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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Reverend Bail schicken lassen. Er sollte eigentlich schon hier sein.«
    »Warum haben Sie denn das gemacht?«, fragte Dr. Stephenson.
    »Er kennt fast alle Leute hier«, sagte Dr. Tinn. »Ich dachte, er könnte sie vielleicht identifizieren.«
    »Teufel nochmal, wie ihr überhaupt ein Niggerweib vom andern unterscheiden könnt, ist mir ein Rätsel«, sagte Dr. Stephenson. »Ich frage mich, wie ihr’s anstellt, dass ihr eure Frauen nicht verwechselt. Aber vielleicht tut ihr’s ja auch.«
    Stephenson lachte, als habe er einen wirklich guten Witz gemacht. Er hatte keine Ahnung davon, wie grob er war. Er glaubte zutiefst, dass Farbige und Weiße von Grund auf verschieden waren und dass niemand das bezweifeln könne.
    Ich sah, dass Dr. Tinns Schultern zitterten. Dr. Taylors Gesichtsausdruck veränderte sich. Er schaute kurz zu Boden, dann fixierte er wieder die Leiche.
    Dr. Stephenson sagte: »Jetzt, wo ich sie mir genauer ansehe, glaube ich, dass es ein Panther war.«
    »Ein Panther neigt ebenso wenig wie ein Wildschwein dazu, Menschen an Bäume zu binden«, sagte Daddy. Ich sah, wie sich Dr. Tinns Gesicht ein wenig aufhellte. Das hatte ihm gefallen.
    »Das weiß ich«, sagte Dr. Stephenson, und sein Ton war jetzt schärfer als zuvor. »Ich vermute, dass ein Panther sie getötet hat, und dann kam jemand vorbei, ein paar farbige Jungs, und haben sie an den Baum gebunden.«
    »Und wozu?«, fragte Daddy.
    »Zum Spaß. Warum auch nicht? Sie waren doch auch mal ein Kind. Haben Sie nie Dummheiten gemacht, Constable?«
    »Oft sogar. Aber so etwas hätte ich nie getan, und ich kenne auch keine Jungs, die so was tun würden.«
    »Vielleicht keine weißen Jungs … hören Sie, Tinn, ich will damit überhaupt nichts sagen. Ich kenne Sie. Sie sind in Ordnung. Aber Farbige und Weiße sind nun mal verschieden. Sie wissen das. Tief in ihrer Seele ist Ihnen das klar. Zur Hölle, es ist nun mal so, dass Farbige sich manchmal nicht beherrschen können … und ich glaube, es ist falsch, euch alles vorzuhalten, was ihr so anstellt. Die Jungs werden sich nichts dabei gedacht haben. Sie haben’s einfach gemacht. Wissen Sie, wie wenn man einen toten Fisch findet und ihn vor sich her kickt.«
    »Eine Frau ist kein toter Fisch«, sagte Daddy.
    »Ja, aber glauben Sie nicht, ein Haufen farbiger Jungs spielt gern ein bisschen mit einem nackten farbigen Mädchen herum?«
    »Doc«, sagte Daddy, »Sie haben getrunken. Warum gehen Sie nicht irgendwohin und nüchtern sich aus?«
    »Ich fühle mich großartig.«
    Dr. Taylor, der bis jetzt geschwiegen hatte, sagte: »Doktor, vielleicht haben Sie wirklich etwas zu viel getrunken. Ich sollte Sie nach Hause bringen.«
    »Warum?«, sagte Dr. Stephenson, »da ist doch niemand.«
    Ich hatte gehört, dass seine Frau ihm weggelaufen war, und weil er mir schon immer gemein wie eine Schlange vorgekommen war, konnte ich ihr das nicht verdenken.
    »Sie sollten sich etwas ausruhen«, sagte Dr. Taylor.
    »Ich kann mich auch hier ganz gut ausruhen. Wo immer ich will.«
    Ich sah, wie Dr. Taylor Daddy ansah und den Kopf schüttelte, um deutlich zu machen, dass es ihm leid tat.
    »Ich will Sie hier nicht haben«, sagte Daddy. »Gehen Sie irgendwohin und schlafen Sie Ihren Rausch aus.«
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Sie haben mich genau verstanden. Gehen Sie und werden Sie wieder nüchtern.«
    »Was fällt Ihnen ein, so mit mir zu reden? Und dann auch noch vor diesen farbigen Jungs?«
    »Diese Männer hier sind schon seit Jahren keine Jungs mehr. Und ich rede jetzt nur mit Ihnen. Punkt.«
    »Das hier ist nicht Ihr Bezirk, Constable.«
    »Habe ich vielleicht gesagt, dass ich Sie einsperren will? Jetzt satteln Sie endlich Ihr Pferd.«
    »Ich habe ein Auto.«
    »Das ist eine Redensart, Sie Arschloch.«
    »Arschloch. Sie nennen mich ein Arschloch?«
    Daddy drehte sich um und trat näher an Dr. Stephenson heran. »Das tue ich. Ich nenne Sie ein Arschloch. Ich sage es Ihnen ins Gesicht. Genau jetzt und hier. Ist es nicht schlimm genug, dass eine Frau umgebracht worden ist – und zwar nicht von irgendeinem gottverdammten Panther? Ist das nicht schlimm genug? Ich streite mich nicht mit Ihnen über diesen armen, toten Körper. Verschwinden Sie, bevor ich Sie mit der Stiefelspitze hinausbefördere.«
    »Also, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie …«
    »Sofort. Gehen Sie. Taylor, bringen Sie ihn hier raus.«
    Dr. Taylor berührte Dr. Stephensons Arm, aber er stieß ihn weg. »Ich brauche kein verdammtes

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