Die Wacholderteufel
jetzt so. Du erzählst mir, ganz privat bitte schön, wie es dir geht, und dann bekommst du die Informationen, nach denen du so lechzt.»
«Wie bei ‹Das Schweigen der Lämmer›? Quid pro quo?»
«Ich bin aber kein geisteskranker Kannibale und du nicht Jodie Foster.»
«Ich habe mich angefreundet.»
«Oh, schön. Mit einer Mitpatientin?»
«Ich warte …»
«Ach so, also, okay. Die Fingerabdrücke waren registriert.»
«Mit einem Vertreter des männlichen Geschlechts.»
«Du hast mit einem Mann Freundschaft geschlossen? Aha!
Aber ich dachte, es sei eine reine Frauenklinik. Oder meinst du etwa Ilja Vilhelm?»
«Welche Fingerabdrücke?»
«Es war außer deinen nur noch eine Sorte zu finden, sowohl auf dem Becher wie auch auf dem Zeitungsausschnitt. Ist das nicht höchst unprofessionell, wenn ein Therapeut sich mit einer Patientin anfreundet?»
«Was ich mit meinem Therapeuten zu bereden hatte, bleibt mein Geheimnis. Ich habe mich mit einem zehnjährigen Jungen angefreundet. Seine Mutter ist verschwunden, und er sitzt an meinem Tisch. Er ist der Sohn von den registrierten Fingerabdrücken.»
«Von Janina Grottenhauer.»
«Janina Grottenhauer?»
«Ja, zumindest hieß sie vor gut zehn Jahren so, als ihre Fingerabdrücke in unserer Kartei gelandet sind. Sie könnte inzwischen geheiratet haben.»
«Du hast Recht. Und dann hat sie ihren Vornamen einfach um zwei Buchstaben verkürzt. Jetzt verstehe ich.»
«Was?»
«Der Polizist hat heute Morgen mit Nina sprechen wollen. Na, wenn das nicht etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hat. Ich muss morgen unbedingt zur Dienststelle.»
«Janina Grottenhauer, oder wie auch immer sie nun heißt, ist verschwunden? Nun, vielleicht besucht sie nur ein paar alte Bekannte.»
«Wie meinst du das?»
«Ich möchte erst ein paar Infos von dir.»
«Hör mal, Axel, im Prinzip sind das die einzigen Informationen, die ich dir geben kann und will. Meine Tischnachbarin ist seit heute Morgen verschwunden, und ich mache mir Sorgen, weil sie mir gegenüber Selbstmordabsichten geäußert hat. Dann war heute Vormittag ein Bad Meinberger Kollege hier in der Klinik und hat nach der Frau gefragt. Und ihr Sohn hat mir heute Nachmittag angedeutet, dass es zu Hause in Bremen ziemliche Probleme gibt. Und das ist das Einzige, mit dem ich mich hier auseinander zu setzen habe. Es sei denn, es interessiert dich ernsthaft, dass sie uns hier seit Tagen Schnee versprechen, es aber von morgens bis abends nieselt.»
«Nein, ich wollte wissen, wie es dir geht und deinem Bauch.»
«So weit gut. Warum sollte Janina Grottenhauer hier alte Bekannte besuchen?»
«Weil sie aus Bad Meinberg stammt. Ich dachte, du wüsstest das.»
«Nein, zu mir hat sie gesagt, sie sei noch nie hier gewesen. Aber jetzt wird mir einiges klar: Warum sie so viele Details über Bad Meinberg wusste. Warum sie sich dauernd so verfolgt fühlte.»
«Kein Wunder. Sie hat nämlich eine unrühmliche Vergangenheit. Wir haben ihre Fingerabdrücke beim Verfassungsschutz gefunden. Eigentlich dürften sie nicht mehr gespeichert sein, immerhin war die Grottenhauer noch nicht volljährig, als sie mit den Neonazis in Detmold vor einem Aussiedlerhaus randaliert und sich mit den Antifaschisten Straßenkämpfe geliefert hat.»
«Was?»
«Sie ist mit sechzehn Jahren mal für eine Nacht im Knast gewesen. Die haben in einem Asylantenheim gezündelt,es gab eine schwer verletzte Afrikanerin. Mehr weiß ich nicht.»
«Ich bin sprachlos.»
«Sie soll damals die Freundin von einem gewissen Ulrich Brampeter gewesen sein. Aus Bad Meinberg, einschlägig vorbestraft wegen brauner Sachen. Aber der ist inzwischen tot. Autounfall vor zehn Jahren. Na, bist du zufrieden mit mir?»
«War ich jemals unzufrieden?»
«Soll ich dir das wirklich beantworten?»
«Oh, warte mal, Axel. Wir müssen aufhören. Ich hab hier was zu tun.»
«Ich habe das Gefühl, du bist eher im Abenteuerurlaub als …»
«Mein neuer Freund Mattis steht gerade vor mir. Er kann nicht schlafen.»
«Wencke, Wencke, Wencke!»
21
«Der Schlüssel, Brampeter! Ich hatte dich ausdrücklich gebeten, ihn bis heute Nachmittag hängen zu lassen.» Achim war verärgert, kein Zweifel. Stefan ahnte schon am Telefon, welches Gesicht der Leiter des Forstamtes gerade zog, er neigte zu Bluthochdruck, sein Teint hatte bereits im Ruhezustand eine auffällige Rotfärbung. Doch Stefan Brampeter war sich keiner Schuld bewusst.
«Ich habe den Schlüssel nicht genommen», betonte er nun bereits
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