Die Wächter Edens
real sein, dennoch hatte er es erlebt.
»All die Wunder und Schrecken der Vergangenheit«, flüsterte er vor sich hin.
Drei
M it einem Mal hatte sich der Anblick der kleinen Kirche für Toni völlig verändert. Als er am frühen Nachmittag eingetroffen war, hatte der alte Steinbau klein und verschlafen gewirkt. Die bunten Bleiglasfenster waren schön anzusehen gewesen. Toni hatte sich vorgestellt, wie das Licht wohl zur Ostseite hereinschien, während der Pfarrer den Gottesdienst abhielt.
Jetzt wirkte die Kirche alles andere als klein oder gar gemütlich. Toni konnte seine Gedanken nicht von der Waffenkammer losreißen, die im Keller des Baus lag und mit deren Inhalt man einen mittleren Guerillakrieg hätte ausrüsten können. Die Kirchenfassade war nicht mehr als das – eine Tarnung für einen kleinen Militärkomplex.
Shane parkte den Van hinter der Kirche. »Wir sind da«, sagte er mit ungewohnt ernster Stimme. Toni wollte gerade aussteigen, doch der Hüne hielt ihn zurück. »Egal was wir auch tun werden, vergiss nicht: Hier gibt es keinen Welpenschutz.«
Toni nickte langsam und vergewisserte sich, dass die Pistole noch im Holster steckte.
Sie betraten die Kirche durch eine schmale Seitentür, hinter der sich ein kleines Vorzimmer befand. Hier führte ein offener Durchgang in den Kirchensaal und eine weitere Tür in den anhängenden Gebäudekomplex, der vermutlich die Privaträume von Pfarrer Markwart beherbergte und ein paar zusätzliche Schlafzimmer. Toni vermutete, dass er auch in der Kirche wohnen würde.
Toni folgte den anderen ins Mittelschiff. Dort unterhieltsich Pfarrer Markwart mit dem blonden Mann, den Shane und Noriko Vincent nannten. Toni fühlte sich mit einem Mal beobachtet, obwohl beide Männer ihnen den Rücken zuwandten. Er hatte sich schon am frühen Nachmittag unwohl gefühlt und er wusste, dass das Gefühl nicht von Alfred Markwart ausging, denn mit ihm hatte er eine ganze Stunde verbracht, ohne dass sich seine Nackenhaare aufgerichtet hatten.
Vincent allerdings verunsicherte Toni über alle Maßen. Seine kerzengerade Haltung, seine fließenden Bewegungen … alles wirkte für sich allein äußerst kontrolliert und zusammengenommen nahezu perfekt.
Das ist es! , erkannte Toni. Er wirkt geradezu makellos!
Und diese Perfektion, die durch die völlige Kontrolle seiner Erscheinung entstand, erzeugte wiederum ein Maß an Erhabenheit und Faszination auf die Umwelt, wie der junge Antonio Lucina es noch niemals zuvor erlebt hatte.
»Gott sei mit dir, Alfred«, verabschiedete Vincent den Pfarrer und wandte sich den Paladinen zu. Er musterte Toni aus strahlend blauen Augen, und er hatte das Gefühl, dass der blonde Mann direkt in ihn hineinsah. Bis hinunter in seine Seele.
Ein eisiger Schauer lief ihm über den Rücken, und die Gänsehaut ließ ihm die Haare an den Armen zu Berge stehen.
»Wir konnten ihn nur Vlad vorstellen«, durchbrach Shane die Stille. »Mehr haben wir nicht geschafft.«
Vincent nickte langsam, ohne dabei den Blick von Toni zu lösen. »Wie hat er es aufgefasst?«
Shane lachte. »Nicht schlechter als Noriko oder ich am ersten Tag, denke ich.«
»Haltet ihr ihn für geeignet?«, fragte Vincent weiter.
Toni fühlte Beklemmung in sich aufsteigen und seineKehle wurde trocken. Warum redet er nicht mit mir? Warum starrt er mich unentwegt an?
»Ich denke, dass er eine gute Ergänzung für das Team wäre«, antwortete Noriko. Toni fiel auf, dass sie Vincent nicht ansehen konnte, ohne rot zu werden.
»Er hat Angst«, stellte Vincent nüchtern fest.
»Er ist gerade dem Vater aller Vampire begegnet«, hielt Shane mit seiner unbekümmerten Art dagegen. »Er hat gekotzt, aber sich nicht in die Hosen gepisst. Ich mag ihn.«
Nun huschte Vincent ein Lächeln über die Lippen, doch es wirkte auf eine Art steif und gekünstelt. »Es gibt wenige Dinge, die Shane MacRath nicht leiden kann.«
»Mir wurde mal gesagt, das sei eine meiner besten Eigenschaften.« Shane setzte einen ernsten Gesichtsausdruck auf, den Toni dem Schotten schon gar nicht mehr zugetraut hatte. »Aber warum hast du uns gerufen? Wir wollten ihm noch die Hexen zeigen.« Er zwinkerte Toni zu. »Genug Monster für einen Tag.«
Vincents Blick verfinsterte sich. »Der Vorfall von letzter Nacht …«
»Kontrolle und Segnung des Bereichs!«, platzte es aus Shane heraus. »Das hätte ich beinahe vergessen!«
Vincent nickte. »Ich möchte, dass ihr die Station untersucht. Ein so öffentlicher Ort war nicht
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