Die Wächterdämonen: Das Dämonensiegel (German Edition)
gefallen war. Er rollte sich vom Bauch auf den Rücken und blinzelte verschlafen die Augen auf, um Damian zu betrachten, der lächelnd und in voller Montur vor dem Bett stand.
Morten richtete sich schwerfällig auf und schnaubte. Er hatte vollkommen verdrängt, dass Damian ja heute zurück in seine Heimat musste – er konnte sich noch immer nicht mit dem Begriff ‚Hölle‘ anfreunden, trotz allem – und er Leonards Auftrag zu erfüllen hatte.
„Viel Spaß! Erhol dich gut!“, murmelte er müde und versuchte sich an einem Lächeln, von dem er selber merkte, wie falsch und wackelig es sich auf seinen Lippen anfühlte. Zu seiner Erleichterung sagte Damian nichts weiter dazu, sondern nickte nur, dann verpuffte er wortwörtlich im Nichts.
Morten rieb sich über das Gesicht, starrte einen Augenblick auf den Fleck, an dem vor einer Sekunde noch sein geliebter Dämon gestanden hatte, und ließ sich mit einem schweren Seufzen wieder nach hinten umkippen.
Seine Lust, zu packen und nach Rio zu fliegen, hielt sich in Grenzen. Doch er hatte Leonards Auftrag angenommen, also blieb ihm jetzt nichts anderes übrig. Zudem war ein wenig Ablenkung vielleicht nicht das Schlechteste. So kam er gar nicht erst in Versuchung, Damian hinterherzutrauern.
Brummend stemmte er sich wieder in die Höhe und stand auf. Mit einem herzhaften Gähnen marschierte er ins Bad, um sich frisch zu machen, und befand sich eine halbe Stunde später mit einer Reisetasche bewaffnet vor seinem Schrank. Sein schwarzer Catsuit flog ebenso in die Tasche, wie Jeans und T-Shirts und seine Badehose. Wenn er schon die Gelegenheit hatte, sich ein wenig an der Copacabana herumzutreiben, wollte er das auch ausnützen.
Er sah noch einmal auf dem Flugticket nach und stellte fest, dass er etwa drei Stunden Zeit hatte, bis er am Flughafen einchecken musste. Einen Moment grinste er schief. Der Flughafen, wo alles angefangen hatte.
Mit einem entschiedenen Ratschen schloss er den Reißverschluss seiner Reisetasche. Nein. Er durfte nicht daran denken, wie es zwischen ihm und Damian begonnen hatte. Das würde ihn nur von seiner Arbeit ablenken und die Sehnsucht nach seinem Geliebten ins Unermessliche wachsen lassen.
Morten zog sich an, schnappte sich dann sein Handy und bestellte ein Taxi. Seinen Wagen wollte er lieber nicht für die Zeit seiner Abwesenheit am Flughafenparkplatz stehen lassen. Den Rest der Zeit, bis seine Fahrgelegenheit kam, verbrachte er damit, seine Ausrüstung zu überprüfen, die er schließlich in einem Rucksack verstaute, den er als Handgepäck mitnehmen würde.
Auf die Minute genau ertönte das Hupen des Taxis von der Straße her. Morten nahm seine beiden Gepäckstücke, ging zur Tür, drehte sich noch einmal um und warf einen letzten Blick zurück ins Wohnzimmer. Dann verließ er entschlossen seine Wohnung. Ihm grauste vor dem Flug, der etwas über zwanzig Stunden dauern würde, doch wenigstens waren seine Tickets ja auf die erste Klasse ausgestellt.
– —
Hätte Seere geahnt, was Leonard im Schilde führte, hätte er nicht so einen unbeschwerten Urlaub in der Unterwelt machen können.
Nur eine Sekunde, nachdem er sich aus Mortens Wohnung geblinzelt hatte, materialisierte sich Seere in seinem eigenen Haus in einer abgelegenen Gegend der Niederhöllen. Ein rascher Rundgang verriet ihm, dass alles noch genau so war, wie er es beim letzten Mal verlassen hatte.
Er fühlte sich gut, spürte förmlich, wie die Lebensgeister in ihn flossen und sich seine Kräfte vollkommen auftankten. Der einzige Nachteil hieran war, dass er Morten vermisste. Blieb nur zu hoffen, dass Morten sich nach dem Tod für diese Seite qualifizieren – oder entscheiden – würde. Die Hölle war der Erde nicht allzu unähnlich, es war einfach nur eine andere Dimension, in der andere Regeln galten. Die Körperlichkeit und deren Grenzen waren hier hinfällig. Sogar Menschen entwickelten hier für sie übernatürliche Kräfte, die Unterschiede zwischen Menschen und Dämonen verschwommen. Hier galt das Recht des Stärkeren, die Kraft des eigenen Willens bestimmte alles. Wer also schwachen Willens war, wurde unterjocht und versklavt. Seere selbst hatte ein paar Angestellte, die nicht unbedingt freiwillig auf seinem Anwesen arbeiteten.
Seere war allein durch seinen Ursprung und seine Kräfte dazu bestimmt, zur herrschenden Klasse zu gehören. Doch seine Unstetigkeit hatte ihn in den Wächterjob getrieben. Zudem wollte er dafür sorgen, dass ihre Seite genug Zulauf
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