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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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vom Notar die Besitzdokumente übermittelt wurden. »Was würdest du dazu sagen, wenn ich den stattgehabten Krieg nun preisen wollte, wegen dieses durch seine Folgen mir zugefallenen Vorteils?«
    »Dann wärst du meine Martha nicht? Doch – ich verstehe, was du sagen willst. Der herzlose Egoismus, der sich über materiellen Gewinn zu freuen vermag, welcher aus dem Verderben anderer sproßt – diese Regung, die der einzelne,, wenn er wirklich niedrig genug ist, sie zu fühlen, doch sorgfältig zu verbergen trachtet – zu der bekennen sich stolz und offen Nationen und Dynastien: Tausende sind unter unsäglichem Leid zu Grunde gegangen – aber wir haben dadurch an Territorium, an Macht gewonnen: dem Himmel sei Dank für den glücklichen Krieg.«
    Wir lebten sehr still und zurückgezogen in einer kleinen, am Ufer des Sees gelegenen Villa. Ich war von den durchgemachten Ereignissen so gedrückt, daß ich durchaus mit keinem fremden Menschen Umgang haben wollte. Friedrich respektierte meine Trauer und versuchte gar nicht, das banale Mittel »Zerstreuung« dagegen vorzuschlagen. Ich war es den Grumitzer Gräbern schuldig – das sah mein zartfühlender Gatte wohl ein – ihnen eine Zeitlang in aller Stille nachzuweinen. Die der schönen Welt so rasch und grausam Entrissenen sollten nicht auch noch der Erinnerungsstätte, die sie in meinem trauernden Herzen hatten, ebenso rasch und kalt beraubt werden.
    Friedrich selber ging oft in die Stadt, um dort den Zweck seines hiesigen Aufenthaltes, das Studium der Rote-Kreuz-Frage zu betreiben. Von den Ergebnissen dieses Studiums habe ich keine klare Erinnerung mehr; ich führte damals kein Tagebuch, und so ist mir meist wieder entfallen, was mir Friedrich von seinen betreffenden Erfahrungen mitteilte. Nur eines Eindruckes erinnere ich mich deutlich, den mir die ganze Umgebung machte: die Ruhe, die Unbefangenheit, die heitere Geschäftigkeit aller Leute, die ich zufällig sah – als lebte man mitten in friedlichster, gemütlichster Zeit. Fast nirgends ein Echo von dem stattgehabten Krieg, höchstens in anekdotischem Tone, wie wenn derselbe ein interessantes Ereignis mehr abgegeben hätte – weiter nichts – das neben dem übrigen Europaklatsch vorteilhaft Gesprächsstoff lieferte; – als hätte das grausige Kanonendonnern auf den böhmischen Schlachtfeldern nichts Tragischeres an sich als eine neue Wagnersche Oper.
    Das Ding gehörte nunmehr der Geschichte an, hatte einige Landkarten-Umänderungen zur Folge – aber dessen Schauerlichkeit war aus dem Bewußtsein geschwunden – in das der Unbeteiligten vielleicht niemals gedrungen ... vergessen, verschmerzt, verwischt. Ebenso die Zeitungen – ich las zumeist französische Blätter: – alles Interesse auf die für 1867 sich vorbereitende Pariser Weltausstellung, auf die Hoffeste in Compiègne, auf literarische Persönlichkeiten (es tauchten ein paar neue vielbestrittene Talente auf: Flaubert, Zola), auf Theaterereignisse: eine neue Oper von Gounod – eine von Offenbach der Hortense Schneider zugedachte Glanzrolle u. dgl. gerichtet. Das kleine pikante Duell, welches die Preußen und Österreicher là-bas en Bohème ausgefochten, das war schon eine etwas verjährte Angelegenheit ... O, was drei Monate zurückliegt oder dreißig Meilen entfernt ist, was nicht im Bereich des Jetzt und des Hier sich abspielt, dort reichen die kurzen Fühlhörnchen des menschlichen Herzens und des menschlichen Gedächtnisses nicht hin.
    Gegen Mitte Oktober verließen wir die Schweiz. Wir begaben uns nach Wien zurück, wo die Abwicklung der Verlassenschaftsangelegenheiten meine Anwesenheit erheischte. Nach Erledigung dieser Geschäfte beabsichtigten wir, uns auf längere Zeit in Paris niederzulassen. Friedrich führte im Sinn, der Idee der Friedensliga nach Kräften die Wege zu ebnen, und er war der Ansicht, daß die bevorstehende Weltausstellung die beste Gelegenheit biete, einen Kongreß der Friedensfreunde zu veranstalten; auch hielt er Paris für den geeignetsten Ort, eine internationale Sache wirksam zu vertreten.
    »Das Kriegshandwerk habe ich niedergelegt,« sagte er, »und zwar habe ich das aus einer im Kriege selber gewonnenen Überzeugung getan. Für diese Überzeugung nun will ich wirken. Ich trete in den Dienst der Friedensarmee. Freilich noch ein ganz kleines Heer, dessen Streiter keine andere Wehr und Waffen haben als den Rechtsgedanken und die Menschenliebe. Doch alles, was in der Folge groß geworden, hat klein und unscheinbar

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