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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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glänzende Schuhe an pluderbehosten Beinen. Der Soldat kam auf die Beine, gab dem anderen Mann, mit dem zusammen er zur Tür hereingefallen war, einen Tritt, und sank vor dem König sofort wieder auf die Knie. Ferdinand hielt sein Rapier umklammert und war so bleich, dass Wenzel klar wurde, dass der König an ein Attentat gedacht hatte. Und mit noch größerem Erstaunen wurde ihm klar, dass der zweite Mann Philipp Fabricius war.
    »Eilige Botschaft für Seine Majestät«, keuchte der Soldat und hielt eine Depesche in die Höhe. Er roch nach Schweiß und Pferd und war staubbedeckt, seine Handschuhe dampften, seine Stiefel waren nass, und unter den Riemen der Sporen steckten noch langsam schmelzende Schneereste. Es war offensichtlich, was geschehen war. Der Bote war in das Antichambre gestürmt mit seiner Nachricht, Philipp hatte an derTür gestanden und gelauscht und war, vollkommen überrascht, statt auszuweichen, dem Soldaten direkt zwischen die Beine gerannt, und beide waren als ein Knäuel um sich schlagender Gliedmaßen in das Kabinett geplatzt. Der Erste Schreiber rappelte sich langsam auf, sein standardmäßig gerötetes Gesicht war nahezu violett.
    König Ferdinand pflückte die Nachricht aus der Hand des Soldaten. Er knickte das Siegel, erkannte, dass das Rapier ihn behinderte, legte es kurzerhand auf den Tisch, faltete das Papier auseinander und las. »Das ist in Latein!«, sagte er aufgebracht. »Haben Wir nicht schon lange verboten, wichtige Schriftstücke in Latein zu verfassen?« Dann las er mühsam weiter, und sein Gesicht wurde starr.
    »Antwort zurück, Majestät?«, fragte der Soldat, ohne aufzusehen.
    »Nein«, sagte Ferdinand langsam mit einer vor Wut dicken Stimme. »Nein. Danke, mein Sohn.«
    Der Soldat sprang auf, schlug sich mit der Faust ans Herz, drehte sich zackig um, vergaß nicht, beim Hinausgehen Philipp beiseitezuschubsen, und war verschwunden. Sein Duft hing noch im Raum. Wenzel und Philipp wechselten einen Blick. Philipp senkte die Augen und errötete erneut.
    »Was ist passiert, Majestät?«, fragte Reichskanzler Lobkowicz.
    »Offener Aufstand in Braunau«, sagte der König. »Abt Wolfgang hat versucht, die protestantische Kirche zu schließen. Die Rebellen belagern das Kloster, verstärkt durch ständische Truppen.«
    »Das ist der Anfang«, flüsterte Lobkowicz. Wenzels Blicke huschten von einem der Männer zum anderen. In Martinitz’ und Slavatas Zügen konnte man Ratlosigkeit erkennen, König Ferdinands Gesicht war dunkel vor Wut, Ascanio Gesualdo wirkte aus unerfindlichen Gründen selbstzufrieden, nur Zdenk von Lobkowicz schien ehrlich erschüttert zu sein.
    »Wir müssen uns beraten«, sagte der König schließlich. »Wir müssen sie jetzt aufhalten, sonst steht das halbe Land auf. Raus mit euch.« Er machte eine Kopfbewegung hin zu Philipp und Wenzel. »Kein Protokoll!«
    Wenzel und Philipp verbeugten sich hastig und schlurften rückwärts hinaus, bis sie durch die Türen waren. Draußen angekommen, schloss Philipp sorgfältig die äußere Tür, dann drehte er sich um, lehnte sich an die Wand, wischte sich über die Stirn und ließ einen langen, stotternden Atemzug lang die Luft entweichen. Wenzel stand mitten im Raum und wusste nicht, ob er dem Ersten Schreiber an den Hals springen oder einfach zu Boden sinken und sich weinend zusammenrollen sollte. Philipp grunzte plötzlich, dann begann er, zu kichern und schließlich zu lachen. Wenzel stierte ihn an.
    »Du bist der Beste!«, gackerte Philipp. »Ziehst es voll durch, was? Sogar noch ÝPunkt!Ü zu stottern. Mann, so was hab ich noch nie erlebt! Du bist der Allerbeste, Kleiner!«
    »Wenzel«, knurrte Wenzel durch die Zähne.
    Philipp schlug sich auf die Knie. Er lachte so heftig, dass er an der Wand langsam zu Boden rutschte. Die Tür sprang plötzlich auf, und Wilhelm Slavata kam heraus. Er bückte sich, ohne zu zögern, und klemmte Philipps Ohr zwischen seine Finger. Philipps Gesicht verzerrte sich, als der königliche Statthalter ihn am Ohr in die Höhe zog.
    »Au … aua … Exzellenz, bitte … autsch …!«
    »Jedes Jahr tritt ein neuer Schreiber seinen Dienst hier an«, zischte Slavata, »und bei jedem ersten Einsatz erlebe ich einen vor Angst grünen Burschen, der ÝSeid ihr endlich fertig?Ü oder etwas Ähnliches quietscht, auf das Blatt spuckt oder sonst einen Unsinn anstellt, der einem denkenden Menschen nie in den Kopf kommen würde.«
    »Au …«, machte Philipp, der mittlerweile auf den Zehenspitzen stand

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