Die Waffen nieder!
versetzte die Kriegspartei in triumphierende Freude: »Also man will es darauf ankommen lassen? ... Man will uns bis aufs äußerste reizen? Das Haupt des Hauses sollte einem Mitglied desselben nichts verbieten und gebieten können? Lächerlich! Das ist offenbar abgemachtes Komplott: die Hohenzollern wollen sich in Spanien festsetzen und dann von Osten und Süden unser Land überfallen. Und das sollten wir abwarten? Die Demütigung sollten wir uns gefallen lassen, daß man unseren Protest nicht beachtet? Nimmermehr: wir wissen, was die Ehre, was der Patriotismus uns gebeut« ...
Immer lauter und lauter, immer unheimlicher rascheln die Sturmesvorboten. Da, am 12. Juli kommt eine Botschaft, die mich mit Entzücken erfüllt: Don Salusto Olozaga zeigt offiziell der französischen Regierung an, daß Prinz Leopold von Hohenzollern, um keinen Vorwand zu einem Krieg zu bieten, auf die Annahme der angebotenen Krone verzichtet .
Nun Gottlob: die ganze »Frage« war ja damit einfach weggeräumt. Die Nachricht wird um 12 Uhr mittags in der Kammer mitgeteilt und Ollivier erklärt, daß dies das Ende des Streites sei. Am selben Tag wurden jedoch (offenbar die Ausführung früherer Befehle) Truppen und Material nach Metz dirigiert und in derselben Sitzung macht Clement Duvernois folgende Interpellation:
»Was haben wir für Bürgschaften, daß Preußen nicht wieder ähnliche Verwickelungen heraufbeschwört, wie diese spanische Kronkandidatur? Dem muß vorgebeugt werden.«
Schon wieder regt sich Gribouille: Es könnte – vielleicht – einmal – ein leiser Regen uns naß zu machen – drohen: also schnell in den Fluß gesprungen: – und abermals wird Benedetti nach Ems geschickt, diesmal den König von Preußen aufzufordern, daß er dem Prinzen Leopold ein- für allemal und für alle Zukunft verbiete, auf die Kandidatur zurückzukommen. Kann wohl auf solches Vorschreiben-wollen einer Handlung, zu welcher der Aufgeforderte nicht einmal befugt ist, etwas anderes erfolgen als ungeduldiges Achselzucken! Das mußten diejenigen doch wissen, welche die Anforderung stellten.
Am 15. Juli wieder eine denkwürdige Sitzung. Ollivier verlangt einen Kredit von fünfhundert Millionen für den Krieg. Thiers stimmt dagegen. Ollivier entgegnet: er nehme die Verantwortung vor der Geschichte auf sich. Der König von Preußen habe sich geweigert, den französischen Botschafter zu empfangen und dies durch eine Note der Regierung angezeigt. Die Linke verlangt diese Note zu sehen. Die Majorität verbietet tumultuarisch und durch Abstimmung die Vorzeigung des (wahrscheinlich gar nicht existierenden) Dokuments. Diese Majorität bewilligt alles, was die Regierung für den Krieg fordert. Solche patriotische Opferwilligkeit, die da ohne Zaudern das Verderben bewilligt, wird natürlich wieder mit den bereitliegenden Phrasenklischees gehörig bewundert.
16. Juli. England macht Versuche, den Krieg zu hindern: Vergebens ... Ja, gäbe es eingesetzte Schiedsgerichte – wie leicht und einfach wäre da ein so geringfügiger Konflikt gehoben.
19. Juli. Der französische Geschäftsträger in Berlin überreicht der preußischen Regierung die Kriegserklärung.
Kriegserklärung . Die vier Silben sprechen sich ganz gelassen aus. Was ist's auch weiter? Der Beginn einer außer-politischen Aktion, und so nebenbei eine halbe Million Todesurteile.
Auch dieses Aktenstück habe ich in die roten Hefte eingetragen. Es lautete:
»Die Regierung Sr. Majestät des Kaisers der Franzosen konnte den Plan, einen preußischen Prinzen auf den spanischen Thron zu erheben, nur als ein Unternehmen gegen die territoriale Sicherheit Frankreichs betrachten und hat sich daher genötigt gesehen, von Sr. Majestät dem Könige von Preußen die Versicherung zu verlangen, daß eine ähnliche Kombination mit seiner Zustimmung nicht wieder vorkommen werde. Da Se. Majestät diese Zustimmung verweigert und im Gegenteil unserem Gesandten erklärt hat, er gedenke sich für dieses Vorkommnis die Möglichkeit vorzubehalten, die Umstände zu befragen, so hat die kaiserliche Regierung in dieser Erklärung des Königs einen Hintergedanken erkennen müssen, welcher für Frankreich und für das europäische Gleichgewicht (da haben wir's schon wieder, das berühmte Gleichgewicht: ›Seht dieses Wandbrett mit den kostbaren Schalen darauf – es schwankt – die Schalen könnten herunterfallen – also schlagen wir hinein ...‹) bedrohlich ist. Diese Erklärung hat einen noch schwereren Charakter erhalten
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