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Die Wächter Edens

Die Wächter Edens

Titel: Die Wächter Edens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Bellem
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wiedersehen, aber bis dahin fehlst du mir einfach so sehr.«
    Sie schluckte ihre Trauer herunter. Der Tod ihres Vaters lag nun schon so viele Jahre zurück, und momentan gab es wichtigere Dinge, als die Gefühle des kleinen Mädchens in ihr, das sich noch immer nach einer Umarmung sehnte.
    Arienne sortierte sich, atmete tief durch und schloss die Augen. »Ich habe dich gestern gesehen«, sagte sie schließlich. »Besser gesagt: nicht dich, glaube ich, aber etwas wie dich.«
    Sie machte eine kleine Pause und suchte nach den nächsten Worten. »Ich habe immer geglaubt verrückt zu sein«, gestand sie. »Aber seit gestern Nacht bin ich mir sicher, dass nicht ich verrückt bin, sondern die ganze Welt um mich herum.«
    »Damit haben Sie vielleicht sogar recht«, erklang eine seltsam vertraute Stimme.
    Arienne erstarrte zur Salzsäule, wagte nicht sich umzudrehen. Es ist der Pfarrer! , schoss es ihr durch den Kopf. Und vor ihrem inneren Auge lief bereits der Film ab, wie er sie hier auf dem Friedhof einfach erschlagen und dann in einem noch offenen Grab verscharren würde.
    »Es sind … nicht die besten Zeiten«, fuhr Pfarrer Markwart fort.
    Arienne spürte, dass er noch hinter ihr stand, und sie fragte sich, was sie von ihm eigentlich zu befürchten hatte.Er wusste nicht, dass sie ihm und seinen Mördern auf der Spur war. Doch je länger sie mit einer Antwort wartete, desto misstrauischer konnte er werden. Sie drehte sich langsam um und setzte ein gekünsteltes Lächeln auf, wie sie es als Reporterin gewohnt war. »Sie haben mich jetzt wirklich erschreckt«, versuchte sie ihr Zögern zu erklären.
    »Das tut mir sehr leid.« Er warf einen Blick auf den Grabstein und nickte dann verstehend.
    »Sind Sie allein hier?«, fragte Arienne und hätte sich im nächsten Moment am liebsten die Zunge abgebissen. Frag ihn doch gleich, ob er seine Mörder im Schlepptau hat , schalt sie sich.
    Die kleine Hoffnung, dass Pfarrer Markwart nicht misstrauisch wurde, starb mit seinem resignierenden Lachen. »Ja, ich bin alleine. So wie Sie.«
    Arienne riss erschrocken die Augen auf. Scheiße, jetzt bringt er mich um!
    Sie wollte schon laut kreischend davonrennen, als Pfarrer Markwart vor ihr auf die Knie fiel. »Bitte, hören Sie mich an. Ich schwöre Ihnen, dass Sie nichts zu befürchten haben.«
    Arienne war so perplex, dass sie völlig vergaß davonzulaufen.
    Der Pfarrer stand wieder auf und plötzlich wirkten seine Augen traurig und müde. »Bitte … gehen Sie ein Stück mit mir spazieren. Das ist alles, worum ich Sie bitte.«
    Arienne nickte langsam. »Sie haben mich gestern erkannt.«
    »Nur als neue Kirchgängerin«, gestand er. »Dass Sie weit mehr sein könnten, wurde mir erst in der Nacht bewusst. Und als ich Ihr Selbstgespräch mit anhörte, da war es klar.«
    »Scheiße«, fluchte sie leise. »Hätte ich mal lieber nicht laut gedacht.«
    »Ich heiße übrigens Alfred«, stellte er sich lächelnd vor. »Und Sie?«
    »Arienne«, antwortete sie, ohne zu zögern. Es schien jetzt nicht länger von Bedeutung, ob ihr Name geheim blieb, denn ihre Identität war es nicht mehr. »Ich werde die Polizei rufen müssen«, sagte sie, bevor Alfred weitersprechen konnte. »Ich kann Sie mit den Morden nicht davonkommen lassen.«
    Er seufzte schwer. »Vor nicht allzu langer Zeit hätte ich Ihnen widersprochen. Ich hätte versucht Sie zu überzeugen, dass wir Gotteswerk verrichten, keine Morde begehen. Dass wir die Menschen beschützen.« Er machte eine kleine Pause, in der er zum Himmel emporblickte. »Heute bin ich mir nicht mehr sicher.«
    Arienne wollte etwas sagen. Wollte ihm ins Gesicht schreien, wie ungeheuerlich sie eine solche Aussage fand, doch sie konnte es nicht. Er wirkte nicht wie der durchschnittliche Massenmörder. Aber die sollen privat ja immer ganz nett und unauffällig sein , dachte sie dann. Doch Alfred Markwart schien ein noch gequälterer Geist zu sein, als sie selbst es war.
    »Sie haben gestern Nacht etwas gesehen, nicht wahr?«, fragte Alfred direkt. »Etwas, das sie sich nicht erklären können.«
    »Und was sollte das sein?«
    »Das Licht«, sagte er ehrfürchtig. »Das Licht.«
    Arienne blieb stehen. »Woher wissen Sie das?«
    »Und jetzt wissen Sie nicht, was sie tun sollen … was Sie glauben sollen«, überging er ihre Frage. Alfred wandte sich ihr zu und blickte ihr fest in die Augen. »Vertrauen Sie auf Gott.«
    »Wie soll ich auf Gott vertrauen, wenn seine Vertreter mordend durch die Stadt ziehen?«
    Wieder

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