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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Moment. Ein weiterer Schlag gegen den Kopf würde reichen. Selbst ein Tritt in den Leib würde den nötigen Effekt haben. Keines von beiden würde Heinrich töten, aber er wäre endgültig kampfunfähig.
    Heinrich stöhnte. Er kniete jetzt, aber sein Oberkörper pendelte hin und her. Beide Augen waren zu Schlitzen geschlossen. Seine Arme griffen hilflos in der Luft herum.
    Cyprian stellte fest, dass er es nicht konnte. Abscheu stieg in ihm hoch. Er hatte um sein Leben und um das Alexandras gekämpft, aber deswegen fühlte er sich nicht besser. Er sollte Triumph verspüren, doch angesichts des zerschlagenen Gesichts fühlte er sich nur wie ein brutales Tier. Er sollte Gerechtigkeit empfinden, wenn er daran dachte, welches Schicksal Heinrich ihm und Alexandra prophezeit hatte, wie er ihm die Rippen gebrochen hatte, um sich einen Vorteil zu verschaffen, und wie er trotzdem noch eine Waffe versteckt hatte. Doch was er empfand, war Bedauern, dass er gezwungen worden war, sich auf das Niveau Heinrichs herabzulassen, und Mitleid mit einem Mann, der ein erbärmlicher Feigling war und es im Grunde seines Herzens genau wusste. Er ließ die Arme sinken.
    Heinrich schaffte es, einen Fuß auf den Boden zu stellen. Er drückte sich ab, doch statt hochzukommen, fiel er nur zur Seite. Er stöhnte erneut und rollte sich zusammen.
    Da ertönten von der Brücke zum Bergfried der Knall einer abgefeuerten Armbrust und ein schriller Schrei.
    24
    Wenzel war sich sicher , dass er mindestens zweimal um den gesamten Turm herumgelaufen war. Er hatte kein Gefühl dafür, wie hoch er dabei gekommen war. Als seine rechte Hand plötzlich den Kontakt mit der Mauer verlor, ging er noch einen Schritt weiter und prallte an eine Wand.
    Die Treppe war zu Ende.
    Schwitzend blieb er stehen. Er atmete heftig, aber er gönnte sich keine Pause. Mit ausgestreckten Händen tastete er sich zurück und in einen kleinen Alkoven hinein. Er fühlte Holz, fand eine Klinke und rüttelte daran. Sein Herz setzte aus. Die Tür war versperrt. Er trat mit den Füßen dagegen und spürte, wie ein morsches Brett nachgab. Er trat noch einmal zu. Die Bohlen der Tür waren dünn, und was sie noch zusammenhielt, waren nur die verrosteten Türbänder.
    Er hastete die paar Schritte zurück zu der Wand, die dem Alkoven gegenüberlag. Dann holte er Luft und rannte los. Mit seinem ganzen Gewicht warf er sich gegen die Tür. Sie zerbarst, und er fiel mit ihr in den Raum dahinter, fiel in etwas, das sich sofort um ihn schlang und ihn mit einer Explosion aus Staub und Schimmel einhüllte. Hustend und um sich schlagend, prallte er auf den Boden, versuchte, Luft zu bekommen, und atmete nur weiteren Staub ein. Er würgte und spuckte, bis seine Kehle endlich frei war. Die Tür war hinter einem uralten, halb vergammelten Gobelin versteckt gewesen. Er hatte ihn aus der Halterung gerissen.
    Gehetzt sah er sich um. Der Raum steckte voller Schatten. Wie ging es weiter? Rings um den Raum waren Schießscharten angebracht. Es musste eine Art Wachraum sein. Über Wachräumen befand sich gewöhnlich ein Saal und noch einmal darüber die Schlafkammer der weiblichen Burgbewohner. Man würde von hier zum Saal nur eine im Ernstfall leicht zu verteidigende …
    Da! Er sah die schmale Öffnung in einer Ecke des Raums. Die Leiter, die hätte hinaufführen sollen, lag daneben. Er wusste jetzt, wie Isolde hinauf- und wieder heruntergekommen war bei ihren heimlichen Erkundungsgängen in dem alten Turm. Wenzel stürzte hinüber und richtete die Leiter auf, dann erkannte er erst, was die vielen Schatten in diesem Raum wirklich waren. Seine Augen weiteten sich.
    Zwei Stockwerke weiter oben war er endlich auf gleichem Niveau wie die Brücke. Er taumelte auf sie hinaus. An der Brüstung lag ein bunter Kleiderhaufen. Er erschrak, als er erkannte, dass in dem Kleiderhaufen ein Mensch steckte. Er wusste, dass es Alexandra war, noch bevor er ihre dunkle Mähne sah. Er stürzte zu ihr, voller Angst. Sie war an der Brüstung heruntergerutscht. Ihr Gesicht war rot und verzerrt, und ihre Blicke bohrten sich in die seinen. Tränen liefen aus ihren Augen. Er ließ die Armbrust fallen, die er in dem mit alten Waffen und Rüstungen vollgestopften ehemaligen Wachraum gefunden hatte, und stieß sie beiseite, als er neben ihr auf die Knie sank.
    »Alexandra? Bist du verletzt? Bist du …«
    Er schrie auf, als er den Strick sah, der in ihren Hals schnitt. Ihre Hände befanden sich hinter ihrem Rücken, zweifelsohne gefesselt.

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