Die Wächterdämonen: Das Dämonensiegel (German Edition)
wirft, wird es sehr wohl zu meiner Angelegenheit. Ich sehe nur, dass du emotional angegriffen bist u nd dich trotzdem weigerst, dich einer anderen Aufgabe zuzuwenden.“
Eigentlich tat es gerade ziemlich gut, zu merken, dass Leonard trotz der unzähligen Differenzen, die sie ab und zu hatten, hinter ihm stand.
„Lass mir ein paar Tage Ruhe“, bat Seere daher wesentlic h friedfertiger als noch vor fünf Sekunden. „Wenn Dante Desmond bis dahin nicht übernommen hat, mach ich es. Auf das bisschen Zeit wird’s ihm nicht gleich ankommen.“
„Desmond braucht JETZT Hilfe und nicht in ein paar Tagen“, widersprach Leonard und seufzte schwer . „Also schön, ich schiebe das Dantalion zu. Glaub nur nicht, dass er darüber erfreut sein wird, er hat schließlich auch diese Geschichte am Hafen zu regeln, damit die Schmuggler in Ruhe weiterarbeiten können.“
Seere verdrehte die Augen. „Ist das immer noch nicht erledigt?“
Leonard schüttelte den Kopf, bis seine langen Haare mitschwangen. „Leider nicht. Du kennst ja Dantalion. Er spielt fast so gerne wie du.“
Seere seufzte und ließ den Kopf hängen. Ja, er spielte gerne. Nur warum fühlte er sich nun wie ein Verlierer? Das war eine Rolle, die er schon lange nicht mehr angenommen hatte und eigentlich auch nie wieder hatte annehmen wollen.
„Ich glaube, ich werde langsam zu alt für solche Spiele“, murmelte er sich selbst zu, allerdings nicht still genug, um nicht Leonards Aufmerksamkeit zu erregen.
„So ein Unsinn!“, schimpfte Leonard, schüttelte den Kopf, wahrscheinlich über so viel Dummheit seitens seines Untergebenen, wie Seere vermutete, und setzte sich zu ihm auf das Bett, um ihn freundschaftlich in die Seite zu knuffen.
„Wie kann es sein, dass ein Mensch dich so fertig macht, Seere?“
Seere runzelte die Stirn und seufzte genervt . „Er ist nicht wie die meisten Menschen. Er ist ...“ Er brach ab und zuckte mit den Schultern. Wie sollte er Mortens Art nur beschreiben? Wie sollte man etwas ausdrücken, für das es keine Worte gab?
Die goldenen Augen Leonards blitzten gefährlich auf. Seere wusste, das war kein gutes Zeichen.
„Wenn er dich verletzt, töte ich ihn. Dann ist es mir egal, ob er gebraucht wird oder nicht. Zur Not finde ich Ersatz für ihn, aber ich werde nicht zulassen, dass er dir so zusetzt.“
„Nein!“, rief Seere aus. Er hatte es geahnt. Leonard musste es wirklich immer übertreiben. „Nein, das wird nicht nötig sein. Ich bin nur ein wenig sauer.“
Leonard presste die Kiefer aufeinander, was sein Gesicht wieder unbeweglich werden ließ. Die ausdruckslose Miene, die er für gewöhnlich zur Schau stellte, war der beste Schutz bei Kollegen wie Dantalion und Seere, die ihre neugierigen Nasen ständig genau dort hatten, wo sie sie nicht haben sollten.
„Dann hoffe ich für dich, dass du bald bessere Laune hast. Sonst werde ich den Grund für deine Wut abschaffen.“
Seere verdrehte die Augen und fragte sich, wieso Leonard eigentlich jedes Mal so überreagierte, sobald er das leiseste Anzeichen von irgendwelchen Gefühlen zeigte. Wenigstens wusste er, was er zu tun hatte: sich damit zurückzuhalten, irgendeine Regung zu zeigen. Wenn das nicht leichter gesagt als getan wäre ...
Wie hielt Leonard selbst das nur aus? War er aus Stein oder was? Seere lebte immer im Extrem, es gab nicht nur ein bisschen Wut, ein bisschen Enttäuschung oder ein bisschen Frust. Wenn er etwas empfand, dann zu einhundert Prozent. So wie jetzt. Morten würde seinen Zorn auf jeden Fall fr üh genug noch einmal zu spüren bekommen. Vielleicht konnte er sich dann endlich wieder beruhigen.
Bis dahin musste er allerdings unbedingt zusehen, dass Leonard nicht zu viel davon mitbekam, sonst befand sich Morten in noch größerer Gefa hr als ohnehin schon. Seere stutzte und lauschte seinen eigenen Gedanken. Es war absolut ungewöhnlich, dass dieser dämliche Mensch so sehr in seinem Kopf herumspukte und buchstäblich jeden seiner Gedanken bevölkerte. Außerdem hatte es tatsächlich seit Ewigkeiten keiner mehr geschafft, ihn derart wütend zu machen – und mit Ewigkeiten meinte er wirkliche Ewigkeiten. Unwillig gestand er sich ein, mehr verletzt als wütend zu sein. Tatsache blieb es trotzdem , dass er eine solche Erniedrigung seit Jahrtausenden nicht mehr erlebt hatte. Er war froh, dass Leonard nicht mal ansatzweise ahnte, dass ihm eine derartige Demütigung in durchaus schlimmerem Maße bereits widerfahren war. Sonst wäre Morten wortwörtlich
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