Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
Vom Netzwerk:
Nation grinste. »Und was glaubst du wohl, wer da die Geschworenen wären, Mr. Heiligenschein? Zeit und Geld für den Prozess können wir uns sparen. Wir erledigen das hier und jetzt.«
    »Ich vertrete hier das Gesetz«, sagte Daddy.
    »Heute nicht«, sagte Nation.
    »Lasst ihn gehen.«
    »Früher haben wir uns sofort um üble Nigger gekümmert«, sagte Nation. »Und wir sind denen immer schnell auf die Schliche gekommen. Wenn ein Nigger eine weiße Frau oder einen weißen Mann verletzt hat, hat man ihn aufgeknüpft, damit er’s nie wieder tun kann. Man muss sich schnell um so ein Niggerproblem kümmern, sonst denken alle anderen Nigger, sie könnten nach Herzenslust weiße Frauen vergewaltigen und ermorden.«
    Die Leute traten näher an uns heran, der Kreis um uns wurde enger. Ich drehte mich nach Mr. Smoote um, aber ich sah ihn nicht.
    »Es gibt keine Beweise gegen ihn«, sagte Daddy.
    »Er hatte ihre Tasche, oder etwa nicht?«
    »Das heißt nicht, dass er sie ermordet hat.«
    Mr. Nation sagte: »Dein Heiligenschein nützt dir hier nicht viel, was, Jakob? Niggerfreunde haben hier nichts zu melden.«
    »Lass deinen Hass auf mich nicht an Mose aus. Lass ihn los.«
    »Wir lassen ihn nicht los. Wir schneiden ihn runter. Aber erst später.«
    »Ihr werdet diesen Mann nicht aufhängen.«
    »Das ist ja komisch«, sagte Nation. »Ich dachte, genau das würden wir tun.«
    »Wir sind hier nicht im Wilden Westen«, sagte Daddy.
    »Nein, das hier ist ein Flussufer mit Bäumen, und wir haben einen Strick und einen üblen Nigger.«
    »Er ist ein alter Mann«, sagte Daddy.
    »Ja«, sagte jemand aus der Menge, »und älter wird er nicht.«
    Einer von Nations Söhnen war weggegangen, während Daddy und Mr. Nation redeten, und als er wiederkam, hatte er einen Strick mit einer Schlinge dabei. Er legte sie um Moses Hals.
    »Bitte, Mr. Jakob«, sagte Mose. »Ich hab keinem was angetan.«
    »Ich weiß«, sagte Daddy. Er trat einen Schritt vor und nahm Mose die Schlinge ab. Die Leute um uns herum stießen einen Laut aus wie ein verwundetes Tier – und dann stürzten sie sich auf Daddy, schlugen und traten ihn. Ich versuchte, sie abzuhalten, aber sie schlugen auch mich. Das Nächste, an das ich mich erinnere, ist, dass wir am Boden lagen und sie auf uns eintraten. Dann hörte ich, wie Mose Daddys Namen schrie. Als ich hochsah, war Moses Kopf wieder in der Schlinge, und sie zogen ihn über den Boden hinter sich her. Moses Hände gruben sich in die Schlinge, sein alter Körper zog eine Furche in das schlammige Gras am Ufer.
    Daddy und ich standen auf und taumelten hinterher. Mein Auge, wohin ich einen Tritt bekommen hatte, schwoll langsam zu. Ich sah, wie Daddy in seine Hosentasche nach der Pistole griff, aber sie war nicht mehr da. Er schaute suchend auf den Boden, aber wenn sie ihm aus der Tasche gefallen war, hatte sie jemand aufgehoben.
    »Stopp!«, schrie Daddy. »Verdammt, hört auf!«
    Sie zogen Mose zu einer Gruppe von Eichen. Ein Mann warf den Strick über einen dicken Ast. Viele Hände fassten danach und begannen zu ziehen, sie zogen Mose hoch, der Strick glitt über den Ast wie eine Schlange. Winzige Rauchwölkchen stiegen auf, als das Seil über die Rinde rieb. Der Ast knackte. Moses Hände zogen an der Schlinge, er versuchte, sie von seiner Kehle zu lösen, aber er bekam seine Finger nicht zwischen die Schlinge und seinen Hals. Seine Füße traten in die Luft.
    Daddy stolperte vorwärts, fasste Moses Beine, schob seinen Kopf darunter und hob Mose hoch. Nation trat Daddy hart in die Rippen, Daddy ging zu Boden, Mose hing, ich hörte einen Ton, als würde etwas einschnappen, Mose trat wie verrückt in die Luft und spuckte blutigen Schleim. Seine Augen wurden rot, und sein Gesicht schwoll an. Daddy versuchte, sich aufzurichten, aber die Leute hatten wieder angefangen, ihn zu treten und auf ihn einzuschlagen.
    Ich rannte in die Leute hinein, ich warf mich auf sie, ich schrie, ich schlug blind um mich. Jemand versetzte mir einen gezielten Schlag in den Nacken. Alles drehte sich. Ich konnte mich nicht auf den Beinen halten. Ich kam nicht mehr hoch. Ich konnte überhaupt nichts mehr. Durch die Äste und Blätter der Eiche sah ich den Himmel, dann sah ich Moses Fußsohlen. Das Letzte, was ich sah, waren die Löcher in Moses Schuhen und die Pappe, die er in seine Schuhe gelegt hatte, um die Löcher zu stopfen; die Pappe war ebenfalls löchrig geworden. Ich konnte seinen nackten Fuß sehen, dort, wo die Pappe gerissen war. Das Loch war

Weitere Kostenlose Bücher