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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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rascher Entschluß,« sagte ich möglichst ruhig. »Was hat Ihnen denn unser Wien zu leid getan, daß Sie es auf so gewaltsame Weise verlassen?«
    »Es ist mir zu lebhaft und zu lustig. Ich bin in einer Stimmung, welche die Sehnsucht nach einsamer Pußta mit sich bringt.«
    »Ach was,« meinte Konrad, »je trüber die Stimmung, desto mehr soll man Zerstreuung suchen. Ein Abend im Karltheater wirkt jedenfalls erfrischender als tagelange beschauliche Einsamkeit.«
    »Das beste, um Sie aufzurütteln, lieber Tilling,« sagte mein Vater, »wäre wohl ein frischer, fröhlicher Krieg – aber leider ist jetzt gar keine Aussicht dazu vorhanden; der Friede droht sich unabsehbar auszudehnen.«
    »Was das doch für sonderbare Wortzusammensetzungen sind,« konnte ich mich nicht enthalten zu bemerken: »Krieg und – fröhlich; Friede und – drohen.«
    »Allerdings,« bestätigte der Minister, »der politische Horizont zeigt vor der Hand noch keinen schwarzen Punkt; doch es steigen Wetterwolken mitunter ganz unerwartet rasch auf – und die Chance ist niemals ausgeschlossen, daß eine – wenn auch geringfügige – Differenz einen Krieg zum Ausbruch bringt. Das sage ich Ihnen zum Trost, Herr Oberstleutnant. Was mich anbelangt, der ich kraft meines Amtes die inneren Angelegenheiten meines Landes zu verwalten habe, so müssen meine Wünsche allerdings nur nach möglichst langer Erhaltung des Friedens gerichtet sein; denn dieser allein ist geeignet, die in meinem Ressort liegenden Interessen zu fördern; doch hindert dies mich nicht, die berechtigten Wünsche derer anzuerkennen, welche vom militärischen Standpunkt allerdings –«
    »Gestatten Sie mir, Exzellenz,« unterbrach Tilling, »für meine Person gegen die Zumutung mich zu verwahren, daß ich einen Krieg herbeiwünsche. Und auch gegen die Unterstellung zu protestieren, als dürfe der militärische Standpunkt ein anderer sein als der menschliche. Wir sind da, um, wenn der Feind das Land bedroht, dasselbe zu schützen, gerade so wie die Feuerwehr da ist, um, wenn ein Brand ausbricht, denselben zu löschen. Damit ist weder der Soldat berechtigt, einen Krieg, noch der Feuerwehrmann, einen Brand herbeizuwünschen. Beides bedeutet Unglück, schweres Unglück, und als Mensch darf keiner am Unglück seiner Mitmenschen sich erfreuen.«
    »Du guter, teurer Mann!« redete ich im stillen den Sprecher an. Dieser fuhr fort:
    »Ich weiß wohl, daß die Gelegenheit zu persönlicher Auszeichnung dem einen nur bei Feuersbrünsten, dem anderen nur bei Feldzügen geboten wird; aber wie kleinherzig und enggeißig muß ein Mensch nicht sein, damit sein selbstisches Interesse ihm so riesig erscheine, daß es ihm den Ausblick auf das allgemeine Weh verrammelt. Oder wie hart und grausam, wenn er es dennoch sieht und als solches mitempfindet. Der Friede ist die höchste Wohltat – oder vielmehr die Abwesenheit der höchsten Übeltat, – er ist, wie Sie selber sagten, der einzige Zustand, in welchem die Interessen der Bevölkerung gefördert werden können, und Sie wollten einem ganzen großen Bruchteil dieser Bevölkerung – dieser Armee – das Recht zuerkennen, den gedeihlichen Zustand wegzuwünschen und den verderblichen zu ersehnen? Diesen »berechtigten« Wunsch großziehen, bis er zur Forderung anwächst, und dann vielleicht sogar erfüllen? Krieg führen, damit die Armee doch beschäftigt und befriedigt werde – Häuser anzünden, damit die Löschmannschaft sich bewähren und Lob ernten könne?«
    »Ihr Vergleich hinkt, lieber Oberstleutnant,« entgegnete mein Vater, indem er gegen seine Gewohnheit Tilling mit seinem militärischen Titel ansprach, vielleicht um ihn zu ermahnen, daß seine Gesinnungen mit seiner Charge nicht übereinstimmten.– »Feuersbrünste bringen nur Schaden, während Kriege dem Lande Macht und Größe zuführen können. Wie anders haben sich denn die Staaten gebildet und ausgebreitet, als durch siegreiche Feldzüge? Der persönliche Ehrgeiz ist wohl nicht das einzige, was dem Soldaten Freude am Kriege macht, vor allem ist es der nationale, der vaterländische Stolz, der da seine köstliche Nahrung findet; – mit einem Wort, der Patriotismus–«
    »Nämlich die Liebe zur Heimat!« fiel Tilling ein. »Ich begreife nicht, warum gerade wir Militärs machen, als hätten wir dieses, den meisten Menschen natürliche Gefühl allein in Pacht. Jeder liebt die Scholle, auf der er aufgewachsen; jeder wünscht die Hebung und den Wohlstand der eigenen Landsleute; aber Glück

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