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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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sie los. »Erbarmen, Herr, Erbaaarmen.«
    »Was ist geschehen?«, fragte Cyprian zum zweiten Mal. Beim Klang seiner Stimme erschrak er selbst, die Magd zuckte zusammen und schlug die Hände vor das Gesicht.
    »Oh bitte, bitte, biiitteeeeeee …!«
    Agnes war mit zwei Schritten am Bett und fasste der Magd ins Haar. Cyprian streckte die Hand wie im Traum aus und packte Agnes’ Handgelenk. Er wusste nicht, wie fest er zugedrückt hatte, aber Agnes keuchte und öffnete die Finger. Die Magd heulte Rotz und Wasser. Agnes’ und Cyprians Blicke trafen sich. Die Wut, die Cyprian in ihren Augen sah, ließ ihn Luft holen. Er hatte hin und wieder eine ähnliche Wut in einem anderen Augenpaar gesehen – in dem von Theresia Wiegant, Agnes’ Mutter. Manchmal war es so gewesen, wenn sie ihn, Cyprian, betrachtet und gedacht hatte, niemand bemerke es; meistens war es so gewesen, wenn ihre Blicke auf Agnes geruht hatten. Er spürte einen Anflug von Übelkeit und musste schlucken. Dann schüttelte er langsam den Kopf, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. Der Zorn in Agnes’ Augen verwandelte sich in Schrecken und dann in eine Traurigkeit, die ihm selbst beinahe die Tränen in die Augen trieb. Er ließ Agnes’ Handgelenk los, hockte sich vor der Magd auf den Boden, nahm ihre Hände und hielt sie, bis die junge Frau sich beruhigte und ihn ansehen konnte, ohne gleich den Blick wieder abwenden zu müssen. Er musterte sie schweigend und bemühte sich, eine Art von Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern.
    »Sie hat mir gesagt, ich darf es niemandem sagen!«, schluchzte die Magd.
    »Ich hebe die Anordnung auf«, sagte Cyprian.
    »Aber …«
    »Ich hebe die Anordnung auf«, sagte Cyprian. »Was dich betrifft, so konntest du nicht anders, als zu gehorchen; Alexandra ist deine Herrin.«
    »Sie hätte sofort zu uns …«, zischte Agnes, doch Cyprian warf ihr einen Blick zu. Er sah, dass sie erkannte, was er ihrsignalisieren wollte. Ihr Blick verlor sich in der Vergangenheit und nahm den seinen mit, und er sah sich wieder, wie er die schmale Stiege zum Kärtnertor in Wien hinaufkletterte, auf dessen oberer Bastion Agnes auf ihn wartete. Er sah Agnes’ Magd Leona am Fuß der Stiege stehen und so tun, als sähe sie ihn nicht und wüsste nicht, dass ein Liebender auf dem Weg zur anderen Hälfte seiner Seele war.
    »Das war eine ganze andere Situation!«, sagte Agnes.
    Cyprian schüttelte den Kopf. Er ließ den Blick seiner Frau nicht los. Agnes schniefte und biss die Zähne zusammen, um nicht ebenfalls wieder in Tränen auszubrechen.
    »Es wäre mir nicht mal aufgefallen«, sagte Agnes schließlich. »Alexandra hat sie in ihr Kleid gesteckt und ihr befohlen, sich auf das Bett zu legen, den Rücken zur Tür, und so zu tun, als schlafe sie.«
    »Ich bin wirklich eingeschlafen«, schluchzte die junge Frau. »O Fräulein Khlesl, vergeben Sie mir, ich bin wirklich eingeschlafen.«
    » Uns solltest du um Verzeihung bitten!«, sagte Agnes, aber die meiste Schärfe war aus ihrer Stimme gewichen und hatte dem Schmerz einer Mutter Platz gemacht, deren eigenes Kind einen raffinierten Plan ausgeheckt hatte, um sie hinters Licht zu führen. »Sie hat geschnarcht. Alexandra schnarcht nicht. Plötzlich wusste ich, dass es nicht unsere Tochter war, die in dem Kleid steckte. Ich ging zum Bett und …« Sie breitete die Hände aus.
    »Wie oft?«, fragte Cyprian.
    Die Magd begann wieder zu weinen. Cyprian wartete ab, obwohl er am liebsten aufgesprungen und aus dem Haus gerannt wäre, in irgendeine Richtung. Als sie sah, dass er nicht zu toben begann, fasste sie sich ein Herz.
    »Das fünfte Mal«, flüsterte sie.
    »Seit wann?«
    »Seit letzten Advent.«
    »Wohin geht sie?«
    »Ich weiß es nicht, Herr Khlesl. Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Mit wem trifft sie sich?«, fragte Agnes.
    Die Magd kniff verzweifelt die Lippen zusammen. Cyprian warf Agnes einen neuerlichen Seitenblick zu. Sie schien sich weit genug gefasst zu haben und zuckte schließlich mit den Schultern.
    »Nicht jeder ist ein so anständiger Kerl, wie du es warst, mein Lieber«, sagte sie mit dem schwachen Anflug eines Lächelns.
    »Deine Mutter hat mich für alles andere gehalten.«
    »Ja«, sagte sie, und ihr Lächeln erlosch.
    »Es ist einer vom Hof«, sagte die Magd resigniert. »Sein Name ist Heinrich von Wallenstein-Dobrowitz.«
    Agnes zuckte mit den Schultern. Dann verengten sich ihre Augen. »Ich glaube, sie hat diesen Namen mal erwähnt. Sie hat gefragt, ob ich ihn kenne. Ich habe

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