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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Aber diesmal war er vorbereitet. Er drückte sie nach unten. Sie bäumte sich auf, aber er war schwerer.
    »Wo ist sie?«, schrie sie.
    »Es ist ihr nichts geschehen.«
    »Wo ist sie?«
    »Unten. Ich habe alles vorbereitet. Ich …«
    Sie schüttelte ihn fast ab, doch er wälzte sich von Neuem auf sie. Es war schwer, ihre herumfuchtelnden Hände festzuhalten.
    »Die Teufelsbibel ist unten!«, brüllte er, so laut er konnte. »Ich habe sie nach unten schaffen lassen. Ihr ist nichts geschehen. Ich dachte, Sie würden mein Geschenk in ihrem Namen opfern wollen, deshalb musste ich sie aus der Kapelle holen.«
    »Es ist Ihnen nicht erlaubt, sie anzufassen!«, kreischte sie.
    »Wenn ich sie nicht wenigstens einmal angefasst hätte, hätten Sie sie nie gekriegt!«
    Plötzlich beruhigte sie sich. »Was haben Sie vor?«
    »Kommen Sie mit. Ich will es Ihnen zeigen.«
    Sie musterte ihn. Obwohl für dieses eine Mal die Karten vertauscht waren und er ihr überlegen schien, obwohl sie unter ihm lag und er ihre Hände festhielt, blinzelte sie nicht. Das Grün ihrer Augen machte ihn heiß und ließ ihn zugleich Kälte bis ins Mark spüren. Er fühlte, wie seine Zuversicht schwand und die Situation sich wieder gegen ihn kehrte. Bevor er dies noch stärker empfand, senkte er den Kopf, in der Erwartung, dass sie ihn jeden Moment schlagen würde. Sie bewegte sich nicht, sie wandte sich noch nicht einmal ab. Er drückte einen federleichten Kuss auf das rote Mal. Wenn er erwartet hatte, dass es auf eine geheimnisvolle Weise zu einer Offenbarung würde, sah er sich getäuscht – die Haut fühlte sich schwammiger an als an den anderen Stellen ihres Körpers, das war alles. Er stellte sich vor, über das Mal zu lecken, wie vorhin, als er noch nicht gewusst hatte, dass es da war. Der Gedanke sandte einen Schauer in seinen Schoß, aber es war nicht Lust, sondern blanke Abscheu. Er rappelte sich auf, hoffend, dass sie es nicht bemerkt hatte.
    »Kommen Sie.«
    Er führte sie auf die Brücke zum Bergfried, erstaunt, dass sie sich nicht sträubte. Alexandra stand noch immer dort, mit dem Strick um den Hals. Sie war bleich, und durch den Schmutz in ihrem Gesicht hatten ein paar Tränen Spuren gezogen, aber sie wich nicht zurück. Kassandra musterte sie.
    »Sehen Sie hinunter«, sagte Heinrich.
    Er hatte Pater Filippo liegen gelassen, wo er aufgeprallt war. Vor der Tür, die zum Torraum im Erdgeschoss führte, brannte ein Feuer am Ende eines lang gezogenen Holzstapels. An seinem anderen Ende war ein Pfahl aufrecht in den Boden gerammt. Eiserne Handfesseln waren mit dicken Nägeln daran befestigt. Das Feuer rauchte; er hatte dafür gesorgt, dass am Anfang viel feuchtes Holz aufgeschichtet worden war. Vor dem improvisierten Scheiterhaufen war eine Fläche von vielleicht zwei Dutzend Mannslängen durch Balken, Bretter und die Teile von Bänken und Tischen umfasst. Es wirkte wie eine Arena. Es war eine Arena. Neben dem Scheiterhaufen stand, vom Feuer genügend weit entfernt, das Podest aus der Kapelle. Die Teufelsbibel lag darauf, weiß glänzend in der einsetzenden Abenddämmerung wie ein Knochen aus Eis, der nicht einmal den Schein des Feuers daneben widerspiegelte.
    »Was ist mit Filippo geschehen?«
    »Er hat die Probe nicht bestanden.«
    Heinrich begann, den Strick loszumachen, mit dem Alexandra an die Brüstung gefesselt war. Er warf Kassandra über die Schulter einen Blick zu. Die Luchsaugen hatten sich von der verrenkten Gestalt Filippos abgewendet und musterten ihn unverwandt. Erbittert musste er feststellen, dass er bereits nicht mehr Herr der Lage war – und dass die paar Schritte Entfernung von der verzerrten Teufelsfratze in ihrem Gesicht reichten, dass das alte, hilflose Begehren nach ihrer Unterwerfung wieder in ihm erwachte.
    »Wir bringen sie hinunter. Der Pfahl und das Feuer sind für sie. Wenn …« Sie unterbrach ihn.
    »Sie wollten mir ihr Herz zum Geschenk machen.«
    »Genau das habe ich vor. Ich …«
    Sie stand plötzlich neben ihm. Er sah an ihr hinunter und erblickte das Messer in ihrer Hand. Er konnte sich nicht vorstellen, wo sie es versteckt gehabt hatte. Die Klinge schimmerte.
    »Dann geben Sie es mir jetzt.«
    »Was?«
    Er hörte Alexandra keuchen. Er dachte an eine alte Legende und überlegte, ob er das Messer nicht lieber nehmen sollte, um den Strick zu durchtrennen, aber der Gedanke ertrank auf halbem Weg in den Smaragdaugen Kassandras.
    Sie lehnte sich an ihn und lächelte. Die Teufelsfratze lächelte

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