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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Dieda verlegen wurde.
    »Mach dir keine falschen Hoffnungen«, erwiderte Dieda, »er redet auch nicht viel. He, möchtest du ihn vielleicht selbst heiraten?«
    Eilan schüttelte energisch den Kopf. »Er ist mein Bruder!«
    Wenn sie heiraten würde, dann bestimmt nicht diesen ungehobelten Riesen, der ihr Frösche ins Bett setzte und sie schon als Kind immer an den Haaren gezogen hatte. Nein, er wäre der letzte, den sie sich zum Mann wünschte.
    »Eigentlich ist er das nicht«, erinnerte sie Dieda.
    »Er ist mein Ziehbruder, und damit so gut wie mit mir verwandt«, erklärte Eilan. »Wenn Vater wollte, daß ich ihn heirate, dann hätte er ihn nicht in die Familie aufgenommen.« Sie griff nach einem Hornkamm und begann, die langen Zöpfe zu lösen.
    Dieda legte sich seufzend noch einmal hin. »Wird Lhiannon auch beim Fest sein?« fragte sie nach einer Weile.
    »Aber natürlich. Schließlich befindet sich Vernemeton im Wald an der Quelle unterhalb des Hügels, auf dem wir Beltane feiern. Warum fragst du?«
    »Ach, ich weiß nicht. Jetzt, wo ich heiraten werde, finde ich den Gedanken an ein Leben als Priesterin schrecklich«, sagte Dieda. »Lhiannon muß doch auch einmal jung gewesen sein. Natürlich ist das schon sehr lange her. Man kann es sich bei ihr kaum vorstellen. Ich jedenfalls möchte keine Jungfrau im Dienst der Göttin bleiben… «
    »Niemand verlangt das von dir… «, erwiderte Eilan.
    »Es ist nicht mehr davon die Rede«, sagte Dieda, »aber mein Vater hat mich einmal gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, der Göttin zu dienen… «
    »Das hat er dich gefragt?« Eilan sah sie erstaunt an.
    »Ich habe damals erwidert, daß ich es mir nicht vorstellen kann«, erzählte Dieda, »aber noch Wochen danach hatte ich Alpträume. Ich träumte, daß ich Streit mit meinem Vater hatte, und er hielt mich in einem hohlen Baum gefangen. Deshalb bin ich entschlossen, Cynric zu heiraten. Ich möchte mein Leben nicht in Vernemeton verbringen… oder in einem anderen Heiligtum. Du vielleicht?«
    »Ich weiß nicht… «, erwiderte Eilan ausweichend, »wenn man mich fragen würde, dann würde ich vielleicht zustimmen.«
    Sie dachte daran, wie die Priesterinnen beim Fest so gelassen und erhaben in ihren dunkelblauen Gewändern durch die Menge schritten. Die Menschen verehrten sie wie Königinnen. Wäre das nicht ein besseres Leben, als irgendeinem Mann auf Wohl und Wehe ausgeliefert zu sein? Die Priesterinnen lernten das geheime Wissen. Sie halfen den Menschen mit ihren Künsten. Das war eine verantwortungsvolle Aufgabe, und deshalb brachte man ihnen soviel Achtung entgegen. Welcher Mann konnte einem soviel Liebe schenken wie die Göttin?
    »Und doch habe ich gesehen, wie du den jungen Fremden ansiehst… «, neckte sie Dieda. »Du weißt schon, wen ich meine: Gawen, den Cynric gerettet hat. Ich glaube, du würdest eine noch schlechtere Priesterin abgeben als ich!«
    »Vielleicht hast du recht«, Eilan drehte ihr den Rücken zu, damit Dieda nicht sah, daß sie glühend rot geworden war. Es klang nicht sehr überzeugend, als sie sagte: »Ich habe ihn gesund gepflegt und mache mir deshalb Gedanken um ihn, mehr nicht.« Noch ehe Dieda etwas sagen konnte, fügte sie hinzu: »Weißt du, ich habe noch nicht viel über das Heiraten nachgedacht… «
    Dieda lachte leise. »Ich kann dir verraten, mit dem Kopf hat das wenig zu tun.«
    Eilan sagte nachdenklich: »Ach, jetzt fällt es mir wieder ein, Lhiannon kam auch in meinem Traum vor. Sie ging durch den Wald und hielt eine Girlande aus roten Blüten in den Händen. Ein Rabe flog vor ihr her. Der große schwarze Vogel setzte sich auf ein blutiges Schwert. Lhiannon ergriff es und trug es zur heiligen Quelle. Wir alle sind ihr langsam gefolgt, denn das Fest war schon lange zu Ende.«

    Am späten Morgen machte sich die Familie auf den Weg zum Fest. Es war ein sonniger Tag im Mai. Der Regen in der Nacht zuvor hatte die Luft rein gewaschen, und der Wind blies die letzten Wolken nach Osten. Der Himmel war strahlend blau und klar. In den Weißdornbüschen hingen glitzernde Regentropfen und ließen die weißen Blüten wie Sterne funkeln. Schlüsselblumen standen in blaßgoldenen Flecken wie eingefangenes Sonnenlicht unter den Bäumen. Kleine bunte Vögel flogen blitzschnell durch die Zweige. An einem solchen Morgen schienen alle Farben der Natur zur Ehre des Feiertags neu geschaffen worden zu sein.
    Gaius hinkte noch, aber Cynric hatte ihm den Verband am Bein abgenommen und meinte, es sei

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