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Die Wächter Edens

Die Wächter Edens

Titel: Die Wächter Edens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Bellem
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einzige Mann ist.«
    Toni wollte bereits etwas erwidern, als er Shanes Worte richtig verstand. »Du meinst … du und … Noriko?«
    Shane sagte nichts, doch sein Blick verriet Toni mehr,als er wissen musste. Und wieder hatten sie eine der wenigen Situationen geschaffen, in denen das Lächeln aus Shane MacRaths Gesicht verschwand. Jedoch nur für einen Moment, dann lachte er wieder herzhaft und klopfte Toni brüderlich auf die Schulter. »Die Vergangenheit soll man ruhen lassen. Und du hast ganz schön Mumm, dich mit mir anzulegen.«
    »Na ja, ich denke …«
    »… mit dem Herzen«, fiel Shane ihm ins Wort. »Und das ist eine gute Eigenschaft. Du passt gut zu uns, das weiß ich.« Er rieb sich nachdenklich das Kinn. »Na ja, vielleicht hast du recht und ich sollte mich bei ihr entschuldigen.« Er wartete keine weitere Antwort ab, stand auf und war auch schon aus der Wohnküche verschwunden.
    Toni schüttelte einen Moment perplex den Kopf, ehe ein Grinsen auf seinen Lippen erschien. Jeder trägt seine Geheimnisse mit sich herum , dachte er. Aber Shane und Noriko? Er kicherte leise. Er zuckte mit den Schultern und führte die Tasse zum Mund. Der Duft des heißen Kaffees stieg ihm in die Nase und verbreitete ein wohliges Gefühl von Gemütlichkeit. Toni mochte den Geschmack nur bedingt, er trank lieber Wasser oder Saft, aber nichts versprühte ein derart anheimelndes Gefühl, wie frisch aufgebrühter Kaffee. Sein Blick schweifte über den kleinen Esstisch zur Küchenzeile und dem bullaugenähnlichen Fenster.
    Letzte Nacht hatte es geschneit, was der Welt einen weißen Anstrich verpasste. Früher hätte ich die besinnlichen Tage vor Weihnachten genossen , dachte er. Ich hätte mich in meinen freien Stunden vor einen Kamin oder ein Fenster gesetzt und ein gutes Buch gelesen. Heute sitze ich in einer kleinen Küche und frage mich, wann wir dem nächsten Albtraum begegnen.
    Er betrachtete die kleinen Häuser der Straße. Vermutlich waren sie von alten Ehepaaren oder jungen Familienbewohnt. Unwissenden Menschen, die, wie er früher, die besinnlichen Feiertage erwarteten. Menschen, deren Unwissenheit ihr Segen war. Und diese Unwissenheit musste er schützen. Er verstand das allmählich. Und er empfand es schon beinahe als Ehre, dass Rom ihn entsandt hatte.
    Denn trotz aller Schrecken, denen er begegnen würde – Shane hatte recht, ihre Aufgabe glich einem gelebten Wunder. Toni konnte zum Fenster hinausblicken und Gottes Schöpfung viel bewusster genießen. Nicht, weil er früher im Glauben an den Schöpfer gezweifelt hätte, sondern einfach, weil er nun Gewissheit hatte.
    Es besteht ein Unterschied zwischen Glauben und Wissen , dachte er, während er an seinem Kaffee nippte. Der Glaube lässt immer Raum für Zweifel. Denn nur indem wir die Zweifel überwinden, können wir unseren Glauben bekennen. Doch aus Glauben folgt keine Erkenntnis, aus Glauben folgt Vertrauen. Erkenntnis erlangt man durch Wissen.
    Toni seufzte, als ihm bewusst wurde, dass er durch seine Aufgabe dazu beitrug, dass kaum ein Mensch jemals wahre Erkenntnis erlangen würde. Für die übrigen Menschen bleibt nur das Vertrauen übrig. Und wie viel leichter kann man Vertrauen erschüttern als eine tiefe Erkenntnis untergraben …
    Wenig später kehrte Shane mit gesenktem Haupt zurück. »Hattest recht. Das war Kacke von mir.«
    »Ist sie noch sehr böse?«
    Der Hüne nickte. »Und ich hab mit Alfred gesprochen. Vincent ist wohl schon ganz früh aufgebrochen. Vor heute Abend kommt er nicht zurück.«
    »Und das heißt?«
    Shane lächelte ihm breit entgegen. »Das heißt, dass wir zwei heute auswärts essen und mal für uns sind.«
    Toni zögerte keinen Augenblick. Die letzten Tage war er kaum an die frische Luft gekommen.
    Shane klimperte mit dem Autoschlüssel vor seinem Gesicht. »Aber eins ist klar: Der Fahrer bestimmt die Musik.«
    Toni schüttelte lachend den Kopf. »Einverstanden.«
    »Du solltest dich wärmer anziehen«, sagte Shane und zog seinen Mantel an.
    Toni nickte, griff sich Handschuhe und Schal, dann waren sie schon auf dem Weg zum Van.
    Shane kratzte rasch die Fensterscheiben frei, ehe sie losfuhren. Wenn er auch die Seitenspiegel vernünftig enteist hätte, wäre ihm vielleicht ein alter Kombi aufgefallen, der ihnen folgte.
     
    Sie stellten den Wagen in einem Parkhaus im Stadtzentrum ab und liefen die Fußgängerzone entlang.
    »Ich kenne da ein ganz wunderbares Restaurant«, versprach Shane. »Deftige Kost, aber lecker. Und sehr

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