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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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und einem Bett allein in einem Raum zu sein, packte ihn das kalte Grausen.
    »Ach du bist es, Elisabeth«, sagte er und versuchte seiner Stimme einen freudigen Ton zu verleihen, während er sie so unauffällig wie möglich wieder in den Flur zurückdrängte. »Ich habe schon sehnsüchtig auf dich gewartet. Ich kann es kaum noch erwarten, endlich den großen Prediger Pater Giacomo mit eigenen Ohren zu hören.«
    »Sei unbesorgt, Bruder, in Kürze wirst du dich selbst davon überzeugen können, welch großen Mann Gott uns nach Jerusalem gesandt hat, um uns von der Plage der Heiden, Juden und Moslems zu befreien. Du wirst sehen, dass wir nicht allein sind. O nein! Unzählige Brüder und Schwestern teilen unseren Glauben und helfen mit, dem Herrn die Wege zu ebnen. Und es werden von Tag zu Tag mehr. Aber nun komm. Und sei leise, damit wir niemanden hier im Haus aufwecken .«
    Anselmo wusste nicht, wie er es schaffte, doch es gelang ihm tatsächlich, Elisabeths Lächeln zu erwidern, obwohl ihm so übel war, dass er glaubte, sich direkt vor ihren Augen übergeben zu müssen.
    Sie verließen das Haus und hasteten so geräuschlos wie nur möglich über den Innenhof. Vor der Stalltür wandte sich Anselmo um und blickte zum Haus zurück. Es lag dunkel und still da wie ein schlafender Riese. Doch an einem der Fenster im ersten Stockwerk erkannte er die schwachen Umrisse einer schlanken Gestalt. Es war Annes Fenster.
    Rashid, dachte er. Er hat es gut. Er kann sich gleich wieder ins Bett zu seiner Geliebten legen, während ich mit dem abscheulichsten Weib der Stadt an meiner Seite durch Jerusalem schleichen muss, um mir die Reden eines Wahnsinnigen anzuhören .
    Sie gingen durch den von einer kleinen Laterne erleuchteten Stall und standen kurz darauf auf der finsteren Gasse hinter dem Haus.
    »Vorsicht!«, flüsterte Elisabeth ihm zu. »Hier ist es sehr dunkel. Halte dich an mir fest, Bruder, ich gehe voraus.«
    O mein Gott, bleibt mir denn gar nichts erspart?, fragte sich Anselmo, als er Elisabeths feuchte, weiche Hand ergriff.
    »Gleich werden wir besser sehen können. In der Straße da vorne brennen nämlich Fackeln«, erklärte Elisabeth. » Trotzdem müssen wir auch dort vorsichtig sein. Die Janitscharen machen regelmäßig ihre nächtlichen Rundgänge. Denen sollten wir besser nicht in die Arme laufen. Einmal hätten sie mich beinahe erwischt. Zum Glück konnte ich mich noch rechtzeitig in einem schmalen Durchgang verstecken. Aber es war knapp. Einer von ihnen stand vor dem Eingang und schnüffelte nach mir wie ein Hund. Aber Gott im Himmel hat seine schützende Hand über mich gehalten. Der Kerl hat mich nicht bemerkt.«
    Wenn du wüsstest!, dachte Anselmo und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Rashid hat dich nicht nur gerochen, sondern auch gesehen. Und er hat dich wiedererkannt.
    »Warum lachst du, Bruder?«, fragte Elisabeth. Sie hatte sich zu ihm umgedreht und sah ihn mit einem etwas beleidigten Ausdruck an. »Machst du dich etwa lustig über mich?«
    »Nein, keineswegs, Schwester«, versicherte Anselmo rasch. »Verzeih, falls du diesen Eindruck hattest. Aber ich freue mich so unbändig darauf, die Predigt von Pater Giacomo zu hören, dass ich unentwegt lächeln muss.«
    Die Worte kamen ihm leicht über die Lippen, und plötzlich hatte er das Gefühl, als trüge er wieder sein Narrenkostüm. Das Kostüm, in dem er auf dem Markt in Florenz Leute verspottet hatte, von denen manche nicht einmal bemerkt hatten, dass er nur seine Possen mit ihnen trieb. Wie Elisabeth. Er lächelte vor sich hin. So betrachtet konnte er bei diesem nächtlichen Ausflug vielleicht sogar seinen Spaß haben.
    Dicht hintereinander eilten sie die Straßen entlang.
    »Heute scheinen keine Janitscharen unterwegs zu sein«, sagte Elisabeth schließlich. Sie blieb stehen und hielt sich keuchend an einer Mauer fest, um Atem zu schöpfen. » Normalerweise höre ich immer ihre Schritte irgendwo in der Ferne.«
    »Ist es denn noch weit?«
    »Nein, Bruder.« Sie schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht war im flackernden Schein der Fackeln rot wie ein reifer Granatapfel. »Gleich sind wir da.«
    Sie bogen um eine Ecke und standen plötzlich vor der Stadtmauer .
    »Hier ist es«, sagte Elisabeth.
    »Hier?« Anselmo sah sich um. Was meinte Elisabeth nur? Hier war nichts. Kein Haus, kein … Und da entdeckte er plötzlich unter achtlos weggeworfenen Strohmatten eine schmale Luke. Sie war alt und sah ziemlich morsch aus. Elisabeth machte sich daran zu schaffen,

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