Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
Vom Netzwerk:
führt 1849 den Vorsitz in einer Versammlung der englischen Friedensfreunde. In dem Pariser Kongreß, welcher dem Krimkrieg ein Ende machte, hielt die Friedensidee ihren Einzug in der Diplomatie, indem dem Vertrage eine Klausel beigesetzt ward, welche bestimmt, daß die Mächte sich verpflichten, bei künftigen Konflikten sich vorangehenden Vermittelungen zu unterstellen. Diese Klausel enthält eine dem Prinzip des Schiedsgerichts dargebrachte Anerkennung, – befolgt wurde sie aber nicht.
    Im Jahre 1863 schlug die französische Regierung den Mächten vor, einen Kongreß zu veranstalten, bei welchem die Grundlage zu allgemeiner Abrüstung und zu einverständlicher Verhütung künftiger Kriege gelegt werden sollte.
    Recht spärlich sind die Eintragungen, die zu jener Zeit mein Protokoll füllten! Das ist später anders geworden. Sie beweisen aber, daß die Möglichkeit des Weltfriedens schon von altersher ins Auge gefaßt worden war. Nur vereinzelt, von großen Zwischenräumen getrennt, erhoben sich die Stimmen und verhallten – nicht nur unbeachtet, sondern zumeist auch ungehört. Mit allen Entdeckungen, allem Fortschritt, allem Wachstum geht's nicht anders:
Naht von ferne sich der Frühling,
Zwitschert's da und dort hervor,
Rückt er weiter in das Land ein,
Schmettert's laut im großen Chor.
So im weiten Kreis der Zeit
Flüstert's lang schon da und dort,
Kommt der richtige Moment,
Stimmen alle ein sofort.
     
(Märzrot.)
     
    * * *
    Und wieder nahte meine schwere Stunde.
    Aber diesmal wie so anders, als zu jener Zeit, da Friedrich mich verlassen mußte – um des Augustenburgers willen. Diesmal war er an meiner Seite, auf des Gatten richtigem Posten: durch seine Gegenwart, durch seinen Mitschmerz der Gattin Leiden mildernd. Das Gefühl, ihn da zu haben, war mir ein so beruhigendes und glückliches, daß ich darüber das physische Ungemach beinah vergaß.
    Ein Mädchen! Das war unseres stillen Wunsches Erfüllung. Die Freuden, die man an einem Sohne hat, die würde uns ja der kleine Rudolf bieten; jetzt konnten wir dazu auch noch diejenigen Freuden erleben, welche so ein aufblühendes Töchterchen seinen Eltern verschafft. Daß sie ein Ausbund von Schönheit, von Anmut, von Holdseligkeit sein würde, unsere kleine Sylvia, daran zweifelten wir keinen Augenblick.
    Wie wir beide nun über der Wiege dieses Kindes selber kindisch wurden, was für süße Albernheiten wir da sprachen und trieben, das will ich gar nicht versuchen zu erzählen. Andere als verliebte Eltern verständen es doch nicht, und alle solche sind wohl selber grad' so toll gewesen.
    Wie das Glück doch selbstisch macht! Es folgte jetzt eine Zeit für uns, in der wir glücklich alles andere – was nicht unser häuslicher Himmel war – gar zu sehr vergaßen. Die Schrecken der Cholerawoche nahmen in meinem Gedächtnis immer mehr die Gestalt eines entschwundenen bösen Traumes an, und auch Friedrichs Energie in Verfolgung seines Zieles ließ einigermaßen nach. Es war aber auch entmutigend: überall, wo man mit jenen Ideen anklopfte – Achselzucken, mitleidiges Lächeln, wo nicht gar Zurechtweisung. Die Welt will, wie es scheint – nicht nur betrogen, sondern auch unglücklich gemacht werden. Sowie man ihr Vorschläge unterbreiten will, das Elend und den Jammer fortzuschaffen, so heißt das »Utopie, kindischer Traum«, und sie will nichts hören.
    Dennoch ließ Friedrich sein Ziel nicht gänzlich aus den Augen. Er vertiefte sich immer mehr in das Studium des Völkerrechts, setzte sich in brieflichen Verkehr mit Bluntschli und anderen Gelehrten dieses Zweiges. Gleichzeitig – und zwar mit mir in Gemeinschaft – betrieb er auch fleißig andere, namentlich naturwissenschaftliche Studien. Er plante, über den Gegenstand »Krieg und Frieden« ein größeres Werk zu schreiben. Doch ehe er sich an die Ausführung machte, wollte er durch lange und eingehende Forschungen sich dazu rüsten und schulen. »Ich bin zwar ein alter k. k. Oberst,« sagte er, »und die meisten meiner Alters- und Ranggenossen würden es verschmähen, sich mit Lernen abzugeben ... man hält sich gewöhnlich für unbändig gescheit, wenn man ein ältlicher Mann in Amt und Würden ist – ich selber vor einigen Jahren, hatte auch solchen Respekt vor meiner Person ... Nachdem sich mir aber plötzlich ein neuer Gesichtskreis aufgetan, nachdem ich einen Einblick in den modernen Geist gewann, da überkam mich das Bewußtsein meiner Unwissenheit ... Nun ja, von alledem, was jetzt auf allen

Weitere Kostenlose Bücher