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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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berührt hätte.
    Aber wie bei dem giftigen Efeu trog der Schein. Unter all dieser Schönheit bargen die Wälder am Fluss dunkle Dinge, und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, ich war heilfroh, als wir die Straße der Prediger erreichten.
    Beim Auto blieben wir stehen und versuchten erneut, es aus dem Dreck zu fahren, aber: keine Chance. Es steckte fest, und es schien auch noch stolz darauf zu sein.
    Uns blieb nichts übrig, als den ganzen Weg nach Hause zu laufen. Der Regen hörte ganz auf, und die Sonne fing an zu brennen. Es war sehr matschig. Meine Schuhe und Hosenbeine waren starr vor Dreck, genauso wie Grandmas Schuhe und der Saum ihres Kleides.
    »Nächstes Mal zieh ich Hosen an«, sagte sie.
    Und das meinte sie auch so. Sie würde das tatsächlich tun und für einen Skandal sorgen. Über die Möglichkeit, dass eine Frau Hosen anziehen könnte – es sei denn, es war ein Kind wie Tom oder eine Filmschauspielerin – dachte man nicht einmal nach.
    Als wir schließlich auf die vordere Veranda unseres Hauses traten, ging die Sonne langsam unter. Mama öffnete die Tür. Man sah ihr an, dass sie sich große Sorgen gemacht hatte. »Seid ihr in Ordnung?«, fragte sie: »Wo seid ihr gewesen?«
    »Wir sind von der Straße abgekommen«, sagte Grandma.
    »Du hättest nicht so weit zu Fuß gehen dürfen, Mama. Was macht dein Herz?«
    »Dem geht’s gut. Ich bin ja kein Krüppel.«
    Wir wechselten die Kleider, während Mama uns etwas zu essen machte, aufgewärmte Biskuits und gepökeltes Schweinefleisch. Grandma erzählte Mama die halbe Wahrheit. Sie sagte, wir hätten einen Ausflug gemacht, wären mit dem Auto steckengeblieben und zu Moses Hütte gegangen. Sie sagte nicht, dass wir nach Pearl Creek gefahren waren oder dass wir Root samt seiner Rübe gesehen hatten. Sie sagte nichts vom Ziegenmann.
    Ich hatte die Idee, das Auto mit Sally Redback aus dem Schlamm zu ziehen, aber Mama war dagegen. Sie sagte, Sally sei zu alt für so was, und die Anstrengung würde sie umbringen.
    Stattdessen wurde beschlossen, dass ich mit Sally in die Stadt reiten und Daddy holen sollte, der jetzt manchmal doch wieder in den Friseurladen ging, um ein bisschen zu arbeiten. Wenn er nach Hause kam, war es, als sei er nie weg gewesen – oder, vielleicht, als sei er nie nach Hause gekommen. Er ging ins Schlafzimmer oder nach draußen, setzte sich auf einen Stuhl neben der großen Eiche und schnitzte an einem langen Stock, bis er zersplitterte.
    Wenn ich schon mal in die Stadt musste, dachte ich, konnte ich auch Mrs. Canerton ein Buch zurückgeben und vielleicht ein neues ausleihen. Ich legte Sally das Zaumzeug an und steckte das Buch in die Satteltasche. Tom, die enttäuscht war, dass sie unser Abenteuer verpasst hatte, bestand darauf, mitzukommen. Ich nahm sie hinten drauf, und Sally schaukelte uns in die Stadt.
    Vor dem Friseurladen stellte ich fest, dass Daddys Auto nicht da war, wohl aber Cecils Lieferwagen, und der Laden war offen. Wir stiegen ab und gingen hinein. Cecil saß in dem echten Barbierstuhl und las in einem Groschenheftchen. Ich hatte ihn eine ganze Weile nicht gesehen. Er sah müde aus, freute sich aber, uns zu sehen. Er stand auf, kam herüber, um uns zu begrüßen, hob Tom hoch und setzte sich mit ihr auf den Knien wieder in den Stuhl.
    »Meine Güte, bist du groß geworden«, sagte er.
    »Ich bin zwölf Zentimeter größer als letztes Jahr«, sagte Tom.
    »Und schwerer bist du auch«, sagte Cecil, »bald bist du eine richtig große Frau.«
    Ich ging rüber und stellte mich neben die beiden, weil ich nicht wollte, dass Tom die ganze Aufmerksamkeit bekam. Ich sah, dass Cecil etwas im Nacken hatte, knapp über seinem Hemdkragen.
    Ich wollte irgendwie auf mich aufmerksam machen. »Triffst du Mrs. Canerton noch manchmal?«
    »Ab und zu«, sagte Cecil und strich Tom die Haare aus der Stirn, »aber in letzter Zeit war sie nicht mehr so freundlich.«
    »Ich werd sie heute besuchen«, sagte ich. »Ich bringe ihr ein Buch zurück, das sie mir geliehen hatte.«
    »Sag ihr viele Grüße von mir«, sagte Cecil.
    Fast hätte ich meinen Auftrag vergessen. »Wo ist eigentlich Daddy?«
    »Na ja – er ist nicht da, im Moment.«
    »Wo ist er denn?«
    »Bei mir zu Hause.«
    »Warum?«, fragte Tom.
    »Er wollte sich ein bisschen ausruhen.«
    Ich merkte, dass etwas nicht stimmte. »Ich gehe rüber zu dir und sehe mal nach ihm.«
    »Tom kann ja so lange hier bleiben«, sagte Cecil.
    »Nee«, sagte Tom, »ich komm mit.«
    »Er wollte aber ein

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