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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Sie …«
    Sie bückte sich und begann, die Münzen aufzuheben, die sie ihm hingeworfen hatte. Zu ihrem Horror bückte er sich ebenfalls, um ihr zu helfen.
    »Nein, bitte …«, stammelte sie.
    »Was hat Ihr Bruder angestellt?«
    »Er hat anständig gehandelt, als es opportun gewesen wäre, unanständig zu sein.«
    Der Mann nickte. Er reichte ihr die Münzen, die er aufgesammelt hatte. Sie hockten noch immer auf der Treppe. Sein Gesicht war nah bei ihrem. Sie konnte seinen Atem riechen: unzureichende Ernährung und Sorgen. Sein Daumen deutete über die Schulter nach oben, wo hinter einigen Windungender Treppe der enge Platz vor dem Eingang zum Kerkerturm lag.
    »Die Herren wollen den Krieg, die katholischen wie die protestantischen«, sagte er. »Der Teufel flüstert ihnen allen ein. Er hat sie mit auf den Berg genommen, wie Jesus, und ihnen gezeigt, welche Schätze auf sie warten, wenn sie sich ihm nur unterwerfen. Anders als Jesus haben es alle getan, und nun wollen sie um die Schätze kämpfen, die der Teufel ihnen versprochen hat. Sie kümmern sich nicht darum, dass dabei alles untergehen wird, was sie heute besitzen.«
    »Die Versprechen des Teufels«, sagte Agnes, »sind nur die Wünsche, die der dunkle Teil unserer Seele uns eingibt.«
    Er nickte. »Der Papst hätte es nicht schöner sagen können. Wenn Sie an Ihren Bruder denken und ich an meinen, glauben Sie dann, dass es schade darum ist, wenn alles untergeht in diesem Krieg, der kommen wird?«
    »Es ist immer schade um jeden Menschen, der vorzeitig den Tod findet.«
    Er schnaubte. »So wie die armen Seelen dort im Kerker? Der Winter steckt noch in den Steinen. Bald werden die Ersten zu husten und zu fiebern beginnen. Das Gefängnis ist vollkommen überfüllt. Selbst wenn man sich vernünftig um die Kranken kümmern würde, kämen die Bader nicht um die Runden. Binnen einer Woche wird der Erste hinausgetragen, das versichere ich Ihnen. Mein Bruder ist von angeschlagener Gesundheit. Ich habe«, er schluckte, und seine Stimme schwankte, »Angst um ihn.«
    Agnes’ Kehle schnürte sich zu. »Beschreiben Sie mir den jungen Mann, der ihnen die Botschaft aufgetragen hat.«
    »Groß, schlank, fast schlaksig«, sagte er, ohne zu zögern. »Rötliches Haar, blasser Teint, auch wenn seine Wangen vom Laufen gefärbt waren, grüne Augen – ein hübscher Bursche. Ist er mit Ihnen verwandt, Frau Khlesl?«
    Sie erwiderte sein schüchternes Lächeln zerstreut. Washätte Wenzel auf diese Frage geantwortet? »Mehr als mancher andere«, hörte sie sich sagen.
    Falls ihr Gesprächspartner diese Aussage als kryptisch empfand, zeigte er es nicht.
    »Was hat der junge Mann genau gesagt?«
    »Dass Sie nicht nach Hause gehen sollen. Sie sollen im Haus seines Vaters übernachten. Bis morgen wolle er sich etwas ausdenken. Er könne nicht länger warten, weil man ihn sonst vermissen und Fragen stellen würde.«
    »Weiter nichts?«
    »Es wird mehr dahinterstecken, als er einem Fremden anvertrauen wollte.«
    Die Verlegenheit schoss erneut in Agnes hoch. »Ich möchte Sie nochmals um Entschuldigung bitten für das, was ich gesagt habe.«
    »Was werden Sie tun?«
    »Ich habe Kinder. Ich kann nicht einfach wegbleiben, ohne dass sie wissen, wo ich bin.«
    Aber das war nicht der wahre Grund, wie sie sich selbst eingestand. Wahrscheinlich hatte Wenzel auf irgendeine Weise zumindest Alexandra Bescheid gegeben oder würde es noch tun. Alexandra und die Jungs würden sich zumindest keine Sorgen darüber machen müssen, dass ihre Mutter vermisst wäre. Vorhin hatte sie sich gefragt, ob es nicht besser war, von seiner Mutter vernachlässigt zu werden, als ihrer Hinrichtung beizuwohnen. Nun, das stimmte zweifellos – oder nicht? Hatte die Frage nicht viel Ähnlichkeit mit der, ob es besser war, seine Mutter davonrennen zu sehen, als Zeuge zu werden, wie sie sich der Gefahr stellte, weil sie damit Zeugnis ablegte, nichts Böses getan zu haben?
    »Dürfen Sie Ihren Bruder sehen?«, fragte Agnes.
    »Alle paar Tage.«
    »Sagen Sie ihm, er soll die Wachen bitten, mit meinem Bruder zusammengelegt zu werden. Hier, bitte geben Sie ihmdiese Münzen, er soll sie den Wachen zustecken, wenn er sie fragt. Mein Bruder ist Andrej von Langenfels. Ich habe es geschafft, dass ich ihm vernünftiges Essen zukommen lassen kann. Er wird es mit Ihrem Bruder teilen. Das verschafft ihm eine bessere Chance, nicht zu erkranken.«
    »Ich bin tief in Ihrer Schuld«, sagte der Mann mit Tränen in den Augen.
    »Nein«,

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