Die Wälder von Albion
schnell beiseite, um Bendeigid ins Haus zu lassen. Er stolperte beim Eintreten, als versagten seine Beine ihm den Dienst, als sei er plötzlich alt geworden. Er legte die Hände schwer auf ihre Schultern und sah Eilan schweigend an.
»Bist du wegen Rhodri gekommen?« fragte sie leise. »Caillean hat Mairi bereits alles gesagt. Hast du es auch gewußt… ?«
»Ja«, antwortete ihr Vater, »aber ich hatte gehofft, die Nachricht würde sich als falsch erweisen. Mit dieser Tat haben die Römer von neuem den Fluch der Götter auf sich geladen. Verstehst du jetzt, Eilan, warum ich dir nicht erlauben konnte, einen Mann zu heiraten, der zu unseren größten Feinden gehört?«
Er ließ sie los und ging schwerfällig zu der Bank vor dem Feuer. Dort setzte er sich und starrte wortlos in die Glut.
Gaius hätte so etwas nie zugelassen, dachte Eilan. Vielleicht sind die Römer zu allen möglichen Grausamkeiten fähig, aber Gaius bestimmt nicht.
Ein Blick in das versteinerte Gesicht ihres Vaters bewog sie jedoch zu schweigen.
»Aber das ist nicht das größte Unheil, das uns getroffen hat… « Bendeigid verzog gequält das Gesicht, und Eilan bekam es mit der Angst zu tun. »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, Eilan… «
»Vielleicht weiß ich es schon«, hörten sie plötzlich Caillean an der Tür. »Manchmal kann ich die Zukunft sehen. In der Nacht, bevor ich Vernemeton verließ, hatte ich einen Traum. Ich sah ein abgebranntes Haus, und ich wußte, es war dein Haus, Bendeigid. Als ich Eilan hier begegnete, dachte ich erleichtert, ich hätte mich getäuscht. Aber letzte Nacht wurden wir überfallen… und ich weiß, daß diese Kerle wie Wölfe in großen Rudeln durchs Land ziehen. Da machte ich mir wieder Sorgen.« Nach einer kurzen Pause fragte sie Bendeigid: »Dann sind sie also mit anderen zusammen nach Süden gezogen… zu euch.«
»Sie waren auch hier?« fragte er rauh.
»Nur ein paar. Es gelang mir, ihnen Angst einzujagen, und sie sind schnellstens auf und davon«, erwiderte Caillean.
»Dann verdanke ich es dir, daß ich noch Töchter habe, die leben.«
Eilan erschrak. Hatte sie richtig gehört? Sie spürte, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich.
»Vater… «
»Mein Kind, wie kann ich es dir nur sagen? Ich erhielt die Nachricht, daß Viehräuber Conmors Hof überfallen hatten. Ich rief sofort meine Leute zusammen und eilte ihm zu Hilfe. Aber es waren so viele… wie hätte man das bei diesem Unwetter ahnen können?« Er stöhnte und sagte dann tonlos: »Während ich mit meinen Leuten unterwegs war… «
»Ist Mutter tot… und Senara auch?« rief Mairi erstickt. Sie war aufgestanden und hielt sich am Vorhang des Alkovens fest. Caillean eilte zu ihr und stützte sie.
»Ich kann es nur hoffen«, sagte Bendeigid mit geballten Fäusten, »denn sonst hat man sie als Sklavinnen verschleppt, und das wäre ein noch schlimmeres Los. Sie wären entehrt… «
»Möchtest du lieber, daß sie tot sind?« fragte Caillean.
»Besser ein schneller Tod in den Flammen und ein ehrenvolles Erwachen in der anderen Welt als ein Leben in Schande«, rief er heftig. »Bei den Göttern, die Ungeheuer hätten für ihre Tat teuer bezahlt, wenn ich zur Stelle gewesen wäre!«
Er war aufgesprungen und blickte hilflos von Eilan zu Mairi, die langsam auf ihn zukam. Stumm schloß er seine beiden Töchter in die Arme.
Eilan klammerte sich an ihre Schwester. Früher hätte sie Trost in den starken Armen ihres Vaters gefunden. Doch nun wußte sie, es gab ein Leid, das größer war als seine Kraft. Er konnte sie nicht vor dem Schicksal beschützen.
»Wir haben Senaras Leiche nicht gefunden«, sagte er tonlos. »Sie war noch nicht einmal zehn… «
Dann ist sie vielleicht noch am Leben, dachte Eilan, aber sie sagte nichts.
»Wie soll ich jetzt für euch sorgen, meine Töchter? Ich wollte Mairi zurückholen, als die Nachricht von Rhodris Hinrichtung eintraf. Aber jetzt kann ich ihr kein Zuhause mehr bieten… Mein Haus ist verbrannt, und niemand kann dort noch Schutz finden… «
»Ehrwürdiger Druide, was du nicht kannst«, erklärte Caillean ruhig, »kann der Orden. Vernemeton wird Mairi und die Kinder aufnehmen. Sie können dort bleiben, solange sie es wollen. Ich hatte ohnedies mit dir über Eilan reden wollen. Erlaubst du Eilan, als Novizin in das Heiligtum einzutreten?«
Bendeigid richtete sich auf und sah Eilan prüfend an. »Möchtest du das, mein Kind?«
»Ja«, erwiderte sie. »Da ich den Mann, den ich liebe, nicht heiraten
Weitere Kostenlose Bücher