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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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ausgesetzt ist, sie kennen das Wohin? das Wozu? – und wir Unglücklichen wissen nichts, um uns ist alles Nacht und Grauen. Die Menschen gehen doch mit Freunden gegen einen Feind, wir aber sind rings von Feinden umgeben ... unsere eigenen Herren, die wir so treu lieben wollten, denen zu dienen wir unsere letzte Kraft aufbieten, die hauen auf uns nieder – die lassen uns hilflos liegen. ... Und was wir nebstbei leiden müssen: Furcht, daß uns der Angstschweiß vom ganzen Körper rinnt; – Durst– denn auch wir haben Fieber – o dieser Durst, dieser Durst von uns armen, blutenden, mißhandelten hunderttausend Pferden! ... Hier erwachte ich und griff nach der Wasserflasche: – ich hatte selber brennenden Fieberdurst.«
    »Wieder ein Straßenkampf – in dem Städtchen Saar. Zu dem Lärm des Kampfgeschreies und der Geschütze gesellt sich das Krachen der Balken, das Stürzen der Mauern. Es schlägt eine Granate in ein Haus und der durch das Platzen derselben verursachte Luftdruck ist so gewaltig, daß mehrere Soldaten von den in die Luft geschleuderten Trümmern des Hauses verwundet werden. Über meinen Kopf weg fliegt ein Fenster – noch mit dem Fensterflügel dran. Die Schornsteine stürzen herunter. Gipsbewurf löst sich in Staub und füllt die Luft mit einer erstickenden augenätzenden Wolke. Aus einer Gasse in die andere (wie die Hufe auf dem spitzen Pflaster klappern!) wälzt sich der Kampf und langt auf dem Marktplatz an. In der Mitte des Platzes steht eine hohe steinerne Mariensäule. Die Mutter Gottes hält ihr Kind in einem Arm, den anderen streckt sie segnend aus. Hier wird weiter gerungen. Mann an Mann. Sie hauen auf mich drein – ich haue um mich herum ... Ob ich einen oder mehrere getroffen, ich weiß es nicht: in solchen Augenblicken bleibt einem nicht viel Besinnung. Dennoch haben sich mir wieder zwei Fälle in die Seele photographiert, und ich fürchte, der Marktplatz von Saar wird mir ewig unvergeßlich bleiben:
    Ein preußischer Dragoner, stark wie Goliath, reißt einen unserer Offiziere (einen schmucken, schmächtigen Leutnant – wieviel Mädchen schwärmten wohl für ihn?) aus dem Sattel und zerschmettert ihm den Schädel am Fuße der Madonnensäule. Die milde Heilige schaut unbeweglich zu. Ein anderer von den feindlichen Dragonern, ebenso goliathstark, knapp vor mir, faßt meinen Nebenmann an und biegt ihn so kräftig im Sattel nach rückwärts, daß ihm – ich habe es krachen hören – das Rückgrat bricht ...
    Auch dazu gab die Madonna ihren steinernen Segen.«
    * * *
    »Von einer Anhöhe aus bot sich den bewaffneten Augen der Stabsoffiziere heute wieder manch abwechslungsreiches Schauspiel.. Da war zum Beispiel der Einsturz einer Brücke, während über dieselbe ein Train von Wagen sich bewegte. Waren in den letzteren Verwundete? – ich weiß es nicht – das konnte ich nicht erkennen. – Ich sah nur, daß alles – Wagen, Pferde und Menschen – in die an jener Stelle tiefen und reißenden Fluten sank und dort verschwand. Das Ereignis war ein günstiges – sintemalen der Wagentrain den »Schwarzen« gehörte. Ich denke mir nämlich in der eben gespielten Partie »uns« als die weißen Figuren. Die Brücke war nicht zufällig eingestürzt; die Weißen hatten, wissend, daß der Gegner darüber kommen sollte, die Pfeiler abgesägt – ein feiner Zug also.
    Ein zweiter Anblick hingegen, den man von derselben Anhöhe aus beobachten konnte, bedeutete einen Schnitzer der Weißen: Unser Regiment Khevenhüller wird in einen Sumpf dirigiert, wo es nicht heraus kann und bis auf wenige niedergeschossen wird. Die Getroffenen fallen hin in den Sumpf ... Hier versinken, ersticken müssen – in Mund und Nase und Augen Schlamm – nicht einmal schreien können! ... Nun ja, zugestanden: es war ein Fehler desjenigen, der die Leute dorthin kommandiert hatte; aber – »irren ist menschlich« und der Verlust ist kein großer – stellt ungefähr einen geschlagenen Bauer vor; ein nächster genialer Zug mit Turm oder Königin, und alles ist wieder gut gemacht. Der Schlamm bleibt zwar in Mund und Augen der Gefallenen, aber das ist ja nebensächlich – das tadelnswerte dabei ist der taktische Fehler; der muß durch eine spätere glückliche Kombination ausgemerzt werden, und dem betreffenden Führer können dann immerhin noch schöne Orden und Beförderungen blühen. Daß neulich unser 18. Jägerbataillon während eines Nachtkampfes durch mehrere Stunden auf unser Regiment König von Preußen schoß,

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