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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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gestern noch auf ihre Anordnung hin das kaum knarrende Schloss geschmiert. Die Luft, die hereinkam, war kühl und roch nach frischer Erde, kaltem Rauch und den Ausdünstungen der Gosse, die erst von den Gerüchen des Tages überdeckt werden würden. Für Agnes war es der Duft der Freiheit.
    Sie holte Luft. Tat sie das Richtige? Aber Klein-Melchior und Andreas würde nichts passieren. Lohelius war nicht unbedingt für seine rasche Intelligenz berühmt, aber er hatte esgeschafft, sowohl den Bischofsstuhl als auch den Thron des Ordensmeisters durch die Jahre nach Rudolfs Tod zu steuern, ohne sich der einen oder anderen Seite zu unterwerfen, und wenn man den Kreuzherren vom Roten Stern eines unbedingt zubilligen durfte, dann, dass weder der geringste Knecht noch ihr Anführer jemals von den Ordensidealen abgewichen wären. Eines der Ideale war, den Verfolgten jederzeit Asyl zu gewähren. Insofern hätte es der Drohung, Lohelius’ Beteiligung an Kardinal Melchiors Diebstahl auszuplaudern, vielleicht nicht bedurft, aber die Buben waren nach Alexandras Verschwinden das Einzige, was Agnes von Cyprian geblieben war, und sie hatte nicht vor, auch nur das geringste Risiko einzugehen. Hierbleiben und auf die Kinder selbst aufpassen konnte sie nicht. Es war ihr weder möglich, die Gefahr zu ignorieren, in die sich Alexandra begeben hatte, als sie allein mit Leona aufgebrochen war, noch den Ruf ihres Herzens, das Cyprians Stimme gebraucht hatte, um sie wachzurütteln. Sie würde zu Alexandra stoßen, und dann würde sie die Reise zu dem Ort antreten, an dem Andrej Cyprian hatte sterben sehen. Und dort würde die Suche beginnen, der sie zur Not den Rest ihres Lebens widmen wollte – die Suche nach der Bestätigung, dass ihre Liebe wirklich verloren war. Bevor sie diese Bestätigung fand, würde sie jeden wachen Moment lang mit aller Kraft glauben, dass Cyprian genauso gut noch am Leben sein konnte.
    Sie ließ den Atem entweichen, schlüpfte hinaus, schloss die Tür lautlos hinter sich und huschte die Gasse hinauf.
    13
    Filippo Caffarelli wäre noch mehr beeindruckt gewesen von der Macht der Teufelsbibel, deren er tags zuvor Zeuge hatte werden dürfen, wenn diese Demonstration nicht gleichzeitig einen Schatten auf sein Herz hätte fallen lassen. Die Ständevertreter in Wilhelm von Lobkowicz’ Haus mochten untereinander zerstritten sein, und es mochte andere geben, die die Sache des Protestantismus in Böhmen besser vertraten als ausgerechnet dieser Haufen alter und neuer Adliger, doch es gab etwas, das sie ehrte: Sie waren bereit, für ihren Glauben zu kämpfen. Sie hatten keine Ahnung, welche Lawine sie mit ihrer Hitzköpfigkeit lostreten würden, aber sie waren bereit, ihr Vermögen, ihren Ruf und ihr Leben dafür einzusetzen, dass der protestantische Glaube in Böhmen frei von jeder Unterdrückung ausgeübt werden konnte. Sie erkannten, dass sie fehlerhaft waren, sie verachteten sich gegenseitig oder lachten insgeheim übereinander, doch das alles brachte sie nicht dazu zu resignieren. Ihr Glaube an die Gerechtigkeit ihrer Sache und daran, dass sie Gott auf die einzig richtige Weise anbeteten, war, zog man all die Animositäten und persönlichen Feigheiten ab, rein.
    Und er, Filippo Caffarelli, der abtrünnige Priester? Was hatte er dagegen zu bieten?
    Nein, korrigierte er sich, was mich von den Männern im Haus von Wilhelm von Lobkowicz unterscheidet, ist, dass ich zwei Schritte weiter gedacht habe. Nach dem Verlust des Glaubens an Gott kommt die Überzeugung der eigenen Allmächtigkeit. Dieses Stadium haben Graf von Thurn und seine Gefolgsleute noch nicht erreicht. Ich hingegen bin auch darüber schon hinweg und habe erkannt, dass der Mensch sich zwar so gibt, als wäre er allmächtig, aber in Wahrheit Dreck ist. Es existiert etwas, das viel mächtiger ist als er und seine Vorstellungen von der eigenen oder eines eingebildeten Gottes Unfehlbarkeit, und dieser Macht habe ich mich unterworfen, weil es nichts anderes gibt, als sich ihr zu unterwerfen.
    Gegen die Herrschaft des Teufels kann man nicht ankämpfen. Der kluge Mann stellt den Widerstand ein und kniet nieder.
    Zuerst hatte er sich gefragt, warum er allein nach Prag geschickt worden war, um den vier Ständevertretern, deren Frauen in der Kapelle von Pernstein einen kleinen Blick auf die wahre Kraft des Teufels hatten werfen können, hinterherzuspionieren. Die meisten anderen wären besser geeignet gewesen als er. Dann war ihm die Lösung des Rätsels in den Sinn

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