Die Wälder von Albion
des Zugs tanzten die Gaukler, Sänger und Flötenspieler im Schein der zahllosen Fackelträger.
Schließlich kehrten sie zum Eingang des Flügels zurück, den man für sie hergerichtet hatte. Gaius mußte das Lachen unterdrücken. Er hatte die Münzen verteilt, und sie waren von der Menge mit Segenswünschen bedacht worden. Nicht mehr lange, tröstete er sich, dann hatte er es geschafft.
Die brennenden Weißdornzweige vor dem Eingang warfen zuckende Schatten. Sie sollten böse Zauber und die dunklen Geister vertreiben.
Die kalte Abendluft hatte Gaius wieder etwas belebt. Er wünschte sich sehnlichst, nichts mehr denken zu müssen. Jemand reichte Julia eine Schale mit Öl, mit dem sie die Türpfosten besprengen sollte, und dann weiße Wollfäden, die sie zum Zeichen der Unschuld und Reinheit daran befestigen würde.
Die alten Witwen küßten Julia, wünschten ihr Glück, und nach kurzem Zögern küßten sie auch Gaius. Das löste einen wahren Sturm von Umarmungen, Küssen und noch mehr Glückwünschen aus. Selbst Macellius war leicht angetrunken. Er umarmte sie beide. Licinius küßte Julia und Gaius. Sein Schwiegersohn beteuerte, es sei ein glänzendes Fest gewesen.
Dann nahm Gaius die Braut auf die Arme und staunte darüber, wie leicht sie war, trug sie über die Schwelle ins Haus und gab der Tür einen Tritt, so daß sie laut hinter ihnen zufiel.
Es roch alles nach frischer Farbe, brennendem Weihrauch und dem Duft von Julias Blumen. Sie stand mit angehaltenem Atem vor ihm. Behutsamer und zärtlicher, als er es für möglich gehalten hätte, nahm er ihr den Schleier ab.
Die Blumen in ihrem Haar welkten. Die sechs Locken, die ihre Zofe mit soviel Hingabe aufgesteckt hatte, fielen ihr in den Nacken.
Sie wirkt viel zu jung, um verheiratet zu sein, fand er.
Noch bevor er etwas sagen konnte, führte sie ihn zu dem Altar in der Mitte ihres Atriums. Dort blieb sie abwartend stehen.
Er bedeckte mit der Toga seinen Kopf und verneigte sich vor den kleinen Tonstatuetten, den Bildnissen der Familiengötter.
»Mit Feuer und Wasser mache ich dich zur Frau und Priesterin meines Hauses… «, sagte er tonlos, nahm den Krug und goß ihr das Wasser über die Hände. Er reichte ihr das Handtuch zum Trocknen und übergab ihr den Holzspan, um das Feuer am Altar zu entzünden.
»Mögen die Götter Haus und Hof beschützen und unser Bett segnen, damit ich dir viele Söhne schenken kann… «, erwiderte sie.
Das Brautbett stand an der Wand. Er führte sie dorthin und begann, den verschlungenen Knoten des Gürtels zu lösen, der ihre Tunika hielt. Das war keine leichte Aufgabe.
Wie viele Bräutigame haben die Geduld verloren und den Gürtel einfach durchgeschnitten?
Dann konnte er sich endlich von der lästigen Toga befreien.
Julia lag in dem riesigen Bett, hatte das Laken bis zum Kinn gezogen und beobachtete ihn.
Am nächsten Morgen würde das blutbefleckte Leinen zeremoniell den Witwen als Zeichen der vollzogenen Ehe vorgelegt. Aber dazu mußte er nicht anwesend sein. Zweifellos hatte die sehr praktisch veranlagte Julia an einen Krug mit Hühnerblut gedacht, falls er zu betrunken sein würde, um die ehelichen Pflichten zu erfüllen. Er wußte, daß beinahe jede Braut klug genug war, sich keine solche Blöße zu geben.
Aber Gaius war nicht zu betrunken. Auch wenn er seine Pflicht eher unbeteiligt als leidenschaftlich erfüllte, so tat er es zumindest vorsichtig und rücksichtsvoll, um Julia nicht zu erschrecken oder zu verletzen. Und Julia in ihrer Unschuld erwartete nicht mehr von ihm.
21. Kapitel
Eilan kehrte erst im März nach Vernemeton zurück, denn selbst nachdem Caillean ihr versichert hatte, Ardanos werde ihr das Kind zurückgeben, dauerte es eine Weile, bis sie den Schock überwunden hatte, unter dem sie nach dem Verlust ihres Sohnes stand. In den langen Stunden, die sie allein in der Hütte lag, hatte sie viel Zeit zum Nachdenken. Als ihre Tränen schließlich versiegten, wurde ihr langsam bewußt, daß alles ganz anders sein würde, selbst wenn sie Gawen wieder um sich hatte.
Nach ein paar Tagen ließen die Schmerzen in den Brüsten nach, und sie wußte, daß ihre Milch versiegt war. Eine andere Frau stillte jetzt ihr Kind. Sie hielt es in den langen Nachtstunden in den Armen, liebkoste es und hatte die Freude, den zarten, weichen Körper zu baden und in Windeln zu wickeln. Nicht Eilan, sondern eine andere Frau beugte sich über seine Wiege und sang die Lieder, die sie von ihrer Mutter gelernt hatte. Auf all
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