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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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eine bestimmte Art Schuhe trägt, während er mit ihr zusammen ist.«
    »Wie Prostituierte?«, fragte Grandma.
    Doktor Tinn nickte. »Das könnte gut sein. Es könnte sein, dass er etwas hinterlässt, das ihm etwas bedeutet. Nehmen wir an, als er jung war, hat er die Bedeutungen von Sex und Schmerz durcheinander gebracht. Das kommt vor. Es könnte sein, dass er ein Stück ihrer Kleider oder einen ihrer Schuhe aufbewahrt, nachdem er eine Frau getötet hat. Es könnte auch eine Rolle spielen, dass sie farbig sind. Vielleicht sind Prostituierte aber auch einfach leichter zu kriegen, und weder ihre Hautfarbe noch ihr Job tut etwas zur Sache.«
    »Eins der Opfer war weiß«, sagte ich.
    »Das, wegen dem Mose aufgehängt wurde«, sagte Dr. Tinn. »Ich kannte Mose. Er hatte nichts mit dem Ganzen zu tun. Viele Sachen sprachen für Mose als Täter. Mose lebte am Fluss. Er hatte ein Boot. Fuhr die ganze Zeit auf dem Fluss herum. Die Geldbörse wurde auf seinem Tisch gefunden. Und auch die Tatsache, dass seine Frau und sein Sohn verschwanden und keiner weiß, wo sie sind. Und seit er tot ist, hat’s keinen weiteren Mord gegeben. Aber Mose war zu alt und außerdem nicht stark genug.
    Wer immer es ist – wahrscheinlich tut er es, weil er eine tiefe Abneigung gegen die Art hat, wie manche Frauen sich geben. Vielleicht denkt er, jede Frau, die er haben kann oder hatte, ist es nicht wert zu leben. Er will die Gunst der Frauen erringen, aber sobald er sie hat, sind sie entweiht. Sie ist nicht länger die Jungfrau Maria. Oder, im Falle der Prostituierten, hasst er sie schon vorher für das, was sie sind.«
    »Die Art, wie er sie fesselt«, fragte Grandma, »steht darüber auch was in Ihrem Buch? Bedeutet das etwas?«
    »Das hängt wieder mit dem Fetischismus zusammen. Fesselungen. Kontrolle. Demütigung. All das mag er, glaube ich. Es könnte jemand sein, der sich mit Fesseln auskennt. Du erinnerst dich an die tote weiße Frau, die dein Daddy hierher gebracht hat, damit ich sie mir ansehe? Da wusste er noch nicht, dass sie weiß war. Du erinnerst dich?«
    »Ja, Sir«, sagte ich.
    »Die Knoten, die der Täter geknüpft hat, waren die, die Holzfäller machen, wenn sie keine Ketten haben und Seile benutzen müssen. Es sind komplizierte Knoten – aber das führt nicht weiter. Fast jeder hier in der Gegend hat schon mit Holz zu tun gehabt und weiß, wie so was geht. Manchmal werden auch erlegte Wildschweine so verschnürt, damit man sie besser transportieren kann. In kleinerer Ausführung wird diese Art der Bindung auch benutzt, um einen Haken an einer Angelleine zu befestigen. Ich hab das auch schon so gemacht. Jeder hier weiß, wie man einen guten Knoten macht.«
    »Es gab keinen Mord mehr, und wenn Mose es nicht war – meinen Sie, der Kerl ist woandershin gegangen?«
    »Möglich. Aber ich bezweifle, dass er mit dem Morden aufgehört hat. Er wird es wieder tun, wo immer er auch hingeht; und es kann gut sein, dass er es schon woanders getan hat, bevor er hierher kam.«
    »Aber kann er diese Besessenheit nicht irgendwie loswerden?«
    »Wenn ich das wüsste. Ich glaube nicht. Vielleicht, wenn er zu alt wird. Oder wenn er im Gefängnis oder im Irrenhaus ist.«
    »Irgendeine Vermutung, welche Hautfarbe der Mörder haben könnte?«, fragte Grandma. »Irgendeine Vermutung über irgendwas?«
    »Abgesehen von dem, was ich Ihnen gesagt habe, nein. Vielleicht wird es eines Tages eine Wissenschaft darüber geben. Ich habe versucht, etwas darüber zu lernen, aus Neugier, aber was ich weiß, ist nicht gerade viel.«
    »Wir haben eine Warnung erhalten, bevor Mose gelyncht wurde«, sagte Grandma und erzählte Dr. Tinn die Details. »Ich glaube, wer immer die Nachricht hinterlassen hat, wollte nicht, dass ein Unschuldiger für etwas gehängt wird, das er selbst getan hatte. Sein Gewissen hat das Beste aus ihm rausgeholt.«
    »Sie sind eine Zierde für das christliche Denken«, sagte Dr. Tinn, »aber ich glaube, er wollte nicht, dass jemand anders die Lorbeeren für etwas kassiert, was er getan hat. Er ist sehr stolz auf seine Taten. Er signiert seine Arbeiten, sozusagen. Immer die gleichen Fesselungen und Verletzungen. Er tut es am Fluss oder bringt seine Opfer zum Fluss. Er fühlt sich dort wohl.«
    Wie der Ziegenmann, dachte ich.
    »Ich glaube nicht, dass dieser Kerl ein Gewissen hat. Jedenfalls nicht so eins, wie wir es uns vorstellen. Aber im alltäglichen Leben ist er bestimmt kein Monster. Er wirkt normal. Er ist jemand, von dem man es nie

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