Die Wälder von Albion
Hand legte.
»Ich glaube… «, flüsterte er ihr ins Ohr, »dein Gott hat uns zusammengeführt.«
»Gebe Gott, daß du recht hast.«
»Ich werde mit deinem Onkel sprechen und mir von ihm die Erlaubnis geben lassen, dich aus Vernemeton wegzuholen. Sei bereit zu gehen, wenn ich komme. Beim nächsten neuen Mond werden wir beide in Londinium sein.«
Es erforderte eine große Anstrengung, Senara nicht zu verführen. Sie belohnte ihn damit, daß sie aufstand, sich auf die Zehenspitzen stellte und leise sagte: »Mein Bruder, wir wollen uns den Kuß des Friedens geben.«
»Valeria, ich möchte von dir nicht nur den Kuß des Friedens… « Er vergrub sein Gesicht in ihre seidigen Haare. »Bald wirst du mich verstehen… «
Sie löste sich von ihm, und er hielt sie in der Hoffnung auf ihre gemeinsame Zukunft nicht fest.
Das war gut so, denn in diesem Augenblick hörten sie Schritte vor der Hütte, und Vater Petros kam herein.
Zu seiner Überraschung sah Gaius, daß Senara den Einsiedler begrüßte, ohne zu erröten. Hatten alle Frauen das Geschick, ihre Gefühle blitzschnell zu verbergen? Er erinnerte sich daran, daß auch Eilan dazu in der Lage gewesen war.
Sie sagte: »Freu dich, mein ehrwürdiger Vater, Gaius Macellius hat versprochen, mich aus dem Heiligtum zu holen. Er wird mir ein neues Zuhause schenken, vielleicht sogar in Rom.«
Vater Petros blickte Gaius mißtrauisch an. Er war nicht so naiv wie das Mädchen.
Gaius wandte sich an ihn: »Guter Vater, Senara hat mir erklärt, warum ich ein Mitglied eurer Gemeinde werden soll.«
»Wirst du das?« Der Einsiedler blickte ihn durchdringend an.
Gaius erwiderte: »Sie hat mir sehr gute Gründe genannt.«
Vater Petros lächelte plötzlich sehr freundlich und setzte sich.
»Ich nehme dich gern als einen Sohn in meine Herde auf. Du wirst den anderen deines Standes ein gutes Vorbild sein.«
Da hat er recht, dachte Gaius, ein römischer Ritter mit meinen Verbindungen ist ein guter Fang für diesen Menschenfischer. Und dabei behauptet Julia immer, Christen machen keinen Unterschied zwischen arm und reich…
29. Kapitel
»Eilan… Eilan! Der Kaiser ist tot!«
Senara stürmte durch die Tür, blieb atemlos stehen und versuchte schnell, die notwendige Ehrerbietung zu zeigen, mit der sie der Hohepriesterin begegnen sollte.
Eilan legte lächelnd die Spindel auf den kleinen Tisch und forderte Senara auf, neben ihr Platz zu nehmen. Seit Caillean nicht mehr da war, Miellyn immer verschlossener wurde, und Eilid als Lehrerin alle Hände voll zu tun hatte, leistete ihr in letzter Zeit oft Senara Gesellschaft.
Seit Cynrics Tod hatte Dieda nicht mehr mit ihr gesprochen. Es war wenigstens gelungen, ihn ohne Aufsehen zu beerdigen. Zwei Druiden hatten die Leiche in der Nacht zu dem alten Hügelgrab gebracht, auf dem Eilan die Orakelsprüche verkündete, und dort bestattet. Cynric war vielleicht nicht ehrenvoll gestorben, aber er war wie ein Held begraben worden.
»Der Mann, der uns die Eier bringt, hat diese Nachricht aus Deva… «, berichtete Senara mit leuchtenden Augen. »Man hat ihn vor einer Woche ermordet… kurz vor der Tagundnachtgleiche. Die Welt von Caledonien bis Parthien gleicht einem aufgeschreckten Bienenschwarm! Einige sagen, ein Senator wird der nächste Kaiser sein, andere glauben, die Legionen werden einen ihrer Feldherren krönen wollen. Noch wahrscheinlicher ist es jedoch, daß mehrere Anspruch auf den Thron erheben werden, und dann kann es zum Bürgerkrieg kommen!«
»Wie ist die Lage in Deva?« fragte Eilan.
»Die Legionäre der Zwanzigsten sind verunsichert, aber sie halten noch Ruhe. Der Befehlshaber läßt sie mit freiem Wein und Bier den geglückten Umsturz feiern. Was wird jetzt wohl geschehen?«
Eilan seufzte und stützte nachdenklich den Kopf auf ihre Hand.
»Der Legat hofft, daß sich die Männer alle betrinken. Wenn sie den Rausch aufgeschlafen haben, fühlen sie sich vermutlich so elend, daß sie keine Schwierigkeiten machen und weiter ihre Pflichten erfüllen.«
Mit etwas Glück konnte die Strategie Erfolg haben. Wenn der Alkohol die Männer jedoch aufputschte, und sie untereinander in Streit gerieten, dann konnte niemand sagen, was geschehen würde.
Senara kicherte und schüttelte den Kopf.
»Ich meinte doch, was wird in Rom geschehen? Werden die Senatoren an die Macht kommen, und wird Rom dann wieder eine Republik?«
Eilan blickte Senara erstaunt an. Wieso machte sich das Mädchen über Rom Gedanken? Gewiß, sie war wie Gaius zum
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