Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
Weg.«
Grandma setzte zurück, und wir machten uns auf nach Pearl Creek.
18.
Als wir kurz vor Pearl Creek waren, sagte Grandma: »Das ist der Plan, Harry: Wir fahren vor Pappys Laden und sagen, wir hätten kein Benzin mehr – was ja auch stimmt – und kaufen welches. Dann gehen wir in den Laden und kaufen Limonade, aber bevor wir das tun, läufst du rüber zu Dr. Tinns Haus … du sagtest doch, es sei in der Nähe, oder?«
»Ja, Ma’am.«
»Du läufst also da rüber und sagst, dass ich gern mit ihm reden würde, drüben im Laden. Er soll seine Frau mitbringen, wenn er will. Auf die Art wird’s keine dummen Gerüchte geben. Sag ihm, ich habe ein paar Fragen, die nur er beantworten kann. Sag ihm, wir versuchen, Moses Namen reinzuwaschen und Jakob zu helfen. Dass wir den wahren Mörder finden wollen. Okay?«
Wir erreichten Pearl Creek, als dunkle Regenwolken aufkamen. Ihre Schatten fielen auf die Straße und den Gemischtwarenladen, zogen weiter, gefolgt von noch dunkleren Wolken, die hängen blieben.
»Das habe ich gemeint, als ich von den Vorzügen von Ost-Texas sprach«, sagte Grandma und stieg aus dem Auto. »Du fährst nicht weit ohne Regen.«
Nur, dass es gar nicht regnete, sondern es hatte sich nur zugezogen. Ich ging rein und redete mit Pappy Treesome. Er nahm mich mit hinters Haus und füllte einen Kanister Benzin ab. Dann kam er mit nach vorne, seine Arme und Beine zuckten wie stets, und als er Grandma sah, umarmten sie sich.
»Wie geht’s dir, alter Pferdedieb?«, fragte Grandma. Heute trug Pappy seine falschen Zähne von der Stange, deshalb konnte ich ihn einigermaßen gut verstehen, trotz des Klackerns des Gebisses, das in seinem Mund hin und her rutschte.
»Ich war noch jung, als ich das Pferd gestohlen hab«, sagte Pappy.
»Dass du jung warst, ist länger her, als ich zählen kann«, sagte Grandma.
Während sie redeten, machte ich mich auf zu Dr. Tinn, und Grandma ging mit Pappy die Stufen zum Laden hoch. Ich hörte Pappys üppige Frau, Camilla, die rief: »Ah, Miss June, Sie sind keinen Tag älter geworden!«
»Ja«, hörte ich Grandma sagen, »und offenbar auch sonst niemand.«
Ich ging rüber zu Dr. Tinns Haus und klopfte an die Tür. Seine Frau öffnete. »Ja, Sir?«, sagte sie.
Ich erklärte, wer ich war, und fragte, ob ich mit Dr. Tinn sprechen könne, falls er nicht gerade beschäftigt sei. Das war er nicht. Sie bat mich herein. Dr. Tinn saß in einem Schaukelstuhl im Wohnzimmer und las. Er legte das Buch in den Schoß und lächelte mich an. »Wie geht’s, kleiner Sir? Und wie geht’s deinem Vater?«
»Deswegen bin ich hier«, sagte ich.
*
Dr. Tinn und seine Frau, die beide angezogen waren, als wollten sie in die Kirche gehen, folgten mir zu Pappys Laden. Drinnen plauderte Grandma mit Pappy und Camilla. Pappy stand hinter dem Tresen, sein Oberkörper wackelte in eine Richtung, nur um wieder in die andere Richtung gezogen zu werden, wie von unsichtbaren Händen.
Camilla war auf unserer Seite des Tresens, sie trug ein Kleid, in dem so viele Kartoffelsäcke verarbeitet waren, dass man die gesamte Ernte Irischer Kartoffeln der Gegend darin hätte verstauen können, und einen guten Teil der Süßkartoffeln noch dazu. Sie saß auf einem Stuhl und lachte über etwas, das Grandma gerade gesagt hatte. Die Säcke, aus denen ihr Kleid genäht war, hatte sie gebleicht und blau gefärbt; aber das mit dem Bleichen hatte nicht gut funktioniert, und die Farbe hatte nicht richtig gehalten oder war bereits ausgewaschen. Das Kleid war grau geworden, und über ihrem Hintern sah man blass die Marke einer der Kartoffelsorten; die Wörter erinnerten mich an Käfer, die auf den Schinken galoppierender Schweine reiten.
Camillas Haare waren fettig und zu einem Knoten gebunden, der von zwei langen Stricknadeln zusammengehalten wurde. Als das Licht auf die Spitzen der Nadeln fiel, blitzten sie und sahen aus, als seien sie sehr scharf. Man sagte, Camilla trage diese Nadeln zur Selbstverteidigung.
Grandma saß auf dem Hocker neben Camilla, nahe genug, damit sie einander nach witzigen Bemerkungen die Seite knuffen konnten. Alle drei tranken Cola.
Ich machte Dr. Tinn und seine Frau mit Grandma bekannt, und Grandma bewegte sich unauffällig immer weiter weg von Camilla und Pappy, in Richtung der Tinns, und dann saßen wir dort, wo Daddy und ich an dem Tag gesessen hatten, als Daddy hergekommen war, um sich die Leiche anzusehen. Ich nahm mir einen Holzstuhl, dessen Armstützen mit Stoff bezogen
Weitere Kostenlose Bücher