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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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haben, bevor er durch die Tür schlüpfte.
    Der Dienstbote, der ihn eingelassen hatte, bekreuzigte sich und sagte: »Solche wie die haben in Braunau die ganzen Benediktinermönche erschlagen und das Kloster angezündet. Den Abt, den armen Teufel, haben sie gekreuzigt. Friede ihrer Asche.« Der Dienstbote bekreuzigte sich erneut. »Wir sind noch keine fünf Stunden wieder zurück, da erhält man solche Nachrichten.«
    »Reichskanzler Lobkowicz ist wieder zurück, bitte?«, radebrechte Filippo.
    »Nein, nein, der Herr nicht. Frau Polyxena …« Der Mann musterte ihn. »Frau Polyxena hat wegen der Nachrichten aus Braunau zu Ehrwürden Lohelius schicken lassen. Ich dachte, Sie seien der Bote.«
    »Lohelius«, sagte Filippo, dem es zu schnell gegangen war und der nur diesen einen Namen verstanden hatte. Er nickte und zeigte auf sich. Das Gesicht des Lakaien verzog sich vor Misstrauen. Er schien erst jetzt Filippos jämmerliches Äußeres zu bemerken.
    »Sprechen Sie Böhmisch, Hochwürden?«
    »Nur ein wenig, bitte.«
    »Tut mir leid«, sagte der Lakai und machte einen Schritt auf die Tür zu. »Die Herrschaft empfängt heute nicht.« Er packte die Klinke, dann fiel ihm ein, was draußen wartete. Er erstarrte unschlüssig. Schließlich ließ er von der Tür ab und musterte Filippo. »Was wollen Sie, Hochwürden?«
    »Wenn es Sinn machen würde, es dir zu erklären, mein Sohn, dann brauchte ich nicht deine Herrschaft«, seufzte Filippo auf Latein.
    Zu seiner grenzenlosen Überraschung sagte eine sanfte, rauchige Stimme hinter ihm ebenfalls auf Latein: »Dann erkläre es mir , Hochwürden. Ich höre dir zu.«
    Filippo drehte sich um. Er hatte nicht gehört, dass sie dieTreppe heruntergekommen war, und doch stand sie da auf der letzten Stufe, eine Schönheit in einem weißen Oberkleid mit weiten Hängeärmeln, die in ihrer lichten Farbe wie Engelsflügel wirkten. Die roten Ärmel des Untergewands, die von der Armbeuge abwärts sichtbar waren, und das kleine Dreieck roten Stoffs unterhalb der Halskrause wirkten fast wie ein Schock. Eine Kette goldener Rosen umschloss ihren Hals, weitere goldene Rosen waren auf dem Leibchen des Obergewands aufgenäht, folgten der eleganten Kontur ihres Körpers bis zu der schmalen Taille und flossen vorne auf dem Rock in einer einzelnen Linie zu Boden. Der Schmuck glomm düster auf dem Weiß des Gewandes. Das Haar war hochgesteckt, mit keinem Schmuck darin als der Blüte einer einzelnen frischen roten Rose, die jetzt, im Januar, ein Zauberwerk zu sein schien. Ihr Gesicht war blass, die Augen schimmerten von irgendeinem schwachen Lichtstrahl, den sie allein auffingen. Filippo, der nur wenige Male in seinem Leben das Gelübde der Keuschheit gebrochen hatte, stellte sich plötzlich vor, wie es wäre, wenn sie ihr Haar löste und es ihn duftend umfinge, wenn sie den Panzer ihres Oberkleids öffnete und ihrem Körper erlaubte, sich zu entfalten, und seine Gedanken gerieten ins Stottern und verfingen sich in den Bruchstücken eines Sonetts, das er einmal gehört hatte: Wenn die Liebste sich mir zeigt in Seide/und wenn der Faden, köstlich wie Geschmeide/von ihren Schultern fließt wie Wasser durch die Weide … Schließlich verbeugte er sich.
    »Salve, domina«, sagte er.
    »Woher kommst du, Hochwürden?«
    Er ahnte, dass sie nicht wissen wollte, von welcher Pritsche ihn seine Schritte hierher getragen hatten. »Aus Rom.«
    »Aus Rom – direkt in unser Haus?« Ihr Gesicht zeigte nicht den Anflug eines Lächelns.
    »Nicht direkt.«
    »Sondern?«
    »Auf Umwegen.«
    »Haben all deine Antworten nur zwei Wörter?«
    »Nein, Herrin.«
    Ihr Mund zuckte leicht. »Wenn du warten möchtest, bis sich der Mob draußen zerstreut hat, dann sei willkommen.«
    »Der Mob«, sagte Filippo, »ist einem Suchenden vollkommen egal.«
    »Ein Suchender? Was suchst du?«
    Filippo wusste, dass die Wahrheit in diesem Fall am mächtigsten war. »Den Glauben«, sagte er.
    »Und du hoffst, ihn hier zu finden?«
    »Hier hoffe ich eine Antwort zu finden.«
    »Eine Antwort, die auch nur zwei Worte hat?«
    »Vielleicht«, sagte Filippo. »Wie wäre es mit: Codex gigas ?«
    Sie schwieg so lange, dass Filippo dachte, er sei völlig auf dem Holzweg. Doch dann merkte er, dass sich die Atmosphäre plötzlich geändert hatte. Ihre schlanke, hochgewachsene Figur schien nun eine Kälte auszustrahlen, die vorher nicht da gewesen war. Bestürzt wurde ihm klar, dass sich die Kälte gegen ihn richtete.
    »Folge mir«, sagte sie und stieg

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