Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
mit.
»Sie ist immer noch Jungfrau«, flüsterte Kassandra, flüsterte der Teufel. »Wollen Sie sie so in den Tod schicken?« Sie drückte ihm das Messer in die Hand. »Hier, entjungfern Sie sie hiermit. Die Klinge ist scharf. Treiben Sie sie hinein in den Tempel, den Sie versäumt haben zu betreten. Schneiden Sie ihr das Herz auf diese Weise heraus.«
»Sie sind krank«, sagte Alexandra heiser.
»Ich will mein Geschenk, Partner. Also?«
Heinrich zog Alexandra zu sich heran. Ihre Augen waren riesengroß, und ihre Lippen waren blau vor Entsetzen. Er hatte das Gefühl, dass die Brücke schwankte. Das Messer in seiner Hand schien zu glühen. Er drängte sie gegen die Brüstung und lehnte sich an sie, drückte ihr die Beine auseinander. Sie begann, panisch zu atmen, und ihre Blicke zuckten hin und her. Es gab keinen Weg, es gnädig zu machen. Es gab keinen Weg vorbei an einer monströsen Schlächterei. Dies war seine Probe. Er dachte an Filippo, der als ein Haufen Kleider und Knochen unten am Boden lag. Er hörte Alexandra jetzt schon schreien, das schrille Kreischen absoluter Pein. Er hörte sich selbst stammeln: »Das wollte ich nicht, nicht so …«
»Mein Geschenk, Partner.«
Er versuchte, sich auf die Lust zu konzentrieren, die er hätte empfinden müssen, doch stattdessen fühlte er Widerwillen, Hass und Angst.
»Henyk …«, flüsterte Alexandra. Tränen liefen jetzt über ihre Wangen. »Bitte …«
»Partner?«
Er warf den Kopf in den Nacken und brüllte wie ein verwundeter Stier. Dann stieß er mit dem Messer zu.
21
Wenzel starrte die Finger an. Sie krümmten sich. Die Hämmer beider Pistolen zuckten herab.
»Klick! Klick!«
Isolde kicherte und streckte die Zeigefinger wieder aus und die Daumen nach oben. Erneut zielte sie auf Wenzel.
»Klick! Klick!«
Es hörte sich nicht mehr so echt an, wenn man sah, dass die Pistolen aus Daumen und Zeigefinger bestanden. Wenneinem ein Zeigefinger an den Hinterkopf gehalten wurde und man sich nicht umzudrehen wagte, hörte es sich ungeheuer echt an.
»Isolde?«
Sie legte den Kopf schief und sah ihn an. Leona hatte ihr Aussehen genau beschrieben. Wenzel hätte sie in einer tausendköpfigen Menschenmenge gefunden. Was sie hier trieb, entzog sich seiner Kenntnis. Er spürte, wie seine Knie noch immer vor Schreck zitterten. Wahrscheinlich hätte er sie auf seine Seite ziehen können, indem er so tat, als sei er getroffen, und sich theatralisch umfallen ließ. Doch dafür fehlten ihm momentan die Nerven.
»Isolde?«
Sie klatschte in die Hände und lachte laut. Ein Strom von Silben konnte alles Mögliche bedeuten. Er sah den Spuckefaden, der ihr übers Kinn lief.
»Schsch!«, machte er.
»Schsch«, echote sie und blickte lächelnd an ihm vorbei in den Himmel. »Schsch …«
Wenzel fühlte sich an seine Spionagetätigkeit auf der Rückseite von Adam Augustýns Haus erinnert, wo das kleine Mädchen nicht mehr von seiner Seite gewichen war. Er legte den Finger resignierend an den Mund, doch diesmal schien Isolde zu verstehen. Sie presste die Lippen zusammen. Zwischen ihren Brauen entstand eine Falte. Ihr Blick war immer noch an ihm vorbei gerichtet, und plötzlich verstand er, dass ihr Gesichtsausdruck nicht ihm galt. Er folgte ihrem Blick.
Oben auf der Brücke standen jetzt zwei Personen bei Alexandra. Eine davon war eine Frau. Einen irrwitzigen Moment lang dachte Wenzel, es seien Agnes und jemand, der ihr zu Hilfe gekommen war, doch dann erblickte er das lange blonde Haar und das weiße Gewand.
Isolde murmelte etwas. Sie sah ängstlich und wütend zugleich aus.
»Was passiert da oben?«
Gebrabbel, hektisches Fingerzeigen. Plötzlich gab sie sich selbst eine schallende Ohrfeige. Dann deutete sie wieder hinauf zur Brücke.
»Hat man dich geschlagen? Was ist da oben los?«
Sie kauerte sich auf dem Waldboden zusammen. Er hörte das leise Winseln und verstand, dass sie zu weinen begonnen hatte. Dann fuhr er zusammen. Von der Brücke ertönte ein lauter Schrei. Er versuchte, hinaufzuspähen und gleichzeitig Isolde im Auge zu behalten. Es ging nicht. Er trat aus seiner Deckung. Die Brücke war leer. Entsetzen durchfuhr ihn, als er an den Mann dachte, der vor seinen Augen heruntergestürzt war. Hatten sie Alexandra einfach …? Er versuchte, etwas zu erkennen. Er glaubte, das Ende eines Stricks zu sehen, das um einen der Haltepfosten des Dachs geschlungen war und das straff nach unten führte, als ob etwas daranhinge, das jetzt auf dem Boden der Brücke
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