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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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sprach nichts von seiner Liebe, brachte seine Werbung nicht von neuem vor – dennoch war sein Benehmen eine regelrechte Belagerung.
    »Wie es verschiedene Arten gibt, eine Festung zu nehmen,« so erklärte er mir eines Tages, – »durch Sturm, – durch Hunger – so gibt es auch mehrfache Mittel, ein Frauenherz zur Kapitulation zu bringen. Darunter eins der wirksamsten: die Gewohnheit – die Rührung ... Es muß sie doch rühren, daß ich so beharrlich liebe, dabei so beharrlich schweige und immer wiederkomme. Wenn ich ausbliebe, risse das eine gewaltige Lücke in ihre Existenz; und wenn ich noch eine Zeitlang so fortfahre, so wird sie ohne mich es gar nicht mehr aushalten.«
    »Und wieviel mal sieben Jahre gedenkst du so um deine Erkorene zu dienen?«
    »Das habe ich nicht berechnet ... so lange, bis sie mich nimmt.«
    »Ich bewundere dich. Gibt es denn gar keine anderen Mädchen auf der Welt?«
    »Für mich nicht. Ich habe mir die Lilli in den Kopf gesetzt. Sie hat ein gewisses Etwas um die Mundwinkel, im Gang, in der Art zu sprechen, das mir keine andere ersetzen kann ... Du, Martha, bist zum Beispiel zehnmal hübscher und hundertmal gescheiter –«
    »Danke.«
    »Aber ich wollte dich nicht zur Frau.«
    »Danke.«
    »Eben weil du zu gescheit bist – du würdest mich so gewiß von oben herab ansehen. Mein Kreuzchen am Kragen, mein Säbel, die Sporen imponieren dir nicht. Lilli hat doch Respekt vor einem streitbaren Mann – ich weiß, sie betet das Militär an, während du –«
    »Ich habe doch zweimal Militärs geheiratet,« erwiderte ich lächelnd.
    * * *
    Während der Mahlzeiten, an dem oberen Ende der Tafel, wo mein Vater und seine alten Freunde den Ton angaben und wo auch ich und Friedrich saßen – die Jugend war am anderen Ende und unterhielt sich untereinander – wurde zumeist »politisiert«; das war so der alten Herren Lieblingsgesprächsstoff. Die schwebenden Friedensverhandlungen boten genügenden Anlaß zu dieser Weisheitsentfaltung; denn daß politische Erörterungen die gediegenste und ernster Männer würdigste Unterhaltung sei, das steht bei den meisten Leuten fest. Aus Galanterie und in freundlicher Rücksicht auf meine weibliche Verstandesschwäche, sagte wohl mitunter einer der Generäle: »Diese Dinge können unsere junge Baronin Martha kaum interessieren – wir sollten darüber nur sprechen, wenn wir unter uns sind, nicht wahr, schönes Frauchen?«
    Aber dagegen verwahrte ich mich und bat ernstlich, das Gespräch fortzusetzen. Ich nahm an den Vorgängen in der militärischen und diplomatischen Welt wirklichen und gespannten Anteil. Nicht vom selben Standpunkt, wie diese Herren; doch war mir daran gelegen, die »dänische Frage«, deren Ursprung und Verlauf ich anläßlich des Krieges so aufmerksam studiert hatte, bis zu ihrem endgültigen Abschluß zu verfolgen. Jetzt, nach diesen Kämpfen und Siegen, hätte es wohl entschieden sein sollen, was mit den fraglichen Herzogtümern zu geschehen habe – aber immer noch schwebten die Fragen und die Zweifel. Der Augustenburger – der famose Augustenburger, wegen dessen altbegründeten Rechten der ganze Streit entbrannt war – war er denn jetzt eingesetzt? Durchaus nicht. Sogar ein ganz neuer Prätendent erschien auf dem Plan. Mit Glücksburg und Gottorp und wie alle die Linien und Nebenlinien heißen, deren Namen ich mir mühsam angeeignet hatte, war's noch nicht genug. Jetzt trat Rußland auf und schob dem Augustenburger einen Oldenburger vor. Das Resultat des Krieges aber war bisher, daß weder einem Glücks-, noch Augusten-, noch Olden-, noch sonst einem -burger die Herzogtümer gehören sollten, sondern den verbündeten Siegern. Folgendes, so erfuhr ich, waren die Artikel der eben im Gang befindlichen Friedensunterhandlungen:
    1. »Dänemark tritt die Herzogtümer an Österreich und Preußen ab.«
    Damit war ich zufrieden. Die Verbündeten würden sich nun natürlich beeilen, das nicht für sich, sondern für einen anderen eroberte Land diesem anderen zu übergeben.
    2. »Die Grenze wird genau reguliert.«
    Das wäre auch ganz hübsch; wenn nur diese Regulierungen ein bißchen mehr Verharrungskraft hätten; aber es ist ja erbärmlich, welche ewige Verschiebungen solche blaue und grüne Striche auf den Landkarten unaufhörlich zu erleiden haben.
    3. »Die Staatsschulden werden nach dem Maß der Bevölkerung verteilt.«
    Das verstand ich nicht. Bis zu volkswirtschaftlichen und finanziellen Fragen hatte ich mich in meinen Studien nicht

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