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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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Dampfwolken, die an manchen Stellen zu dichten, das Bild verhüllenden Schleiern sich ballen, und wenn sie reißen, kämpfende Gruppen enthüllen .... Dazu als Begleitung der durch die Berge rollende Lärm der Geschütze, von welchem jeder Schlag das Wort Tod – Tod – Tod – durch die Lüfte donnert .... Ja, so etwas mag zu Kriegsliedern begeistern!
    Auch zu der Verfassung jener zeithistorischen Berichte, welche nach dem Feldzug veröffentlicht werden müssen, bietet die Hügelposition günstige Gelegenheit. Da läßt sich allenfalls mit einiger Richtigkeit erzählen: die Division X. stößt bei N. auf den Feind; – drängt ihn zurück; – erreicht das Gros der Armee; – starke feindliche Abteilungen zeigen sich an der linken Flanke des Korps usw. usw. Aber wer nicht auf dem Hügel durch den Feldstecher schaut, wer selber an der »Aktion« teilnimmt, der kann nie – nie etwas Glaubwürdiges über den Fortgang einer Schlacht erzählen. Er sieht, denkt und fühlt nur das nächste; was er nachher berichtet, ist (?) zu deren Veranschaulichung er sich der alten Klischees bedient. »He, Tilling,« sagte mir heute einer der Generäle, neben denen ich auf dem Hügel stand – »Ist das nicht imposant? Ein Prachtheer, wie? Woran denken Sie eben?« Woran ich dachte? Das konnte ich dem Vorgesetzten nicht gut sagen; ich antwortete also allergehorsamst etwas Unwahres. Allergehorsamlichkeit und Wahrheit haben ohnedies nichts miteinander zu schaffen. Letztere ist ein gar stolzes Wesen: von allem Knechtischen wendet sie sich verächtlich ab.«
    * * *
    »Das Dorf ist unser – nein, es ist des Feindes – und wieder unser – und abermals des Feindes, aber ein Dorf ist's nicht mehr, sondern ein rauchender Trümmerhaufen.
    Die Bewohner (war es nicht eigentlich ihr Dorf?) hatten es schon früher verlassen und waren geflohen. Zum Glück – denn der Kampf in einem bewohnten Orte ist gar etwas Fürchterliches, denn da fallen die Kugeln von Feind und Freund mitten in die Stuben hinein und töten Weiber und Kinder. – Eine Familie war dennoch in dem Orte zurückgeblieben, den wir gestern genommen, verloren, wieder genommen und verloren haben, nämlich ein altes Ehepaar und dessen Tochter – diese im Kindbett. Der Gatte dient in unserem Regiment. Er sagte mir's, als wir uns dem Dorfe näherten: »Dort, Herr Oberstleutnant, in dem Hause mit dem roten Dach, lebt mein Weib mit ihren alten Eltern ... Sie haben nicht fliehen können, die Armen ... mein Weib muß jede Stunde niederkommen, und die Alten sind halb gelähmt um Gotteswillen, Herr Oberstleutnant, kommandieren Sie mich dorthin.« – Der arme Teufel! er kam gerade zurecht, um die Wöchnerin und das Kind sterben zu sehen; eine Bombe war neben dem Bette geplatzt .... Was mit den Alten geschehen, ich weiß es nicht. Vermutlich unter den Trümmern begraben; das Haus war eins der ersten, welches in Brand geschossen wurde. Der Kampf auf offenem Felde ist schaurig genug; aber der Kampf inzwischen menschlicher Wohnungen ist noch zehnmal grausiger. Stürzendes Gebälk, aufschlagende Flammen, erstickender Rauch – vor Angst tollgewordenes Vieh – jede Mauer Festung oder Barrikade, jedes Fenster Schießscharte ... Eine Brustwehr habe ich da gesehen, die war aus Leichen gebildet. Da hatten die Verteidiger alle in der Nähe liegenden Gefallenen aufeinandergeschichtet, um, so geschützt, darüber auf den Angreifer hinwegzuschießen. Diese Mauer vergesse ich wohl im Leben nicht: ... Einer, der als Ziegel diente – zwischen den anderen Leichenziegeln eingepfercht – der lebte noch, bewegte die Arme. – – –
    »Lebte noch«: das ist ein Zustand – im Krieg in tausend Varianten vorkommend – der die maßlosesten Leiden in sich birgt. Gäb' es irgend einen Engel der Barmherzigkeit, der über den Schlachtfeldern schwebte, er hätte vollauf zu tun, den armen Wichten – Mensch und Tier – die »noch lebten«, den Gnadenstoß zu geben.«
    * * *
    »Heute hatten wir ein kleines Kavalleriegefecht auf offenem Felde. Da kam ein preußisches Dragonerregiment im Trab einher, deployierte in Linie und, die Pferde fest im Zügel, den Säbel über dem Kopf, ritten sie in kurzem Galopp gerade auf uns zu. Wir warteten den Angriff nicht ab, sondern sprengten dem Feind entgegen. Kein Schuß wurde gewechselt. Wenige Schritte voneinander brachen beide Reihen in ein donnerndes Hurra aus (Schreien berauscht: das wissen die Indianer und Zulus noch besser als wir), und so stürzten wir aufeinander, Pferd an

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