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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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dann hin mit der aufgestauten Kraft?
    »Böhmen ist ein Wahlkönigreich«, hörte er eine Stimme grollen und stellte überrascht fest, dass es seine eigene war. »Zeigen wir den Habsburgern, dass sie nicht glauben dürfen, sie hätten ein Anrecht auf den Thron.«
    »Alle haben das Loblied von Ferdinand gesungen«, sagte Smiřický. »ÝNicht so hochmütig wie Rudolf und Matthias; geht doch ganz vertraulich mit dem böhmischen Adel um …Ü Pah! Er hat schnell sein wahres Gesicht gezeigt.«
    »Wir brauchen ihn nur abzusetzen. Es ist unser gutes Recht«, sagte Graf von Thurn erneut. Er spürte die Blicke der anderen. Ihm wurde bewusst, dass keiner mehr laut von Absetzung gesprochen hatte, seit Ferdinand so rücksichtslos angefangen hatte, das Steuer in Böhmen in die Hand zu nehmen. Er fühlte sich tapfer und wie jemand, der sich aufmacht, sein Haus ganz allein gegen ein Heer von Ungeheuern zu verteidigen.
    »Hat er nicht der gesamten Stadt und sogar der Universität letzten Sommer befohlen, sich an der Fronleichnamsprozession zu beteiligen? Und die Feste für den heiligen Jan Hus und den heiligen Hieronymus hat er verboten!«
    Ja, ja, dachte Graf von Thurn. Das ist alles Wasser unter der Brücke. Und das ist alles, was dieser Hühnerhaufen kann: die alten Beleidigungen wiederkäuen, weil ihnen der Gockel fehlt, der ihnen sagt, wo es langgeht. Eher unbemerkt schlich sich der Einfall in sein Hirn, dass vielleicht alle nur daraufwarteten, dass einer das Amt des Gockels für sich reklamierte. Und noch weniger deutlich erinnerte er sich daran, dass er in den Begriffen dachte, in denen seine Frau letzte Nacht über die Ständeversammlung gelästert hatte. Sie hatte sogar das Glucken der Hühner nachgemacht – coot! coot! coot!  –, verblüffend echt, wie er hatte zugeben müssen.
    »Er ist vom Größenwahn gepackt«, sagte Graf von Thurn. »Das Habsburgerblut ist schlecht geworden – nicht dass es jemals besonders gut gewesen wäre.«
    Die Männer lachten vorsichtig. Graf von Thurn begann die Situation zu gefallen, so wie ihm nach dem ersten Zögern die Verwandlung seiner Frau gefallen hatte. Wilhelm von Lobkowicz langte grinsend nach dem Steinkrug vor seinem Becher, drehte ihn um – und heraus kam nur Luft. Verblüfft starrte er in das leere Ding, dann hob sich sein Blick, als suche er nach einem Lakaien, den er um Nachschub in den Keller schicken konnte. Graf von Thurn erwärmte sich immer mehr für dieses Treffen.
    »Rudolf war ein unberechenbarer Irrer, Matthias ist schwermütig bis zur Erstarrung, und Ferdinand denkt, er sei Julius Caesar!«
    Albrecht Smiřický, der ebenfalls vor einem ausgetrunkenen Krug saß, aber ohnehin nicht viel vertrug, hob seinen leeren Becher und rief: »Ave, Caesar, moribundi te salutare!«
    »Morituri te salutamus«, murmelte Colonna von Fels und verdrehte heimlich die Augen.
    »Wie bitte?«
    »Nichts, mein lieber Smiřický, nichts. Der Graf hat wahr gesprochen, meine Herren. Wir haben das Recht, nein, wir haben die Pflicht, Ferdinand von Habsburg als böhmischen König abzusetzen. Damit verschaffen wir nicht nur Böhmen Ruhe, sondern verhindern auch, dass noch einer von den inzüchtigen Habsburger-Bastarden zum Kaiser über das Reich wird.«
    »Machen wir Schluss mit all den Kompromissen.« Wenzel von Ruppa schlug mit der Faust auf den Tisch. Sein Weinkrug fiel um. Wilhelm von Lobkowicz heftete den Blick auf die Öffnung. Als nichts heraussickerte, zogen sich seine Augenbrauen zusammen. »Jemand muss die Habsburger in die Schranken weisen. Denken Sie nur an die Antwort, die wir auf unseren Protest wegen der Schließung der Kirchen in Klostergrab und Braunau erhalten haben.« Ruppa verzog das Gesicht zu einer verächtlichen Grimasse und zitierte mit Fistelstimme: »Der Majestätsbrief von Kaiser Rudolf – Gott sei seiner Seele gnädig – hat nur dem Adel und den freien Städten die freie Religionsausübung zugesichert. Die fraglichen Städte sind aber nicht frei.«
    »Haben wir darauf eigentlich reagiert?«
    Wilhelm von Lobkowicz griff nach dem Krug, der vor Graf Schlick stand. Schlick, der als Asket bekannt war, hatte kaum an seinem Wein genippt. Mit erleichtertem Strahlen kippte der Gastgeber Schlicks Wein in seinen Becher, nahm einen langen Schluck und lehnte sich behaglich zurück. Graf von Thurn ahnte, dass sich heute kein Lakai mehr in den Keller bequemen würde.
    »Ja. Die von der Ständeversammlung eingesetzten Defensoren haben einen Protestbrief geschrieben. Die

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