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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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und den Kopf schief hielt, um dem unerbittlichen Zug von Slavatas Fingern an seinem Ohr zu folgen.
    »Glaubst du vielleicht, Philipp Fabricius, dass mir nicht schon lange der Gedanke gekommen ist, dass du hinter diesen Streichen steckst?«
    »Aua, Exzellenz!«
    »Hältst du mich für dämlich?«
    »Nein, Exzellenz!« Philipps Stimme verschob sich um mehrere Tonlagen. Slavata hatte den Arm fast ausgestreckt, und man konnte meinen, Philipp hinge an seinem Ohr frei in der Luft.
    »Was tun wir, Philipp Fabricius?«
    »Aargh … es nie wieder, Exzellenz!«
    »Falsch!«
    »Jawohl, Exzellenz … auaaa!«
    »Was tun wir, Philipp Fabricius?«
    »Kei… keine Ahnung, Exzellenz!«
    »Wir denken uns mal was Neues aus!«, brüllte Slavata. »Der Streich mit dem Papier und der abgebissenen Feder und all dem anderen Kram ist hundert Jahre alt! Damit bin ich schon ins Bockshorn gejagt worden, als ich meinen Dienst hier als grünes Bürschchen antrat, und ich bin ein alter Mann!«
    »Aaaah … jawohl, Exzellenz.«
    Slavata ließ Philipps Ohr los, und der Erste Schreiber sank in sich zusammen. Sein Ohr glühte feuerrot. Slavata grinste, als er sich zu Wenzel umdrehte.
    »Allerdings habe ich noch nie einen gesehen, der den ganzen Unsinn bis zum Schluss durchhielt. Alle anderen kamen vorher wieder zu klarem Verstand.«
    »Verzeihung, Exzellenz«, flüsterte Wenzel.
    »Schon gut.« Slavatas Stimme wurde amtlich. »Fabricius, der König braucht doch einen Protokollanten! Graf Martinitz will Blut sehen wegen des Überfalls auf seinen Neffen, und Seine Majestät ist auf seiner Seite.«
    »Sehr wohl«, sagte Philipp schwach.
    »In einer Minute mit Schreibzeug und allem im Kabinett! Abmarsch!«
    Philipp sauste davon. Ein undeutbarer Blick traf Wenzel, doch er glaubte, zumindest darin lesen zu können, dass der Erste Schreiber ihm dankbar war, dass er den Mund gehalten und ihn nicht noch tiefer hineingeritten hatte.
    Slavata lächelte Wenzel an. »Du bist nicht in Ungnade gefallen, keine Angst. Wir waren alle mal jung, außer dem päpstlichen Nuntius, der ist schon so auf die Welt gekommen.« Der königliche Statthalter zwinkerte. Dann wurde sein Gesicht ernst. »Für das, was jetzt besprochen wird, braucht es einen erfahrenen Protokollanten. Und Fabricius ist zwar ein Kindskopf, aber der beste. Und du hast eine Pause verdient. ÝP… Punkt!Ü« Slavata schüttelte den Kopf. »Geh nach Hause, Ladislaus.«
    »Wenzel«, sagte Wenzel, aber er sagte es schon zum Rücken des Statthalters.
    4
    Cyprian fühlte sich müde , durchgefroren, hungrig und gereizt. Die ersten drei Beschwerden kamen von der unermüdlichen Suche nach Hinweisen, wo sich die Kopie der Teufelsbibel aus dem Kuriositätenkabinett befinden könnte, die vierte von ihrer andauernden Erfolglosigkeit. Onkel Melchior hatte sich diesmal gründlich selbst hereingelegt. Natürlich waren sie allen Spuren gefolgt, zum Teil Andrejs rare Beziehungen am Hof aus seiner Zeit als Erster Geschichtenerzähler nutzend. Der alte Kardinal hatte sich nach längerer Beratung widerstrebend dareingefunden, eine so passive Rolle wie möglich zu spielen. Er hatte sich nur schwer damit abfinden können, dass er nicht mehr die Bewegungsfreiheit besaß, die er genossen hatte, als er nur Bischof von Wiener Neustadt gewesen war.Wonach ein Kardinal und kaiserlicher Minister – erst recht jemand mit einer derart hohen Wertung auf der Unbeliebtheitsskala wie der unbeugsame Melchior Khlesl – sich erkundigte, rief deutlich mehr Interessenten auf den Plan als die Nachfragen eines unbedeutenden Bischofs. Gebracht hatten ihre ganzen Nachforschungen nichts. Was ihnen übrig blieb, war, die beiden Männer, denen Onkel Melchior damals halbwegs vertraut hatte, nämlich Zdenk von Lobkowicz und Jan Lohelius, direkt anzugehen. Doch Cyprian hatte davon abgeraten. Wenn die beiden in den makabren Austausch verwickelt waren, dann gaben er und seine Freunde den Vorteil aus der Hand, dass die Gegenpartei nicht wusste, ob ihr Betrug aufgeflogen war.
    Cyprian vermutete, dass die Lösung des Rätsels in dem Umstand zu finden war, dass nicht irgendwelche beliebigen Leichen in der Truhe gelegen hatten, sondern zwei von Kaiser Rudolfs Hofzwergen, unzweifelhaft mit Gewalt vom Leben zum Tode befördert. Aber auch diese Spur verlief im Sand. Alles deutete zwar darauf hin, dass die Unseligen versucht hatten, sich nach dem Tod des Kaisers in seinem Kuriositätenkabinett zu bereichern, wobei sie sich gegenseitig umgebracht hatten, und

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