Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
Spaß sein. Übrigens: Ich wusste von Anfang an, dass ihr da oben wart. Ihr wart nicht besonders leise. Nur, dass du’s weißt: Die beiden sind gute Jungs. Onkel Pharaoh ist der Grandpa von dem kleinen.«
»Abraham.«
»Ja, Abraham. Und der andere ist Mr. Dales Junge. Mr. Dale ist ein ziemlich guter Farmer. Er macht auf Jahrmärkten bei Ringkämpfen mit, um sich was dazuzuverdienen. Im Ringen ist er gut, hab ich gehört. Sein Junge heißt … warte mal, er heißt …«
»Richard.«
»Ja, Richard. Keine schlechten Spielkameraden für dich, die beiden. Und jetzt erzähle ich dir was Trauriges. Abraham und Richard werden in ein paar Jahren nicht mehr miteinander spielen. Sie werden sich sogar aus dem Weg gehen.«
»Warum, Daddy?«
Daddy sah zu Onkel Pharaoh herüber, als ob er sich vergewissern wollte, dass er ihn nicht hören konnte. »Weil die Welt nicht so ist, wie sie sein sollte. Denk darüber nach, dann kommst du von selbst drauf.«
Das war ich bereits. Ich sagte: »Daddy? Hast du rausgekriegt, wer das dieser farbigen Frau angetan hat?«
»Nein. Ich weiß nur, dass es grauenhaft war. Ich weiß nicht, ob ich irgendwann mehr wissen werde als jetzt.«
»Warum ist Dr. Stephenson gekommen?«
»Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, er wollte sich so was mal ansehen, ohne seine Praxis zu gefährden.«
»Es hörte sich nicht an, als wüsste er viel.«
»Ich glaube, das Ganze ist ihm ziemlich egal. Er wollte derjenige sein, der Kommentare abgibt, nicht ein farbiger Doktor. Ich würde tausendmal lieber zu Dr. Tinn gehen als zu diesem quacksalbernden Idioten. Hör zu. Weiße sind nicht besser oder schlechter als Farbige, und Farbige sind nicht besser oder schlechter als Weiße. Sie alle sind Männer oder Frauen irgendeiner Hautfarbe, manche davon sind schlechter als andere, und manche besser. So muss man die Sache sehen. Ich bin kein gebildeter Mann, Harry, aber das weiß ich.«
»Daddy, Miss Maggie hat gesagt, es wäre vielleicht der Ziegenmann gewesen.«
»Woher weiß sie von der Sache?«
Ich wurde rot. »Ich glaube, ich hab’s ihr erzählt.«
»Na ja, inzwischen ist es sowieso kein großes Geheimnis mehr. Aber bitte behalte solche Sachen möglichst für dich.«
»Ja, Sir. Sie sagte, der Ziegenmann ist vielleicht der Teufel. Oder einer von seinen Dienern. Wie Brezelbub.«
»Sie meint Beelzebub. Nein. Ich hab dir schon gesagt: ich glaube nicht, dass es einen Ziegenmann gibt«, sagte Daddy. »Ich habe mein Leben lang solche Geschichten gehört, aber ich hab ihn nie gesehen. Dass der Kerl ein Diener des Teufels ist, damit könnte sie allerdings recht haben. Aber eben einer aus Fleisch und Blut.«
»Daddy, der, der das der farbigen Frau angetan hat …«
»Miss Sykes, Harry. Sie hatte einen Namen. Jetzt kennen wir ihn.«
»Ja, Sir. Der, der das getan hat … ist er noch in der Nähe?«
Daddy schnitt mit dem Taschenmesser eine Scheibe Wurst ab.
»Ich weiß nicht … ich bezweifle es.«
Da, zum ersten Mal in meinem Leben, dachte ich, dass mein Daddy mich belogen haben könnte.
*
Auf dem Heimweg war es heißer als zuvor, und eine Menge Wasser war verdunstet und hatte die Straße in Matsch verwandelt. Die Straße war schlammig, und wir mussten langsam fahren.
Wir waren noch nicht weiter als ein paar Meilen von Pearl Creek entfernt, als ein schwarzer, völlig verbeulter Ford, der im Schatten eines Hickorybaums stand, auf die Straße und direkt neben uns fuhr, so schnell, dass unser Auto mit Schlamm voll gespritzt wurde.
Ein rotgesichtiger Mann mit einem großen weißen Hut saß auf dem Beifahrersitz. Er hielt seinen Arm aus dem offenen Fenster und deutete auf den Straßenrand.
Daddy fuhr an die Seite und sagte: »Alles in Ordnung, Harry. Er ist hier der Constable. Ich kenn’ ihn. Du wartest hier, verstanden?«
Als Daddy aus dem Auto gestiegen war, rutschte ich hinüber hinter das Lenkrad. Daddy ging zum Heck unseres Wagens, und der Mann auf dem Beifahrersitz des verbeulten Ford, der den großen weißen Hut aufhatte, stieg aus. Er war groß und massig und trug graue Khakihosen. Die Ärmel seines Hemds waren heruntergerollt und zugeknöpft, als wäre es tiefster Winter. Er trug einen Stern am Hemd.
Der Fahrer, der sich vor allem durch eine gelbliche Gesichtsfarbe auszeichnete und dessen flacher brauner Hut aussah wie der Deckel eines Butterfasses, blieb hinter dem Steuer sitzen und kaute Tabak.
Der Mann mit dem großen Hut schüttelte Daddy die Hand. Ich konnte die beiden sehr gut hören.
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