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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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»Eine Sache noch.« Er holte eine lange Pinzette aus seiner Tasche und nahm damit etwas auf, das zwischen den Beinen der Toten lag. »Als ich anfing, diese Gegend ihres Körpers zu untersuchen, fiel das hier aus ihr raus. Es war in sie hineingesteckt worden.«
    »Was ist es?«
    »Sieht aus wie Papier. Aber es ist so blutig und naß, genau kann man das nicht mehr sagen … aber es sieht aus, als wär’s Papier.«
    »Er hat Papier in sie hineingesteckt?«
    »Er hat ein kleines Stück zusammengerollt und da hingesteckt«, sagte Dr. Tinn.
    »Warum?«
    Dr. Tinn schüttelte den Kopf. »Für ihn hat es eine Bedeutung. Aber ich habe nicht die leiseste Ahnung, was.«
    Wir hörten jemand anderen hereinkommen und sprechen, und ich hörte, dass es der Reverend war. Nach der Begrüßung hörte ich, wie der Reverend mit hoher Stimme sagte: »Oh-oh. Oh mein Gott. Das ist Jelda May. Jelda May Sykes. Sie war eine Hure, aber manchmal kam sie vorbei, um sich mit mir zu unterhalten. Immerzu wollte sie sich bessern, die Erlösung erlangen … aber sie konnte nicht. Sie hat in diesen Tanzlokalen unten am Fluss gearbeitet. Hat sich mit Weißen und mit Farbigen eingelassen, sagt man. Sie hatte es mit dem Übersinnlichen.«
    »Dem Übersinnlichen?«
    »Ein afrikanischer Kult. Zaubersprüche, Amulette und so was.«
    »Daran glauben Sie doch wohl nicht?«, sagte Daddy, »Sie, ein Mann Gottes?«
    »Waren ja nicht alles gottlose Zaubersprüche«, sagte der Reverend. »Das arme, arme Ding. Grundgütiger! Wer hat sie so aufgeschnitten?«
    »Teilweise der, der sie ermordet hat, wer immer das ist«, sagte Dr. Tinn, »und teilweise ich, um die Todesursache festzustellen.«
    »Nichts von dem muss noch sein, nachdem einer durch die Demütigungen des Todes gegangen ist. Lieber Gott, was für eine Schweinerei! Das hätten Sie nicht tun sollen.«
    »Man muss das Tier kennen, das man jagt«, sagte Daddy. »wie es lebt und wie es tötet, dann hat man höhere Chancen, es zu erwischen.«
    »Gott, arme Jelda May«, sagte der Reverend. »Jetzt geht es ihr besser. Sie ist an einem besseren Ort.«
    »Ich hoffe, Sie haben recht«, hörte ich Dr. Tinn sagen.
    Dann kletterten meine neuen Freunde und ich vom Dach zurück in den Paternosterbaum und machten uns an den Abstieg.

7.
    Als wir heruntergeklettert waren und zur Vorderseite des Kühlhauses gingen, war die Menge davor im Begriff, sich aufzulösen. Sie murmelten vor sich hin, verärgert, weil sie nichts mitbekommen hatten, und der alte farbige Mann, Onkel Pharaoh, lenkte mit den Worten: »Auf geht’s, Schwein Jesse!« seinen Wagen in die Richtung von Pappy Treesomes Geschäft.
    »Ich muss hinterher«, sagte Abraham, als er Onkel Pharaoh sah. »Er braucht Hilfe beim Einkaufen.«
    »Ich komm mit«, sagte Richard. »War nett, dich kennenzulernen«, und dann zogen sie los.
    Ich fühlte mich verlassen und schuldig. Daddy hatte mich um eine einzige Sache gebeten – und die war, zu warten. Ich sagte mir, ich hätte ja schließlich auch gewartet, aber ich wusste, dass das Haarspalterei war. Ich hatte auf dem Dach des Kühlhauses gewartet und gesehen, was ich nicht hätte sehen dürfen; und gehört, was ich nicht hätte hören dürfen. Ich tat öfters nicht das, was ich sollte, aber irgendwie war ich mir sicher, dass ich diesmal etwas Unverzeihliches getan hatte.
    Ich versuchte, eine Unschuldsmiene aufzusetzen, als Daddy, Dr. Tinn und der Reverend aus dem Haus kamen. Ich hatte den Reverend nicht hereinkommen sehen, aber er musste es sein. Er war ein großer, sehr magerer farbiger Mann mit einer platten Nase, und er sah aus wie einer, der stets darauf wartet, dass jemand etwas Schlimmes tut, damit er die Absolution erteilen kann. Er trug schwarze Hosen und Schuhe und ein weißes Hemd mit gelben Schweißflecken unter den Armen. Um den Hals hatte er einen dünnen schwarzen Schlips, der an den Rändern ausgefranst war, und als er aus dem Haus trat, setzte er sich einen weichen braunen Filzhut auf. Im Hutband steckten eine kleine hellrote und eine grüne Feder.
    Als sie die Stufen herunterkamen, sah Daddy zu mir herüber, während er sich seinen Hut aufsetzte – und obwohl er nichts sagte, machte sein Blick mich nervös. Am Fuß der Kühlhaustreppe gab Daddy dem Reverend irgendetwas, drehte sich dann zu Dr. Tinn und streckte ihm die Hand entgegen. Dr. Tinn, für den das immer noch ungewohnt war, streckte seine Hand schnell aus, und sie schüttelten sich die Hände.
    »Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe«, sagte

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