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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Gastgeber war, nachdem er die Höhe der Forderung vernommen hatte, plötzlich nicht mehr an einer guten Beziehung zur Familie des königlichen Statthalters interessiert gewesen, sondern daran, dass jemand anderer sie beglich, bevorzugt der Verursacher. Ignatz hatte sich erheitert gefühlt. Zuletzt hatte der Pfeffersack die Verantwortung des Gastgebers erkannt und gezahlt, und seine Drohungen, sich das Geld von Ignatz wiederzuholen, hatten diesen durch die Gassen verfolgt, als er lachend davongerannt war.
    Dabei war die Lage nicht wirklich lustig. Sein Onkel hatte Ignatz vor zwei Jahren einen Gefallen erwiesen, der mit einem monströsen Bestechungsbetrag verbunden gewesen war, und Ignatz fürchtete, dass er es sich mit dem alten Knaben verspielen würde, wenn er schon wieder mit etwas ankam, das zu reparieren den Ruf des Grafen ruinieren konnte.
    Und so war er der Einladung Polyxenas auch mit dem Hintergedanken gefolgt, dass er das Interesse an seiner Person vielleicht nutzen konnte, um die immer nachdrücklicher werdenden Forderungen des Kaufmanns zu befriedigen.
    Als ein Dienstbote die Tür zu dem Raum öffnete, in den man ihn bei seiner Ankunft gebeten hatte, und ihn durch die Gänge der Burg führte, setzte Ignatz sein verführerischstes Lächeln auf. Er wusste, dass die Frauen einem Mann wie ihm stets zugetan waren.
    Die Gesellschaft, die ihn in einem abseitsgelegenen Raum im Haupttrakt der Burg erwartete, versetzte ihm zunächst einen Schock. Er hatte Polyxena von Lobkowicz bislang nur aus der Ferne gesehen. Er war auf ihren schlanken Wuchs und die blonden Haare gefasst gewesen, aber nicht auf das weiß geschminkte Gesicht. Sie wandte sich ihm zu, als er eintrat, und in wenigen Augenblicken durchlief seine Gefühlswelt die Bandbreite von Atemlosigkeit vor ihrem Profil, Bezauberung angesichts der durchdringend grünen Augen, die sich auf ihn richteten – und Ekel vor dem roten Mund, der obszön wirkte in der Weiße. Neben einem Pult, auf dem ein geschlossenes Buch lag, standen zwei Gestalten, die wie die Leibwächter seiner Gastgeberin aussahen, nur dass sie grobe Bauernkleidung trugen. Fast bizarrer noch als die weiß geschminkte Frau und die schweigsamen Männer waren jedoch die kuttenverhüllten Mönche, die hinter dem Pult auf dem Boden knieten. Ihre Köpfe waren gesenkt, die Gesichter unsichtbar unter den Kapuzen. Sie wirkten unnatürlich klein, doch dann sagte ihm sein Gehirn, das dies nur wegen des mächtigen Pults und der bulligen Gestalten der beiden Wächter so wirkte. Als er ihnen einen zweiten Blick schenkte, erkannte er, dass die Mönche tatsächlich äußerst schmächtig waren. Die Begrüßungsworte, die Ignatz sich zurechtgelegthatte, kamen durcheinander, ergaben plötzlich keinen Sinn mehr und blockierten alle weiteren Denkvorgänge ebenso wirkungsvoll, wie ein zusammengebrochener Lastkarren in einer Tordurchfahrt den Verkehr aufhält. Die Kopfschmerzen, die das Pochen verursachte, nahmen schlagartig zu.
    »Treten Sie näher, mein Freund«, sagte die Frau in Weiß. Ignatz blinzelte. Wenn man sie reden hörte, war das Rot des Mundes plötzlich nicht mehr so abstoßend. Nichts konnte abstoßend sein, aus dem diese Stimme kam.
    »Äh …«, machte er, »äh …« Seine Manieren übernahmen den Oberbefehl über seinen Körper und ließen ihn den Hut ziehen und eine tiefe, kunstvoll gedrechselte Verbeugung machen, an deren Ende Hut und Steiß in die Luft ragten. »Ignatz von Martinitz, zu Ihren Diensten«, sagte er.
    Sie hielt ihm eine Hand mit einem auffälligen Ring vor die Nase. Er küsste den Ring und fragte sich nachher, warum er das getan hatte. Üblicherweise küsste man die Ringe von Bischöfen, Kardinälen und dem Papst. Dennoch war ihm seine Geste nicht abwegig erschienen.
    »Schön, dass Sie den Weg hierher gefunden haben«, sagte sie, nachdem er sich aufgerichtet hatte und bemüht war, seinen athletischen Körperbau ins rechte Licht zu rücken. Er hatte die Stiefelstulpen so weit wie möglich heruntergeklappt, so dass man seine strammen Waden und die roten Schleifchen sehen konnte, die seine Pluderhosen unterhalb der Knie zusammenfingen. »Lassen Sie uns zum Geschäft kommen.«
    »Äh … gern«, stammelte Ignatz.
    »Sie stecken in Schwierigkeiten«, sagte sie.
    Verblüfft fragte er sich, woher sie das wusste. Gleichzeitig wusste er nicht, ob er erleichtert, peinlich berührt oder einfach bloß entzückt sein sollte. Erleichtert, weil ihr Wissen es ihm ersparte, eine für ihn

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