Die Wächter Edens
sich mit der Gabel einen Haufen soßentriefender Nudeln und ein Stückchen Fleisch in den Mund. »Mann, ist das gut!«
Toni stimmte ihm zu. Das Fleisch zerging fast auf der Zunge, die Kartoffel war perfekt und die Kräuterbutter sicherlich selbst gemacht – jedenfalls kein gekauftes Billigprodukt. »Du hattest recht, das Essen hier ist wirklich gut.«
»Noriko mag die rustikale Küche nicht. Und Vincent macht sich nicht viel aus Essen.« Er legte den Kopf schräg. »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt Essen braucht.«
Toni rief sich die letzten Tage in Erinnerung. »Ich könnte es jetzt auch nicht sagen. Er ist aber auch nicht gerade ein geselliger Typ.«
Shane zuckte mit den Schultern. »Irgendwie verständlich. Wenn ich Alfred richtig verstanden habe, dann hängt Vincent schon eine Weile hier bei uns rum.«
»Also redet er mit Alfred?«
Shane nickte zögerlich. »Früher einmal.«
»Ich habe neulich gehört, wie Alfred ihn bat, wieder an den Gottesdiensten teilzunehmen.«
»So, so«, feixte Shane, »hast du sie also belauscht?«
Toni schüttelte den Kopf, jedoch nur zögerlich. »Nein … na ja, irgendwie wohl doch … aber nicht absichtlich.«
Shane lachte. »Keine Sorge, das passiert. Aber es stimmt, Vincent schottet sich in letzter Zeit noch stärker ab als sonst.«
Toni blickte sich verschwörerisch im Lokal um, doch an ihrem Tisch waren sie ziemlich abgeschirmt. »Hast du keine Angst, so offen über das alles zu reden?«
Shane grinste breit. »Die Leute reden über so viel Unsinn, da falle ich nicht weiter auf.« Er taxierte Toni mit seinen blauen Augen. »Und selbst wenn uns jemand belauscht … hättest du vor zwei Wochen auch nur ein Wort davon geglaubt?«
Toni lachte trocken. »Wohl kaum.«
»Siehst du. Also warum sollte Lieschen Müller eher die Wahrheit erkennen als Antonio Lucina?« Er zückte sein Portemonnaie und legte ein paar Geldscheine auf den Tisch. »Komm, wir sollten zurück zum Nest. Noriko hat sich mittlerweile sicher beruhigt.«
»Müssen wir nicht auf den Kellner warten?«
Shane winkte ab. »Die kennen mich. Die wissen, dass ich sie nicht bescheiße.«
*
Tom und Arienne bezahlten, kurz nachdem die beiden Männer das Lokal verlassen hatten. Während des gesamten Weges zurück zu Toms Kombi sprachen sie kein einziges Wort miteinander.
Selbst als sie schon im Auto saßen, schwiegen sie. Tom fuhr aus dem Parkhaus hinaus und fand sicher den Weg zur Kirche zurück. Erst als sie wieder zwischen dem Kleinwagen und dem SUV standen, sprachen sie über dieUnterhaltung der beiden Männer, die sie belauscht hatten.
Der Minivan stand ebenfalls wieder an seinem alten Platz hinter der Kirche.
Tom drückte den Türknopf und schloss sie im Fahrzeug ein. Normalerweise hätte Arienne ein solches Verhalten in einem ruhigen Wohnviertel übertrieben gefunden, aber plötzlich erschien ihr selbst der verriegelte Kombi alles andere als sicher.
»Okay …«, begann Tom und suchte offensichtlich nach den passenden Worten, die ihm nicht einfallen wollten.
»Sie sind verrückt«, hauchte Arienne. »Einfach absolut verrückt. Hast du dasselbe gehört wie ich?«
Tom nickte, schüttelte dann aber den Kopf. »Es könnte auch eine Art Geheimsprache sein«, überlegte er. »Vielleicht sind sie nicht wirklich verrückt, sondern …«
»Tom!«, unterbrach sie ihn. »Was soll daran denn Geheimsprache gewesen sein? Sie haben von Dingen gesprochen, die es nur in Albträumen gibt!«
»Ja, gerade das meine ich ja. Vielleicht stehen all diese Worte für etwas anderes.«
»Und was soll das sein? Ist Engel jetzt ein anderes Wort für Polizist? Und Dämon für Penner?«
»Ich weiß es nicht.« Er entließ seinen Atem in einem langen Seufzer. »Aber was sollen wir jetzt tun? Hast du den Riesen nicht gehört? Er macht das schon seit siebzehn Jahren! Wie soll das gehen? Das ist ein waschechter Massenmörder. Und die Kirche hält ihre schützende Hand über ihn?«
Arienne schüttelte den Kopf. »Das ist einfach unglaublich.« Sie entriegelte die Tür und stieg aus. »Bin gleich wieder da.« Sie schloss die Tür und ging zum Anschlagkasten der Kirche. Die Straße war rutschig vom Schnee undsie musste höllisch aufpassen, nicht auszugleiten und sich beim Sturz nicht etwas zu brechen.
Der kleine Glaskasten bot nicht viele Informationen, aber zwei davon stachen ihr ins Auge. Jeden Mittwoch hielt Pfarrer Alfred Markwart eine Abendandacht ab. Sie prägte sich die Uhrzeit der Messe ein und
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