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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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hatte hier gewartet mit einer angeblichen Nachricht für Wilhelm von Lobkowicz, die er nur diesem selbst überreichen dürfe. Der Mann bewegte sich ungeschickt, als sei ihm seine eigene Kleidung fremd. Seine erste Tat, als er hier eingetreten war und der Lakai ihn allein gelassen hatte, war gewesen, leise wie ein Mäuschen zur Tür zu schleichen, die den Versammlungsraum vom Vorzimmer trennte, und diese einen Spaltbreit zu öffnen. Die Stimmen der Männer waren mühelos zu verstehen gewesen, auch als sie nicht gestritten hatten.
    Der Mann verließ das Antichambre durch die andere Tür. Er kam fast bis zum Eingangsportal des Stadtpalastes, wo der Lakai ihn einholte, der ihn in Empfang genommen hatte.
    »Und was ist mit der Botschaft?«, fragte der Knecht verblüfft.
    »Ich habe soeben festgestellt, dass ich sie vergessen habe«, erwiderte der Mann.
    Dem Knecht blieb der Mund offen stehen. »Was?«, brachte er hervor.
    Der Mann tippte sich an die Stirn. »Das kommt vor«, sagte er. »Hast du noch nie was vergessen?«
    »So was noch nie«, sagte der Knecht.
    Der Mann zuckte mit den Schultern. »Ich komme zurück, wenn sie mir wieder eingefallen ist. Friede sei … Lebe wohl, mein Freund.«
    Der Lakai öffnete die Tür und ließ den seltsamen Gast hinausschlüpfen. Italiener, dachte er bei sich. Hör ich sofort. Da holen sich die Herren ihr Gesinde aus dem Ausland, weil’s schick ist, und dann klappt rein gar nichts. Weiß nicht mal,wie man sich ordentlich verabschiedet. Als wenn wir hier in der Kirche wären. Katholikenbastard!
    Er schloss das Portal und wandte sich seinen anderen Aufgaben zu. Den unfähigen Boten hatte er innerhalb von fünf Minuten vergessen, genau, wie man es Filippo Caffarelli prophezeit hatte.
    12
    » Habt ihr verstanden, Kinder ?«, flüsterte Agnes. Andreas und Klein-Melchior nickten mit großen Augen. Noch vor dem Morgengrauen aus dem Schlaf gerissen und zusammen mit dem Kindermädchen auf eine unbekannte Reise geschickt zu werden, klang in ihren Ohren wie ein Abenteuer. Agnes versuchte angestrengt, sich ihre Verzweiflung nicht anmerken zulassen. »Der Mann, der euch abholt, ist ein Ritter vom Orden der Kreuzherren mit dem Roten Stern. Er wird ein Zeichen tragen: ein rotes Kreuz mit einem Stern darunter. Nur wenn er euch das zeigt, ist er echt. Verstanden?«
    »Warum soll er nicht echt sein?«, fragte Andreas.
    »Er wird echt sein, keine Sorge.« Sie lächelte. Sie hatte es geschafft, eine der Mägde mit einer Botschaft zu Bischof Lohelius zu senden. Der Bischof hatte sich erfreut gezeigt, der Familie seines alten Freundes Kardinal Melchior Khlesl einen Gefallen zu erweisen, besonders nachdem er Agnes’ Botschaft gelesen hatte, in der sie ihm die Alternative vorstellte, nämlich vor dem Kaiser zu seiner Rolle beim Diebstahl eines ganz bestimmten Objekts aus der Kuriositätenkammer Stellung nehmen zu dürfen. Bischof Lohelius hatte zugestimmt, Klein-Melchior und Andreas im Kloster Strahov auf dem Hradschin zu verstecken. Das Lächeln aufrechtzuerhalten war mühsam.
    »Ich liebe euch, Kinder«, sagte Agnes und küsste die beiden Burschen. Dann huschte sie zur Tür. Dort angekommen,drehte sie sich wieder um, eilte zu den Kindern zurück und umarmte sie stürmisch.
    »Nicht weinen«, sagte Klein-Melchior. »Sonst muss ich auch weinen.«
    »Mama weint nicht«, schluchzte Agnes und wischte sich die Tränen ab. »Auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen, Mama.«
    Das Haus war still und finster. Der Himmel draußen musste sich gerade mit dem ersten Grau einfärben; bis das Licht des Sonnenaufgangs die Fenster erreichte, würden noch etliche Minuten vergehen. Agnes zog den Mantel fester um ihre Schultern. Sie war barfuß, um keinerlei Geräusch zu verursachen; ihre Schuhe trug sie in der Hand. Sie war sicher, dass ihr Verschwinden so viel Aufruhr hervorrufen würde, dass es niemandem auffiel, wenn ein Mann in aller Seelenruhe ins Haus kam und die beiden Burschen samt ihrem Kindermädchen hinausbegleitete. Zumindest Sebastian würde es nicht auffallen – und wer vom Gesinde aufmerksam werden würde, den würden ein paar geflüsterte Worte des Kindermädchens verstummen lassen. Agnes versuchte, sich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass sie an alles gedacht hatte. Die Kälte der Treppenstufen biss in ihre bloßen Füße, als sie ins Erdgeschoss hinunterhuschte.
    Sie drückte die Klinke herunter und atmete erleichtert auf, als sie merkte, dass ihre Vorsorge funktioniert hatte: Einer der Hausknechte hatte

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