Die Wächter Edens
freie Stelle bei uns gab?«, lachte Shane.
Toni schüttelte den Kopf, fasste sich aber so weit ein Herz, dass er wieder aufstand, den Sessel aufrichtete und sich erneut Dracula gegenübersetzte. Jede Faser seines Körpers wollte davonlaufen, doch die Tatsache, dass Shane und Noriko gelassen auf dem Sofa saßen, als wären sie bei einem Bekannten zum Tee, machte ihn neugierig. Ein Teil von ihm glaubte auch immer noch, jeden Moment aus dem Albtraum zu erwachen. »Aber wie ist das möglich?«, fragte er erneut.
Noriko seufzte. »Gott existiert. Und siehst du nicht, was die logische Schlussfolgerung daraus ist?«
Tonis Atem ging schwer, er hatte das Gefühl, jeden Moment einen Herzanfall erleiden zu müssen. Seine rechte Hand griff bereits wieder nach dem Eimer, doch er hatte sich noch unter Kontrolle. »Okay. Gott existiert … und auch Dracula.« Er blickte sich Hilfe suchend um, doch Shane und Noriko sahen ihn nur neugierig an. »Ihr bezeichnet euch als verlängerten Arm der Inquisition …«, fuhr er fort. »Bedeutet das, dass es auch Hexen gibt?«
Shane nickte. »In unserer Umgebung leben nicht weniger als fünf.«
»Werwölfe?«, fragte Toni weiter.
»Ja, aber sie wurden fast ausgerottet«, sagte Noriko.
»Gott existiert … Was ist mit der Hölle?«
Shane beugte sich nach vorn. »Es ist alles wahr, Toni. Alles. Alle Bibelgeschichten, alle Berichte über Fabelwesen, Werwölfe, Vampire, Elfen, Geister, Hexen. All diese Dinge sind Wirklichkeit, Toni.«
Toni wurde schwindelig. »Und was machen wir?«
»Wir sind Paladine«, erklärte Shane. »Heilige Krieger, die dafür sorgen, dass der Frieden gewahrt bleibt.«
»Der Frieden?«
»Zwischen Menschen und Halbwesen«, antwortete Noriko.
Vlad schnaubte verächtlich. »Ihr seid Schafhirten, weiter nichts.«
Toni wedelte mit den Armen. »Okay, okay. Aber was macht Dracula in so einer Absteige?«
Shane lachte, was einen säuerlichen Ausdruck auf Vlads Gesicht zauberte. »D. gehört im weitesten Sinne zu uns.«
Toni runzelte skeptisch die Stirn.
Vlad entrang sich ein Lächeln. »Sehen Sie, ich lebe schon seit 600 Jahren. Und wurde beinahe ebenso lange gejagt. Was glauben Sie, wie oft ich in der Vergangenheit die Kirche bestechen musste, um nicht hingerichtet zu werden?«
Toni zuckte mit den Schultern. Er war sich nicht sicher, ob er wach und bei klarem Verstand oder in einem wirklich schrecklichen Albtraum gefangen war. Er hatte das Gefühl, einfach nur verrückt zu werden, und Angst, dass sie ihn bei diesem Monster zurücklassen könnten. Also versuchte er, sich so gut es ging zusammenzureißen.
Shane deutete auf Vlads rechtes Fußgelenk. »D. steht seit Jahren unter Hausarrest.«
Tonis Blick folgte dem ausgestreckten Zeigefinger mit den Augen und erblickte ein kleines Kästchen, das um Vlads Bein geschlungen war. »Ein Peilsender?«
Shane nickte.
»Man ließ mir die Wahl«, sagte Vlad. »Entweder ich verdinge mich als Informant für die Wächter oder ich werde den Sonnenaufgang sehen.« Er seufzte. »Und da man mir keine Absolution gewähren würde, wäre die Alternative zu diesem … Überleben … die Hölle.«
Toni nickte langsam. »Das alles klingt ziemlich verrückt.«
»Aber es ist wahr«, fuhr Shane fort. »D. hat sich als nützlicher Informant erwiesen.«
»Was mich wieder daran erinnert, dass mir eine bessere Unterkunft versprochen wurde«, warf Dracula ein.
»Wir arbeiten dran«, versprach Shane. »Die Kirche hat noch genug Immobilien – da ist bestimmt ein netter Keller für dich dabei.«
Vlad lachte gekünstelt. »Immer zu einem Scherz aufgelegt, nicht wahr?« Er blickte Shane fest in die Augen, und für einen Moment schien sich etwas Raubtierhaftes darin zu spiegeln. »Was machst du, wenn ich jemals wieder freikommen sollte?«
Shane lächelte gelassen. »Dann werde ich dunkle Ecken meiden.«
Dracula lehnte sich wieder entspannt zurück. »Ich denke, er hat nun alles gesehen, nicht wahr?«
Noriko nickte und stand auf. »Kommt, wir schaffen noch ein paar Stationen, bevor Vincent uns erwartet.«
Toni war schon aufgestanden, bevor sie den Satz vollendet hatte. Bloß weg von hier! , dachte er. Weg aus diesem Albtraum. Weg aus dieser Stadt. Weit weg!
Als die Wohnungstür hinter ihnen ins Schloss fiel, übergab sich Toni erneut keuchend und hustend auf die Marmorfliesen.
Shane tätschelte ihm den Rücken. »Ist okay, lass es raus. Das ging uns allen so am Anfang.«
»Was zur Hölle war das?«, fragte Toni, als er seinen Magen
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