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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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hielt uns durch die Jahre der Sklaverei und der Verbannung aufrecht. Und tatsächlich kehrten wir stets nach Hause zurück. Und so werdet auch Ihr eines Tages Eure Heimat wiedersehen.«
    Er legte Cosimo aufmunternd eine Hand auf den Arm. Und auch Rahel, Elias’ Frau, die, obgleich sie bereits fünfzig Jahre zählte, immer noch wunderschön war, schenkte ihm ein freundliches Lächeln.
    Warum?, dachte Cosimo, während Elias sich erhob, alle am Tisch Versammelten schwiegen und er auf Hebräisch eines der traditionellen Gebete zu sprechen begann. Warum haben sie mich zum Sukkoth eingeladen?
    Er war ein Fremder aus einem fernen Land, das diese Menschen nur aus vagen Erzählungen kannten. Er war noch nicht einmal Jude, er war Christ. Und das Laubhüttenfest war eines der religiösen Feste im Laufe des Jahres. Es erinnerte – so hatte man ihm wenigstens erzählt – die Juden an ihren Auszug aus Ägypten. Es war ein Fest, das innerhalb der Familie gefeiert wurde. Und doch hatte Elias ihn eingeladen. Warum? Cosimos Blicke ruhten auf den Kindern, die mittlerweile Fangen spielten , und plötzlich steckte ein Kloß in seinem Hals, und seine Augen begannen zu brennen, als hätte der Wind Sand hineingeweht . Enkel. Ihm selbst war es nicht vergönnt gewesen, eigene Kinder und Enkel aufwachsen zu sehen. Obgleich er bereits das Alter überschritten hatte, in denen andere Männer voller Stolz ihre Urenkel auf dem Schoß schaukelten, hatte er nicht einen einzigen Nachkommen. Seine Familie bestand aus Anselmo. Und natürlich den zahlreichen Medici, die mittlerweile über ganz Italien verstreut lebten. Doch dies war kein Ersatz für eigene Kinder. Das Elixier hatte einen hohen Preis von ihm gefordert.
    Elias hatte wieder Platz genommen, und alle begannen zu essen. Es war eine fröhliche Mahlzeit, bei der Cosimos trübe Gedanken schnell vertrieben wurden. Rahel reichte ihm gerade zum zweiten Mal die Platte mit dem Fleisch, als ein Mann durch den Garten angelaufen kam. Er winkte und ruderte schon von weitem mit den Armen. Rahel stellte die Platte langsam wieder auf den Tisch. Ihr Gesicht war blass geworden, und auch Elias wirkte plötzlich angespannt, als würden beide mit schlechten Neuigkeiten rechnen.
    »Herr! Herr!« Der Mann rannte herbei, und sie konnten sehen , dass er eine Schriftrolle in der Hand hielt. Schnaufend und keuchend blieb er vor Elias stehen.
    »Was willst du, Simon? Weshalb bist du nicht am Tor?«, fragte Elias, und Cosimos Aufmerksamkeit entging nicht das Zittern in seiner Stimme. Er stand auf. Am Tisch war es still geworden, selbst die Kinder schwiegen, und alle Augenpaare waren auf den Mann mit der Schriftrolle gerichtet. Rahel raffte ihr Tuch eng unter dem Kinn zusammen, doch Cosimo hatte nicht den Eindruck, dass sie fürchtete, es würde ihr von Kopf und Schultern rutschen. Er glaubte vielmehr, dass sie betete . Kaum sichtbar bewegten sich ihre Lippen.
    »Herr, ein Bote hat soeben diesen Brief abgegeben«, antwortete der Mann und rang nach Luft. »Er sagte, es sei dringend , und ich solle laufen, damit …«
    »Gib mir den Brief«, sagte Elias ruhig und streckte die Hand nach der Schriftrolle aus.
    Doch der Diener schüttelte den Kopf. »Nein, Herr, der Brief ist nicht für Euch bestimmt«, erwiderte er, und Cosimo sah, wie Rahel vor Erleichterung ein Stück in sich zusammensank. »Er gilt Eurem Gast.«
    Es dauerte ein paar Herzschläge, bis Cosimo begriff, dass er gemeint war. Er war Gast. Ihm galt diese Botschaft. Außer Anselmo wusste niemand, dass er hier war. Was also konnte das zu bedeuten haben?
    Er erhob sich, nahm dem Diener die Schriftrolle aus der Hand und brach das Siegel auf. Mit gerunzelter Stirn las er die wenigen Zeilen in Anselmos hastiger Schrift.
    »Verehrter Vater, Eure Cousine Signorina Anne ist unerwartet aus Florenz eingetroffen. Vermutlich hat sie wichtige Nachrichten für Euch. Ich bitte um Verzeihung für diese Belästigung , doch Eure Anwesenheit hier im Hause ist dringend erforderlich. Kommt bitte so rasch es Euch möglich ist.
    Euer ergebener Sohn
    Anselmo
    PS: Richtet Elias Ben Joshua meine herzlichen Grüße aus und bittet ihn in meinem Namen um Vergebung.«
    Cosimo rollte den Brief wieder zusammen und biss sich nachdenklich auf die Lippe. Signorina Anne war also wieder da. Warum? Seit zweiundfünfzig Jahren hatte er nichts mehr von ihr gehört. Weshalb tauchte sie jetzt plötzlich auf?
    »Schlechte Nachrichten?«, fragte Elias mitfühlend.
    »Nein, nicht direkt. Das heißt, ich

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