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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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neunzigtausend Einzelne sicher gerne einhalten; aber die Waffe, die muß weiter wüten. Doch genug. Du wirst es vorziehen, Nachrichten und Neuigkeiten von Hause zu hören. Nun denn – gesund sind wir alle. Der Vater ist unausgesetzt in höchster Aufregung über die gegenwärtigen Ereignisse. Der Sieg von Custozza erfüllt ihn mit strahlendem Stolz. Es ist, als ob er denselben errungen hätte. Jedenfalls betrachtet er den Glanz dieses Tages als so hell, daß der auf ihn – als Österreicher und als General – fallende Abglanz ihn ganz glücklich macht. Auch Lori, deren Mann, wie Du weißt, bei der Südarmee ist, schrieb mir einen Triumphbrief über dasselbe Custozza. – Friedrich, erinnerst Du Dich, wie eifersüchtig ich während einer Viertelstunde auf die gute Lori war? Und wie ich aus diesem Anfall mit verstärkter Liebe und verstärktem Vertrauen hervorging? ... O hättest Du mich nur damals betrogen – hättest Du mich doch mitunter ein wenig mißhandelt ... da könnte ich Deine jetzige Abwesenheit wohl leichter ertragen – aber einen solchen Gatten im Kugelregen zu wissen! ... Nun weiter mit den Nachrichten: Lori hat mir in Aussicht gestellt, daß sie mit ihrer kleinen Beatrix den Rest ihrer Strohwitwenschaft in Grumitz zubringen werde. Ich konnte nicht nein sagen – doch aufrichtig: mir ist gegenwärtig jede Gesellschaft lästig. Allein, allein will ich sein, mit meiner Sehnsucht nach Dir, deren Umfang ja doch niemand anderes ermessen kann ... Nächste Woche soll Otto seine Ferien antreten. Er jammert in jedem Briefe, daß der Krieg noch vor und nicht erst nach seiner Offiziersernennug begonnen hat. Er hofft zu Gott, daß der Friede nicht noch vor seinem Austritt aus der Akademie – ausbreche. Das Wort »ausbrechen« wird er vielleicht nicht gebraucht haben, aber jedenfalls entspricht es seiner Auffassung, denn der Frieden erscheint ihm jetzt als eine drohende Kalamität. Nun freilich: so werden sie ja groß gezogen. So lange es Kriege gibt, muß man kriegliebende Soldaten heranziehen; und so lange es kriegliebende Soldaten gibt, muß es auch Kriege geben ... Ist das ein ewiger, ausgangsloser Zirkel? Nein, Gott sei Dank! Denn jene Liebe, trotz aller Schuldrillung, nimmt beständig ab. Wir haben in Henry Thomas Buckle den Nachweis dieser Abnahme gefunden, erinnerst Du Dich? Aber ich brauche keine gedruckten Nachweise« – ein Blick in Dein Herz, Friedrich, genügt mir zu dieser Beweisführung ... Weiter mit den Nachrichten: Von unseren in Böhmen begüterten Verwandten und Bekannten erhalten wir allseitig Jammerepisteln. Der Durchmarsch der Truppen – auch wenn sie zum Siege gehen – verwüstet schon das Land und saugt es aus; wie wenn erst noch der Feind vordringen sollte, wenn sich der Kampf in ihrer Gegend dort, wo sie ihre Schlösser, ihre Felder besitzen, abspielen sollte? Alles ist fluchtbereit – die Habseligkeiten gepackt, die Schätze vergraben. Adieu den fröhlichen Reisen in die böhmischen Bäder; adieu dem friedlichen Aufenthalt auf den Landsitzen; adieu den glänzenden Herbstjagden und jedenfalls adieu den gewohnten Einkünften von Pachtung und Industrien. Die Ernten werden zertreten, die Fabriken, wenn nicht in Brand geschossen, so doch der Arbeiter beraubt. »Es ist doch ein wahres Unglück,« schreiben sie, »daß wir just im Grenzland leben – und ein zweites Unglück, daß Benedek nicht schon früher und heftiger die Offensive übernahm, um den Krieg in Preußen auszukämpfen.« Vielleicht könnte man es auch ein Unglück nennen, daß die ganze politische Zänkerei nicht von einem Schiedsgericht geschlichtet worden sei, sondern dem Mordgewühle auf böhmischem oder schlesischem Boden (in Schlesien soll es, glaubwürdigen Reiseberichten zufolge, nämlich auch Menschen und Felder und Fechsungen geben) anheimgestellt wird. Aber das fällt niemandem ein!
    Mein kleiner Rudolf sitzt zu meinen Füßen, während ich Dir schreibe. Er läßt Dich umarmen und unseren lieben Puxl grüßen. Das geht uns beiden recht sehr ab, das gute lustige Pintschel – aber andererseits, es hätte seinen Herrn so schwer vermißt und Dir wird es eine Zerstreuung, eine Gesellschaft sein. Grüße ihn von uns beiden, den Puxl – ich schüttle seine ehrliche Pfote und Rudi küßt seine gute schwarze Schnauze.
    Und jetzt, für heute leb' wohl, Du mein, alles!«
    * * *
    »Es ist unerhört! ... Niederlage auf Niederlage! Zuerst das von Clam-Gallas verbarrikadierte Dorf Podol erstürmt – bei Nacht, bei Mond- und

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