    Wencke lachte. «Nein, der ist es nicht. Axel Sanders, so heißt mein Kollege, ist nur so etwas wie ein guter Freund. Der Vater von dem Kleinen hier», sie fühlte ihren Bauch, «der ist ein netter Kerl. Aber ich liebe ihn nicht. Warum fragst du das?»
    «Ich wüsste manchmal gern, warum ich so bin, wie ich bin.»
    «Das kann ich gut verstehen.»
    «Manchmal denke ich, wenn der Hartmut nun so was wie mein Vater ist, dann werde ich automatisch später mal so wie er. Und das will ich auf keinen Fall.»
    «Wieso, wie ist er denn?»
    Sie gingen nun langsam im Kreis um den Hermann herum. Mattis zeigte zu dem Koloss auf. «Hartmut ist auch so ein Typ. So einer wie dieser Held hier oder wie der Wacholderteufel, von dem ich dir gerade vorgelesen habe. So einer, der alles erobern will. Der immer plant und alles gut hinkriegt, aber eigentlich was   … nichts Gutes im Schilde führt. Ich kann ihn nicht ausstehen. Und manchmal habe ich Angst vor ihm.»
    Sogleich schnürte etwas in Wencke die Luft ab. Sie kannte leider zu viele Geschichten, in denen Kinder Angst hatten vor Männern wie diesem Hartmut. Ihr kam für einen flüchtigen Moment das tote Mädchen in Dornumersiel in den Sinn. Es lag erst ein paar Tage zurück, dass sie sich mit diesem Thema hatte beschäftigen müssen.
    «Er hat mir noch nie was getan. Da kann ich mich nicht beschweren. Wir haben auch kaum etwas miteinander zu tun. Obwohl er den ganzen Tag zu Hause ist. Er ist nämlich schon etwas älter, weit über fünfzig. Und wegen seiner gesundheitlichen Probleme ist er schon in Rente. Also liegt er den ganzen Tag im Bett oder hängt vor dem Fernseher ab. Ich gehe ihm meistens aus dem Weg.»
    «Aber deine Mutter arbeitet doch den ganzen Tag. Wäre es nicht viel besser   …»
    «Ich weiß genau, was du jetzt sagen willst», unterbrach er sie und blieb stehen. «Eigentlich könnten wir beide doch ein gutes Team sein, den Haushalt schmeißen, zusammen kochen, Hausaufgaben machen und so weiter.»
    Wencke nickte, genau das hatte sie sagen wollen. Sie ahnte, dass dies nicht der beste Vorschlag ihres Lebens war.
    «Meine Mutter macht das alles, wenn sie nach Hause kommt.Und das ist auch gut so. Würde Hartmut es machen, dann gäbe es eine Katastrophe.»
    «Also kommt Nina am späten Nachmittag von der Arbeit nach Hause, und dann macht sie Essen, übt mit dir für die Schule, wäscht eure Klamotten, putzt wahrscheinlich noch euren Dreck weg, während ihr Männer den ganzen Tag auf der faulen Haut liegt? Also, Mattis, das hätte ich von dir nicht erwartet.»
    Er erwiderte nichts. Man konnte ihm keinen Funken schlechten Gewissens ansehen.
    «Wann schläft deine Mutter denn dann überhaupt mal?»
    «Meine Mutter schläft nie», sagte er, und es bestand kein Zweifel daran, dass er soeben die volle Wahrheit aussprach. «Wollen wir wieder runtergehen? Mir wird langsam kalt.»
    Wencke nickte. Beim Abstieg fragte sie: «Was meinst du eigentlich, wo deine Mutter jetzt steckt?»
    Er antwortete wie aus der Pistole geschossen, so, als habe er schon die ganze Zeit auf diese Frage gewartet: «Ich glaube, die ist weg. Sie liegt irgendwo und schläft sich erst mal richtig aus.»
     
    «Hallo, Axel! Hier ist Wencke. Und?»
    «Die Post hat sich richtig beeilt. Ich hatte schon heute Vormittag deinen Brief in den Händen. Du hättest wenigstens ein, zwei persönliche Zeilen dazuschreiben können.»
    «Es war aber dienstlich, Axel Sanders. War denn unsere Spurensicherung genauso schnell wie die Post?»
    «Pass mal auf, Wencke Tydmers. Wir machen das

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